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Wir sitzen also am Freitagnachmittag mit unseren Rucksäcken im Bus und fahren raus aus der Stadt.
„Wie lange fahren wir nochmal?", will Me wissen und ich erkläre ihr, dass wir bis zu der einen Haltestelle, wo wir umsteigen dreißig Minuten brauchen und von dort aus nochmal ungefähr eine dreiviertel Stunde. Sie schnauft und steckt sich ihre Kopfhörer in die Ohren. Sissy und ich müssen lachen und beginnen, über die schöne Landschaft um uns herum zu reden. Mittlerweile werden die Wiesen wieder grüner und die Natur bunter. Ich liebe einfach den Frühling.
Die Zeit im Bus vergeht schneller als gedacht und schon müssen wir aussteigen, um umzusteigen.

„Okay...der Bus kommt in zehn Minuten", meint meine Cousine, während sie auf ihr Handy guckt. Also lassen wir uns auf der Bank im Bushäuschen nieder und beginnen zu quatschen.
„Wie ist das mit den Zimmern?", will Sissy wissen und ich erkläre ihr, dass es genau drei Schlafzimmer gibt. Sie nickt nur und scheint sofort wieder mit den Gedanken woanders zu sein.
Als dann der Bus endlich kommt, nehmen wir unser Zeug und steigen ein.
Jetzt nochmal eine dreiviertel Stunde...
Ich sehe auf mein Handy, ob mir jemand geschrieben hat. Und siehe da: eine Nachricht...von meiner Mom:
Ich habe ganz vergessen, dass du den Schlüssel brauchst...wann seid ihr dort? Ich komme dann hin.
Ich schlage mir gegen die Stirn...stimmt...der Schlüssel. Eigentlich wollte ich gestern nochmal bei meinen Eltern vorbeigehen und den abholen, doch dann habe ich das komplett vergessen. Ich schreibe ihr also ungefähr die Uhrzeit, zu welcher wir ankommen und merke, wie Sissy mich fragend anguckt. „Was hast du denn nun schon wieder vergessen? Ich kenne dich. Das ist dein Mist ich habe was vergessen – Gesicht", sie lacht und ich muss schmunzeln. Als ich ihr die Sache mit dem Schlüssel erzähle, verdreht sie die Augen, sagt aber: „Naja, wenn deine Mom vorbeikommt ist doch alles gut." Ich kann nur nicken.

Als wir den Bus verlassen und das letzte Stück zu Fuß antreten, beginnt es zu nieseln. Das darf doch wohl nicht wahr sein! Ich stöhne genervt und wir rennen fast die letzten Meter bis zu dem kleinen Feriengrundstück.
Vor dem Haus sehe ich das Auto meiner Mom stehen, die sich unter das Vordach gestellt hat und uns zuwinkt.
"Hey Mädels, ich habe hier die Schlüssel für euch. Habt viel Spaß, ich muss schnell wieder nach Hause, der Regen kam doch etwas überraschend und ich habe noch die Tomatenpflanzen unten im Hof stehen. Also tschüss.", und schon ist sie auch wieder weg.
„Oh wow...", staunt meine beste Freundin und bleibt trotz des Regens vor dem gelben Haus stehen, um es zu bewundern.
Ich schließe also das Haus auf und sehe, wie Me von dem einen auf den anderen Fuß trampelt, da sie anscheinend aufs Klo muss. Sissy kommt gar nicht mehr aus dem Staunen heraus.
„Also ich...ich hätte...ich hätte nicht gedacht, dass das Haus so groß ist."
Mit einer Handbewegung mache ich ihr klar, dass sie schnell mit reinkommen soll und so stehen wir kurze Zeit später im Hausflur. Es gibt zwei Stockwerke. Im oberen sind zwei Schlafzimmer und eine Abstellkammer. Unten sind die Wohnküche, das Bad und ein Zimmer wo ein Haufen Kabel und Rohre durchführen...
„Ich schlafe hier unten", sagt meine Cousine und geht sofort auf das Schlafzimmer auf der rechten Seite zu. Die Dielen knarzen unter ihren Füßen und Sibel hebt verängstigt die linke Augenbraue.
„Keine Angst...das Haus stürzt schon nicht ein", beruhige ich sie, doch sie kann nur nicken. Mit einem Kopfnicken bedeute ich ihr, dass wir hochgehen und sie folgt mir die Treppe hinauf.
Ich muss staunen, als ich das Zimmer, in welchem meine beste Freundin schlafen soll, sehe. Alles ist blitzblank geputzt und es ist sogar schon frische Bettwäsche draufgezogen. Dann zeige ich Sibel noch das Badezimmer und gleich darauf verschwinde ich in dem Zimmer, in dem ich erst zwei- oder dreimal geschlafen habe. Es ist voll Vintage...das ganze Haus ist etwas altmodisch, aber ich glaube, das macht es gerade so cool.
Ich lasse mich sofort auf dem Bett nieder und sehe mich um. Ich war hier ewig nicht mehr, doch es fühlt sich an, als wäre ich nie weg gewesen.
Man hört eindeutig den Regen auf dem Dach. Manche mögen das vielleicht als beruhigend empfinden, doch mich macht es nervös.
Ich versuche mich abzulenken und merke erst jetzt: Es ist Wochenende! Keine nervigen Schulaufgaben, keine ätzenden Lehrer oder Mitschüler und vor allem: Endlich mal eine Pause...außerhalb der Stadt.

Wo die Liebe hinfällt... (1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt