,,Wann musst du nochmal Arzt?“, fragt Pia. Es ist Dienstag Morgen und für Pia geht es in wenigen Stunden zum Flughafen. Das Championships League Halbfinal Rückspiel in London gegen Chelsea steht an. Das Hinspiel haben die Wölfinnen knapp mit 2:1 gewonnen.
,,Um eins“, antworte ich. ,,Kannst du mich dann davor zum Trainingsgelände bringen? Wir treffen uns um halb eins“, meint Pia. ,,Klar kann ich machen. Dann musst du nicht selbst fahren. Soll ich Sara fragen, ob wir sie auch noch mitnehmen? Wenn ich eh schon fahre, kann ich sie ja auch noch mitnehmen“, erwidere ich. Pia nickt und nimmt sich einen Apfel. ,,Willst du auch einen?“, fragt sie. ,,Ja, ich schreibe nur schnell Sara.“ Während ich Sara schreibe, erreicht mich eine Nachricht von Lia.
,,Hey, es tut mir so Leid, aber ich kann heute Abend leider doch nicht telefonieren….“ Schreibt sie. Keine Begründung, nur diese Absage. Das tut weh. Normal haben wir immer eine Begründung dazu geschrieben, wenn wir Mal nicht telefonieren konnten, aber jetzt? Jetzt kommt nur dieses ,,Ich kann leider doch nicht“. Will sie etwas nicht? Oder kann sie wirklich nicht? Aber dann soll sie doch eine Begründung dazuschreiben. Dann verstehe ich das ja auch, aber jetzt fühlt sich das mehr an, wie als hätte sie keine Lust zum Telefonieren.
Ich schüttele den Kopf. Das kann doch kaum sein. Oder etwa doch? So eine Fernbeziehung ist echt schwierig. Das stelle auch ich immer wieder fest. Aber eben weil es so schwierig ist, sollten wir doch versuchen so oft wie möglich zu telefonieren. ,,Schade, warum kannst du denn nicht?“, schreibe ich zurück und lege mein Handy weg.
,,Feli, dein Apfel“, holt mich Pia zurück aus meinen Gedanken. ,,Danke“, erwidere ich. ,,Könnt ihr Mal wieder nicht telefonieren?“, fragt Pia. Ich nicke. Pia kennt das Prozedere mittlerweile. Entweder kann ich nicht oder Lia kann nicht. Letzte Woche haben wir es nur einmal geschafft zu telefonieren und das war an meinem Geburtstag. ,,Das wird schon wieder. Solche Phasen gibt es immer Mal wieder. Ihr schafft das“, meint Pia und beißt von ihrem Apfel ab. ,,Das sagt du immer“, sage ich. Es deprimiert mich einfach.
Und das merkt man mir auch an, glaube ich. Ich bin zumindest nicht mehr so fröhlich und gut gelaunt wie sonst , sondern bin schneller gereizt und habe Phasen, in denen ich einfach ins Leere starre. Und auch im Training zeigt sich das. Ich bin unmotivierter und bringe auch nicht mehr ganz die Leitung, die ich in der ganzen Reha Phase Mal gebracht habe.Um zehn nach zwölf machen Pia und ich uns auf den Weg zu Sara. ,,Danke fürs Fahren“, bedankt sich Sara als sie zu uns ins Auto steigt. ,,Kein Ding. Ich muss ja eh gleich zum MRT ins Krankenhaus. Dann kann ich euch davor noch kurz am Trainingsgelände absetzten“, erwidere ich. ,,Oh musst du wieder zum Arzt?“, fragt Sara. ,,Jep. Aber wenn alles gut ist und das Kreuzband wirklich komplett angewachsen ist, dann darf ich wieder ins Mannschaftstraining“, antworte ich. ,,Das klingt doch gut“, meint Sara und ich nicke. Am Trainingsgelände angekommen, verabschieden sich Pia und Sara. ,,Viel Erfolg euch. Ihr packt das“, wünsche ich den beiden. ,,Danke und Feli, mach dich selbst nicht so fertig. Das mit Lia wird schon wieder. Vertrau mir“, sagt Pia noch. Ich nicke.
Und schon bin ich wieder im Krankenhaus. Ich hätte echt zählen müssen, wie oft ich hier war seit ich mir den Kreuzbandriss zugezogen habe. ,,Hallo Felicitas. Wie geht’s dir?“, begrüßt mich Dr. Ruriksson. ,,Ganz gut. Und Ihnen?“, antworte ich. ,,Ja, mir auch. Dann wollen wir Mal schauen, was das Kreuzband macht.“
Die zwanzig Minuten in der Röhre vergehen total schnell. Schon werde ich wieder rausgeschoben. Jetzt wird es ernst. Und um ehrlich zu sein, habe ich Angst. Ich will einfach zurück ins Mannschaftstraining. Ich will nicht noch länger allein auf dem Platz rumlaufen. Ich will mit der Mannschaft zusammen trainieren. Aber das geht eben nur, wenn das Kreuzband mitmacht. Zurück im Zimmer von Dr. Ruriksson ist das Bild vom MRT schon auf seinem Computer.
,,Also. Wie du mittlerweile weißt, sieht man hier dein Kreuzband. Eigentlich sollte es jetzt zu diesem Zeitpunkt nach sieben Monaten vollständig angewachsen sein. Das ist noch nicht der Fall. Es gibt nicht mehr viele weiße Stellen, das sieht du selbst. Es sind nur noch zwei sehr kleine Stellen. Die sind klein, ich weiß, aber das heißt trotzdem kein Mannschaftstraining“, sagt er ernst. Die Enttäuschung steht mir wahrscheinlich ins Gesicht geschrieben. Zwei! Zwei kleine Stellen, an denen das Kreuzband noch nicht ganz fest gewachsen ist. Diese zwei Stellen kosten nun das Mannschaftstraining. ,,Das sieht nicht viel aus, aber es ist wichtig diesen Stellen noch zwei Wochen Zeit zu geben. Auch wenn es so klein aussieht. Im Training mit Gegenspieler, können die ganz schnell wieder reißen“, fährt er fort. Ich nicke. ,,Es sind nur zwei Wochen Felicitas. Dann sollte es passen, aber trotzdem machen wir dann nochmal ein MRT um sicher zu gehen, dass es auch wirklich angewachsen ist“, fügt er noch hinzu. Wir machen einen Termin in zwei Wochen aus, aber viel davon mitbekommen tue ich nicht. Ich schreibe mir einfach das Datum auf und verabschiede mich.
Ich habe keine Ahnung, wie ich es ohne einen Unfall zu bauen nach Hause schaffe. In meinen Augen stehen Tränen und verschleiern mir so die Sicht. Irgendwie schaffe ich es aber. Als ich die Wohnungstür aufschließe, kommt mir Cinni entgegen. Ich lasse die Tür ins Schloss fallen und beuge mich runter zu Cinni. Auch wenn sie so klein ist, Kraft hat sie dennoch und schubst sie mich um. Da sitze ich nun. Auf den Boden, den Rücken an die Tür gelehnt und Cinni auf meinem Schoß sitzend. Dann laufen die angestauten Tränen über. Warum kann es nicht einfach reibungslos verlaufen? Warum muss jetzt schon wieder was sein? Kann dieses dämliche Kreuzband nicht einfach normal anwachsen? Scheinbar nicht. Es macht mich fertig. Nicht nur das, einfach alles. Das Kreuzband, dass nicht so will wie ich. Lia, die Mal wieder nicht telefonieren kann. Alles.
Ich weiß nicht, wie lange ich so an der Tür sitze. Plötzlich klingelt es. Wer ist das denn jetzt schon wieder?
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No 13 - Move the Ball with Joy // Feli Rauch Ff
FanfictionDer Wechsel zum VfL Wolfsburg öffnet Felicitas Rauch, neue Möglichkeiten, vor allem die in der Champions League zu spielen. Das ging in Potsdam nicht. Doch die Euphorie darüber bleibt nicht lange erhalten, denn ein besonderes Spiel hat nicht sonderl...