2.

9 1 0
                                    

Es ist um sechs und ich fasse es nicht, dass ich um eine so unmenschliche Zeit schon auf den Beinen bin. Aber in eineinhalb Stunden muss ich in der Schule, Me im Bus und Sissy bei der Arbeit sein.
Ich rapple mich also auf und gehe in die Küche, wo ich auf Sissy treffe, die gerade noch auf ihr Handy guckt. Doch als ich verschlafen den Raum betrete, legt sie es weg und begrüßt mich mit einem: "Guten Morgen, na...gut geschlafen?" Ich nicke. Mein Bett ist sooo bequem und ich wünsche mich im Stillen wieder zurück.
"Was möchtest du zum Frühstück? Ich kann Brötchen aufbacken!", bietet meine beste Freundin an, doch ich lehne ab.
"Normalerweise esse ich früh nichts" informiere ich sie und Sissy nickt.
"Was ist mit Esmeralda?", fragt sie und ich zucke mit den Schultern, während ich mich auf meinem Stuhl niederlasse.
"Ich glaube die isst Müsli", sage ich und deute auf die Frühstücksflockenpackung im Regal. Sissy nickt und ich höre ein leises Piepen, welches von Me's Wecker zu kommen scheint. Sibel und ich sehen uns an und ich ziehe die Augenbrauen hoch, da sich nichts in Me's Zimmer tut.
"Ich geh' sie jetzt wecken, sonst verpasst sie den Bus", sage ich und fühle mich dabei wie so eine Mutter, die ihr Töchterchen wecken muss. Also gehe ich über den Flur und klopfe an Me's Tür.
"Ja?", ruft sie und ich trete ein.
"Du bist schon wach?", frage ich und Me nickt.
"Wann kommt nochmal dein Bus?", will ich von ihr wissen und lehne mich an den Türrahmen.
"Viertel acht."
"Fährst du auch mit der 14?", höre ich Sissy hinter mir und plötzlich steht sie auch im Türrahmen. Meine Cousine nickt und beide müssen lachen.
"Wo steigst du aus?", fragt Me Sissy und dann, nachdem sie rausgefunden haben, dass sie den gleichen Bus nehmen müssen, reden sie noch ein bisschen über die Busverbindungen...crazy!
Ich gehe lieber zurück in mein Zimmer und packe meine Sachen in den blauen Rucksack. In einer halben Stunde muss ich in der Schule sein, zwar laufe ich nur knapp zehn Minuten, jedoch muss ich vorher noch ins Bad.
Als ich auch das alles erledigt habe, verabschiede ich mich von meinen Mitbewohnerinnen und verschwinde durch das Treppenhaus nach unten.

- - -

Zum Glück ist endlich Frühstückspause. Die ersten beiden Stunden haben sich wie Kaugummi in die Länge gezogen und als ich auf mein Smartphone sehe, merke ich, dass ich drei Nachrichten habe. Zwei davon sind von Sissy und Me. Sissy macht heute Überstunden und Me trifft sich heute noch mit jemandem. Beide schreiben, dass wir frühestens halb sieben mit ihnen rechnen können.
Na toll...was mach ich denn da den ganzen Nachmittag?
Zum Abendessen entscheide ich mich dazu, zum Italiener um die Ecke zu gehen.
Hier ist es ziemlich günstig...und es schmeckt. Plus, die Zubereitung dauert meistens nur höchstens zehn Minuten. Also bestelle ich meine übliche Portion Nudeln mit Käsesoße zum Mitnehmen und lasse mich im Wartebereich nieder.
Während ich warte, öffnet sich die Tür und ich blicke von meinem Smartphone auf.
Ich muss zweimal hinsehen und selbst beim zweiten Blick, glaube ich, dass mir meine Augen einen Streich spielen. Doch als Rick grinsend auf mich zukommt, bin ich mir ziemlich sicher, dass das hier real ist.
"Na, hätte nicht erwartet, hier auf dich zu treffen", meint er und ich zucke mit den Schultern.
Das einzige, was mir durch den Kopf geht ist: denkt er an die Sache von letztens???

Doch das Vergangene schüttele ich schnell weg, beginne Small Talk und frage ihn, was er denn hier macht. Ich habe ihn in diesem Lokal noch nie gesehen, doch er meint, er komme öfter hier her. Außerdem fragt er mich, was ich heute noch so vor habe.
Ist das eine Anspielung?
OmG ich glaube, ich dreh' durch!
Ich weiß es nicht!
Niemals würde er mich in der Öffentlichkeit darauf ansprechen, dazu ist er zu feige.

Meine Bestellung wird aufgerufen und ich gehe an die Theke, um zu bezahlen.
Während Rick noch auf sein Essen wartet, setze ich mich nochmal zu ihm und wir quatschen über alles Mögliche, ausgenommen unserer interessanten Unterhaltung via Instagram.
"Kommst du noch mit zu mir?", frage ich ihn, als wir den Laden verlassen.
Er scheint zu zögern, doch als ich hinzufüge: "Meine Mitbewohnerinnen sind nicht da, du musst dir also keine dummen Sprüche anhören", da willigt er ein und wir gehen Richtung meiner WG.

Wo die Liebe hinfällt... (1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt