"Schön hast du es hier", kommentiert Rick, als wir in die Küche kommen und ich Teller und Besteck rausgebe. Ich zucke nur mit den Schultern und sage: "Naja, die Küche war fast vollständig eingerichtet. Wir haben nur den Tisch, die Stühle und das Regal reingestellt." Ein verlegenes Lachen überkommt meine Lippen und ich sehe, wie auch seine Mundwinkel sich nach oben bewegen.
Wir packen unser Essen auf den Teller und wünschen uns gegenseitig einen guten Appetit.
Schweigend genießen wir das Essen.
Nervös spieße ich eine der Nudeln auf.
Nervös? Wieso bin ich denn nervös? Keinesfalls wegen Rick...niemals!
"Und...schmeckt's?", frage ich ihn, um der Stille aus dem Weg zu gehen. Rick nickt nur und stochert in seiner Portion rum.
"Ist irgendwas?", frage ich verzweifelt und als er seinen Kopf hebt, treffen sich unsere Blicke.
Einen Moment lang passiert gar nichts und wir starren uns einfach nur an.
"Ich...", beginnt er und gerät ins Stocken. Lieber unterbreche ich ihn nicht und warte, was er mir sagen will.
"Seit...du weißt schon...seit letztens, als wir darüber geschrieben haben, wie wir...", weiter kommt er nicht, denn ich frage neugierig: "Was ist denn seitdem?"
Sein Blick ist nach unten gerichtet, als er meint: "Ich...ich hab' mir Gedanken darüber gemacht...was...also, was das zwischen uns ist." Erschrocken von der Ehrlichkeit zucke ich die Schultern und er fährt fort: "Wir wissen doch beide, dass das hier", er deutet zwischen uns hin und her, "dass das mehr als nur irgendeine Freundschaft ist." Da ich mir nicht sicher bin, auf was das hinaus läuft, nicke ich nur und er schnauft.
"Können wir...können wir uns trotzdem darauf einigen, dass soetwas nie wieder passiert." Beschämt sieht er zum Fenster raus und fügt hinzu: "Ich weiß, dass du niemals so fühlen wirst wie ich und das... das macht mir nur unnötig Hoffnung."
Was??? Oh Gott, was sag ich jetzt bloß, um ihm zu sagen, dass ich mir diesbezüglich auch etwas mit ihm vorstellen könnte. Ich schnappe nach Luft.
Seine Augen richten sich auf mich und da mir nichts anderes einfällt, lächle ich ihn einfach an.
"Ähm...", ich räuspere mich, "also...das du so denkst ist schon...ziemlich abwegig", sage ich und Rick reißt die Augen auf.
"Wie...was?", fragt er entgeistert und ich muss schmunzeln. Wieso bin ich auf einmal so offen, ihm gegenüber?
"Naja...wer sagt denn, dass ich...nicht genauso empfinde?", frage ich und stehe auf, um das Geschirr abzuräumen, da wir mittlerweile fertig mit essen sind.
Rick scheint nach Luft zu schnappen und dreht sich schlagartig zu mir um.
"Du...was...das...äh...was?", stottert er und ich beiße mir auf die Unterlippe, um nicht zu lachen. Diese Situation ist einfach nur zu komisch.
Während ich mich umdrehe um die Spülmaschine einzuräumen, merke ich gar nicht, wie Rick aufsteht und als ich mich gerade wieder umdrehe, stoße ich fast mit ihm zusammen, so nah steht er.
"Is was?", die Worte kommen fast flüsternd aus meinem Mund, doch er scheint gar nicht zugehört zu haben und antwortet abwesend mit einem Nicken.
"Weißt du eigentlich, dass dein Arsch in dieser Hose verdammt sexy aussieht?", fragt Rick und ich neige den Kopf zur Seite und sehe ihn zweifelnd an. Doch er scheint meinen Blick gar nicht wahrzunehmen. Seine Hände schieben sich in die Arschtaschen meiner Jeans und er zieht mich zu sich ran. Was passiert hier gerade?
"Lust...auf ein...ein kleines Experiment?", fragt er voller Selbstbewusstsein. Ehe ich die ganze Sache überdenken kann, nicke ich und er dreht mich zur Seite, sodass mein Rücken gegen die Arbeitsplatte stößt. Dann legen sich auch schon seine Lippen auf meine. Eine Stimme in meinem Kopf schreit: AUFHÖREN, DAS IST FALSCH!!!
Die andere, neugierigere sagt: MACH WEITER UND GUCK, WO DAS HINFÜHRT!
