49. Kapitel

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Alex:
Seit Silvester, vor drei Wochen, fiel es mir noch schwerer, nicht an Nico zu denken. Besonders, da wir im Studium aktuell das Thema Musikproduktion und Abläufe lernten und das erinnerte mich ständig an die Zeit im Studio.
Ich versuchte es mir Zuhause nicht anmerken zu lassen, wie sehr mich die Situation belastete, aber ich war mir nicht sicher, ob ich es schaffte.
Als Koni mir kurz darauf erklärte, dass er drei Tage beruflich nach Berlin musste und ich doch mitkommen sollte, um mal rauszukommen, begriff ich, dass er es sehr wohl mitbekommen hatte. Ich überlegte zwar, ob besonders Berlin eine gute Idee war um rauszukommen und da Koni dort arbeiten musste, würde er nicht so viel Zeit haben für mich. Aber andererseits liebte ich diese Stadt, und das nicht nur wegen eines bestimmten Herren.
“Ich komm gerne mit. Wenn du arbeiten musst, kann ich mich ja mit einer Freundin treffen, die gerade nach Berlin gezogen ist.” Stimmte ich schlussendlich zu.
Zwei Tage später flogen wir auch schon nach Berlin.

Da wir erst sehr spät geflogen waren, machten wir nur einen kurzen Spaziergang und genossen dann einen gemütlichen Abend beim Inder. Ich genoss es wieder hier zu sein, auch wenn es sich etwas anders anfühlte.
Am nächsten Tag musste Koni schon früh morgens ins Studio, während ich erstmal ausschlief, gemütlich frühstückte und eine Runde durch die Stadt lief. Gegen Mittag, machte ich mich auf dem Weg zum Restaurant, wo ich mich mit Koni treffen wollte. Doch ich saß gerade mal in der U-Bahn, als mich Koni anrief und mitteilte, dass er nicht zum Restaurant kommen konnte, weil er noch nicht fertig war.
“Du kannst aber gern beim Studio vorbeikommen. Es wird vermutlich nicht mehr lange dauern bis wir eine Pause machen und dann suchen wir uns hier im Umkreis was zum essen?", fragte Koni entschuldigend. "Eh ja, ok." Ich war zwar etwas verwundert, dachte mir aber nicht so viel dabei. Koni gab mir noch die Adresse und ich stieg bei der nächsten Station aus, um meine Richtung zu ändern. Zwanzig Minuten später stand ich vor den Blackbird Musik Studios. Ich schrieb Koni schnell das ich da war, aber da auch fünf Minuten später noch jede Spur fehlte und mir langsam ziemlich kalt wurde, ging ich einfach rein. "Grüß Gott, kann ich helfen?", fragte eine Dame am Empfangstresen. "Nein danke, ich warte nur auf jemanden", sagte ich höflich und wollte mich gerade auf einen der Stühle im Empfangsbereich setzen, als jemand auf mich zukam.
"Hallo Lea", begrüßte ich sie überrascht. „Hey Alex, schon lang nicht mehr gesehen", erwiderte sie ebenso überrascht und umarmte mich gleich. "Wie gehts dir?" "Super und dir? Nico hat gar nicht erzählt, das du in Berlin bist." Es schien sie zu verwirren, dass ich hier stand. "Ja, ehm ... Nico weiß nicht, dass ich in Berlin bin", erklärte ich. "Also ein Überraschung? wie schön." Sie lächelte aufgeregt. "Nein, Nico und ich reden momentan nicht miteinander", sagte ich und wurde dabei immer leiser. Bei den Worten hatte sich ein Kloß in meinem Hals gebildet und ich merkte wie mir Tränen in die Augen stiegen. Ich hatte es schon lange mehr laut ausgesprochen. Schnell schluckte ich diese jedoch runter.
"Wie? Seit wann?" Lea sah mich überrascht an. "Schon ein paar Monate, lange Geschichte", wich ich gleich aus. Sie musterte mich fragend. "Ok, jetzt bin ich verwirrt. Wenn du nicht Nico abholen wolltest, was bringt dich dann hierher?" "Was, Nico ist hier?", fragte ich überrascht. "Ja, er ist im andern …..”, erklärte sie mir, doch ich bekam das nur am Rand mit, denn in dem Moment sah ich Nico, der gerade um die Ecke gebogen war. Als er mich erkannte, blieb er abrupt stehen.
"Alex!?" Er sah mich ungläubig an.
"Hallo Nico", sagte ich leise. Wir sahen uns einen Moment nur still an.
"Was willst du hier?", fragte er ganz plötzlich sehr schroff. Ich war überrascht über seinen Ton und bekam deshalb kein Wort heraus. Nico sah mich herausfordernd an, doch da ich meine Stimme noch nicht wiedergefunden hatte, ging er irgendwann nur kopfschüttelnd an mir vorbei. Kaum war die Tür neben mir ins Schloss gefallen, begann mein Körper wieder zu reagieren. Ich drehte mich um und lief nach draußen. "Nico, es tut mir Leid!", schrie ich ihm nach und merkte, wie mir die Tränen kamen. Nico drehte sich jedoch nicht um. Er tat als hätte er mich nicht gehört und ging einfach weiter. Ich blieb stehen und ließ meinen Tränen freien Lauf.
Jemand nahm mich in den Arm und strich mir beruhigend über den Rücken. Als ich bemerkte das es Koni war, versuchte ich mich schnell wieder zu beruhigen. "Es ist ok!", sagte er leise und strich mir weiter sanft über den Rücken. Es dauerte, bis ich mich wieder soweit beruhigt hatte das mich Koni loslassen konnte. Als ich auf blickte, sah ich in das geschockte und verwirrte Gesicht von Lea. "Lea das...", fing Koni an, doch Lea hörte ihm gar nicht zu. "Alex das....., ich weiß gar nicht, was ich sagen soll, so habe ich Nico noch nie erlebt", sagte sie sichtlich geschockt. "Es ist kompliziert", sagte ich nur leise. "Ihr kennt euch?", fragte jetzt Koni verwirrt. "Ja, wir haben uns im Sommer beim SWR Festival kennengelernt", erklärte Lea. "Woher kennt IHR euch?", fragte ich jetzt. "Koni produziert bei meiner neuen Single mit. Und ihr ...?". Sie schaute mich fragend an. "Wir sind zusammen", antwortet nun Koni. Ich schüttelte verwirrt den Kopf. Das war mir gerade alles zu viel.
"Ich würde sagen, wir gehen wieder rein, es ist Arschkalt. Alex, du kannst gerne mit ins Studio", lud mich Lea ein. Ich nickte dankbar. Wir gingen ins Studio und setzten uns auf die Couch.
Eine Stunde später waren sie immer noch beim Aufnehmen. Ich brauchte jedoch dringend eine Pause und verließ das Studio, um eine Runde spazieren zu gehen. Dabei dachte ich an Nico und an diese ganze Situation, in der wir uns gerade befanden. Doch es fiel mir schwer, dabei einen klaren Gedanken zu fassen. Nicos heftige Reaktion auf mich hatte mich komplett aus dem Konzept gebracht.
Auf der nächsten Bank ließ ich mich einfach fallen und versuchte meinen Kopf zu ordnen, doch ich schaffte es nicht, es brachte mich nur noch mehr zur Verzweiflung und die Tränen übermannten mich wieder.

"Tut mir Leid, ich wollte dich nicht anschreien, aber ich bin wirklich sauer", sagte plötzlich jemand neben mir. Ich sah auf und direkt in die Augen von Nico. Während ich ihn noch immer verwundert ansah und kein Wort herausbrachte, setzte er sich neben mich. Ich wischte mir die letzten Tränen aus dem Gesicht, doch ich war nicht im Stande etwas zu sagen. Also saßen wir eine Weile nur schweigend nebeneinander.
"Es tut mir leid was in Mallorca passiert ist! Ich wollte nicht, dass es so rauskommt", sagte ich irgendwann leise. "Mir tut es auch leid, was ich gesagt hab. Ich hab überreagiert." Wir sahen uns dabei nicht an und dann schwiegen wir wieder. "Ich bin beeindruckt was du in den letzten sieben Monaten erreicht hast. Herzlichen Glückwunsch", sagte ich leise und sah ihn dabei dann doch kurz an. "Danke." Er lächelte mich ganz kurz an, dann war es wieder still.
"Was machst du in Berlin?“ Sein lächeln war wieder verschwunden. Er wirkte müde und traurig. „Ich bin mit Koni hier, er produziert die neue Single von Lea.", antwortete ich. Die Stimmung zwischen uns war eigenartig. Wir saßen nebeneinander, doch es fühlte sich so an, als wäre eine Mauer zwischen uns. "Bist du glücklich?" Nicos Blick schien mich zu durchbohren. Ich nickte. "Du?" Auch Nico nickte. "Ich muss jetzt gehen“, sagte ich und stand auf. “Ich bin sehr stolz auf dich, du wirst es noch weit bringen”, sagte ich und ging ohne mich nochmal umzudrehen. Sein nicken bestätigte mir, dass meine Entscheidung richtig war, auch wenn es weh tat.

No wayWo Geschichten leben. Entdecke jetzt