Ich bin neugierig und lasse mich darauf ein. Als sich unsere Lippen kurz trennen fragt Rick: "Ist das auch wirklich okay?" Ich nicke nur und ziehe ihn wieder näher zu mir, um ihn nochmals zu küssen.
Das Schloss der Wohnungstür klickt und schnell lösen wir uns voneinander.
Zum Glück habe ich heute früh keinen Lippenstift aufgetragen, der wäre jetzt vollkommen verschmiert.
"Hey Bee! Sorry, dass ich jetzt schon da bin. Ich weiß, ich hatte halb sieben gesagt, aber Lou musste dann doch eher weg, also bin ich jetzt schon wieder da und..."
Esmeralda stockt, als sie die Küche betritt und Rick und mich so nah bei einander sieht. Sofort weicht er ein Stück zurück und ich fange an, dass getrocknete Geschirr aus dem Abwasch in den Schrank darüber zu räumen. Aus dem Augenwinkel sehe ich, wie Rick sich zurück auf seinen Stuhl setzt und unbeteiligt sein Handy aus der Hosentasche zieht. Als hätte er soeben eine Nachricht bekommen, teilt er uns mit, dass er los müsse. "Wir schreiben dann später, Belle, okay?" Ich nicke nur, unfähig, etwas zu sagen. Und schon ist er aus der Küche in den Flur entwischt und ich höre, wie er sich seine Jacke überstreift und die Wohnung verlässt.
Als die Tür hinter ihm ins Schloss fällt, stößt Me einen kleinen Schrei aus. Auch Sissy hat gerade die Wohnung betreten und fragt: "Oh mein Gott! Wer war das? Wo hast du ihn kennengelernt? Wie lange kennt ihr euch schon?" Me grinst und fügt hinzu: "Ja...das will ich alles auch wissen, aber das Wichtigste ist doch erstmal: Was war das gerade eben hier?" Sissy schaut meine Cousine schief an und diese wiederholt das gerade passierte, woraufhin sich meine beste Freundin die Hand vor den Mund schlägt und ruft: "Nein...wirklich???"
Sie drehen total durch...was ich verstehen kann, denn gefühlt jeder Teil von mir scheint Feuer gefangen zu haben, in dem Moment, als Rick mich berührt hat.
"Ein Kumpel von mir."
Meine Cousine zieht die Augenbrauen hoch: "Ja klar...und ich bin der Weihnachtsmann!" Lachend schütteln beide die Köpfe.
"Man hat die Spannung zwischen euch quasi gespürt", gibt Me zum besten und ich verdrehe die Augen.
"Na los, jetzt sag' schon! Woher kennt ihr euch?", will meine neugierige Cousine wissen.
"Aus der Schule", ich zucke die Schultern und beide ziehen die Augenbrauen nach oben.
"Ja, aber er ist letztens an eine andere gewechselt und somit konnten wir uns ewig nicht sehen. Das heute war purer Zufall, dass wir uns über den Weg gelaufen sind."
Beide nicken und sehen so aus, als würden sie mir kein Wort glauben. Me und Sissy setzen sich zu mir an den Tisch und ich fühle mich wie in so einer Intervention bei How I Met Your Mother.
Nervös blicke ich von der einen zur anderen.
"Also...wie heißt dein Loverboy jetzt?", fragt Sissy und zwinkert mir zu. Genervt stöhne ich: "Er ist nicht mein Loverboy...er ist nur ein Kumpel und sein Name ist Rick."
"Rick", sagen beide gleichzeitig, als würde ihnen dadurch etwas klar werden.
"So...und jetzt hört auf, mich anzustarren", sage ich harsch und verlasse den Raum.
"Och Bee...jetzt komm' schon. Das war doch bloß ein Witz", ruft Me mir hinterher, doch ich habe meine Zimmertür hinter mir zugeschlagen. Durch das Holz und den Flur, höre ich sie in der Küche lachen.
Mein Handy piept und ich lese die eingetroffene Nachricht:
Sorry wegen vorhin...war echt nicht so geplant
Und dann ploppt gleich noch eine auf:
Was denken deine Mädels jetzt bloß über mich?
Ich muss schmunzeln und schreibe:
Über dich?? Wer von uns beiden hat denn gerade die peinliche Fragerunde abbekommen???
Als Antwort kommt nur ein Sorry und das traurige Smiley.
Schon gut, schreibe ich und Rick will wissen, was ich den beiden erzählt habe.
Da ich nicht lügen will, schreibe ich natürlich die Wahrheit. Danach kommt erstmal nichts und ich schmeiße aus Frust mein Handy auf das Bett. Dann klopft es an der Tür.
Ich brülle: "Herein!" und die Tür geht langsam auf. Davor stehen Me und Sissy mit einem zögerlichen Grinsen.
"Was?", frage ich, immer noch angepisst.
Die beiden kommen auf mich zu und setzen sich zu mir auf das Bett.
"Mensch Bee, sei doch nicht so!", sagt Me und ich rümpfe die Nase. Sissy streicht mir über den Rücken und ich muss schmunzeln. Die beiden sind so süß!
Womit hab ich das bloß verdient?
"Also...was wollen wir heute noch machen?", fragt Me, und Sissy und ich zucken mit den Schultern.
"Wir könnten Popcorn machen und einen Film ansehen", meint meine beste Freundin und ich schmunzle.
"Ich mach' das Popcorn und wir treffen uns in 15 Minuten im Wohnzimmer. Wollt ihr es lieber süß oder salzig?", fragt Me, Sissy und ich antworten im Chor: "Süß!", was uns zum lachen bringt.
Oh Mann, wie gern ich die beiden habe.
Diese WG ist wirklich ein wahrgewordener Traum.
Während Me also in die Küche geht, schnappen Sissy und ich uns noch eine DVD aus meinem Regal und gehen ins Wohnzimmer.
Ich liebe unsere Couch. Sie ist dunkelgrau und darauf liegen grüne, magentafarbene und türkisblaue Kissen.
Während ich die DVD einlege macht es sich Sissy schon mal bequem. Wir wohnen zwar erst seit ein paar Tagen zusammen, jedoch hat schon irgendwie jeder seinen eigenen Platz auf der Couch.
Meine beste Freundin sitzt vorne auf dem Eckteil, welches an der Heizung ist, um meist ihre Füße darauf zu legen. Esmeralda genau auf der anderen Seite, denn immer wenn wir fernsehen muss sie was snacken und da auf dieser Seite der Couch ein kleines Tischchen steht, ist das natürlich perfekt für sie. Und ich? Ich sitze in der Ecke der Couch, meist im Schneidersitz, über mir ist eine Ablage, auf welcher ich mein Handy und das Buch, was ich gerade lese, immer ablege.
Der Film fängt gerade an, als mein Handy klingelt. Na toll. Die Mädels sehen mich mit zusammengekniffenen Augen an und ich hebe entschuldigend die Hände nach oben, während ich aufstehe, das Zimmer verlasse und den Anruf entgegennehme.
"Ja?", frage ich und höre es am anderen Ende klappern. Natürlich ist es meine Mom, die wie immer nebenbei noch abwäscht.
"Was gibt's?", frage ich und sie begrüßt mich freudig: "Hallo meine Zuckerschnute. Wie war dein Tag? Ich dachte, ich rufe dich mal an und melde mich bei dir. Wir haben uns gar nicht mehr gesprochen, seit du ausgezogen bist. Wie geht's?"
Ich hole erstmal tief Luft. Was soll ich sagen? Wie geht es mir denn?
"Ganz gut und bei dir?", ich entscheide mich für die einfache Variante und lasse sie davon erzählen, wie Paps gestern auf den Baum geklettert ist, um die Äste zu verschneiden und sie eine Heidenangst hatte, er würde runterfallen.
Dann erzählt sie noch von einer Bekannten, die sie letztens im Kaufland getroffen hat.
Wir quatschen noch ein bisschen über dies und das, währendessen schaue ich aus dem Fenster und beobachte eine Gruppe Menschen, die draußen auf der Straße spazieren geht.
Als alles soweit besprochen ist, verabschieden wir uns und ich gehe zurück in die Wohnstube. Ich sehe, wie Me eingeschlafen ist und Sissy brav den Film zuende guckt. Ich setze mich neben sie und sie flüstert: "Und...was wollte sie?" Ich schüttele abwesend den Kopf: "Nichts wichtiges. Einfach mal hören, wie es mit geht." Sissy nickt und da der Film mittlerweile beim Abspann angelangt ist, stehe ich auf und schalte die Anlage aus.
"Sollen wir sie ins Bett schaffen?", fragt meine beste Freundin mit einem Kopfnicken in Richtung Esmeralda und ich zucke die Schultern.
"Lassen wir sie liegen, die Couch ist doch bequem." Ich nehme die Decke von dem Hocker und lege sie über meine schlafende Cousine. Dann verlassen Sissy und ich den Raum und machen hinter uns das Licht aus.
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Wo die Liebe hinfällt... (1)
Teen FictionBelle und Rick kennen sich seit fast drei Jahren. Zwischen ihnen war nie mehr als Freundschaft, doch nach dem sie nach einem Jahr ohne Kontakt wieder zusammenfinden, sind beide sich ihrer Gefühle nicht mehr so sicher. Sie lernen sich neu kennen, Eri...