46 | DFB-Pokal Finale

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Die Woche vergeht wie im Flug. Das Training ist super intensiv, aber endlich macht es auch wieder Spaß. Ich habe meine Motivation wieder gefunden und Stephan hat schon anklingen lassen, dass ich wahrscheinlich im Kader stehen werde. Sicher ist es noch nicht. Da werde ich mich noch gedulden müssen bis Samstag nach dem Abschlusstraining. Bis dahin aber stehen noch ein paar kleine Dinge an. Erstmal haben wir noch einen kleinen Media Day bei dem noch zwei/drei Videos fürs Pokal Finale gegen Eintracht Frankfurt gedreht werden und eben Training.

Es ist Donnerstag. Heute kommt Lia. Gestern Abend hatte sie ihre letzte Trainingseinheit mit Potsdam und ist jetzt offiziell in der Sommerpause. Demnach kommt sie heute schon zu uns und fährt dann auch morgen schon nach Köln. Ich bin froh, dass sie sich dafür entschlossen hat, denn ich brauche sie einfach an meiner Seite. Ich weiß nicht, ob ich dieses Wochenende alleine durchstehen kann. Ich mein, es ist mein erstes DFB-Pokal Finale. Ich weiß noch nicht, ob ich im Kader stehen darf und wenn ja, ob ich überhaupt spiele. Ich will unbedingt spielen, aber ich weiß auch, dass das ein wichtiges Finale ist und ich eben keinerlei Spielpraxis aus den letzten Monaten habe.

Nach dem Training springe ich schnell unter die Dusche und mache dann den Nudelsalat fürs Mittagessen fertig. Lia hatte mir vor ein paar Monaten das Rezept dazu gegeben. Endlich klingelt es. ,,Ich habe dich so vermisst“, sage ich, nachdem ich ihr zur Begrüßung einen Kuss gegeben habe. ,,Ich dich auch. Und das obwohl es nur drei Tage waren“, erwidert sie. Tja, wenn wir doch nur wieder bei einem Verein spielen würden. Aber das sage ich nicht laut. Ich will die Stimmung nicht direkt vermiesen. Ich werde damit klar kommen, dass sie bei Potsdam bleibt. ,,Du kannst deine Tasche zu mir ins Zimmer stellen“, sage ich und gehe dann zurück in die Küche, um mich wieder meinem Nudelsalat zu widmen. Ich muss nur noch den Bärlauch dazugeben, dann bin ich fertig.

Plötzlich spüre ich wie sich von hinten zwei Arme um mich schlingen. ,,Was kochst du?“, fragt Lia und stellt sich auf Zehenspitzen um über meine Schulter schauen zu können. ,,Nudelsalat nach deinem Rezept“, antworte ich. Im Augenwinkel sehe ich Lia grinsen. ,,Na dann bin ich Mal gespannt, ob du es so gut kannst wie ich“, neckt sie mich. ,,Lass dich überraschen“, erwidere ich augenzwinkernd. Ich bin mir sicher, dass ich an Lia’s Nudelsalat nicht rankommen werde, aber das ist ja egal. Hauptsache es schmeckt.

Und das tut es. ,,Der schmeckt ja besser als erwartet“, meint Lia. ,,Was soll das denn heißen?“, frage ich lachend. ,,Vertraust du etwa nicht meinen Kochkünsten?“ ,,Natürlich, aber der Nudelsalat ist schließlich meine Eigenkreation. Da kann man so leicht nicht ran kommen. Aber er schmeckt hervorragend“, grinst Lia.

Der restliche Tag vergeht wie im Flug. Nachmittags haben wir uns mit ein paar anderen aus der Mannschaft am Allersee getroffen und abends haben wir noch einen Film geschaut. ,,Wo schlafe ich eigentlich?“, fragt Lia, die an mich gekuschelt auf dem Sofa liegt. ,,Bei mir natürlich. Was denkst du denn?“, antworte ich. ,,Ja keine Ahnung. Ihr habt ja kein Gästezimmer sondern nur das Sofa“, meint Lia. ,,Ich lasse doch nicht meine Freundin auf dem Sofa schlafen!“, rufe ich empört.


,,Lia, ich habe Angst“, sage ich. Es ist Samstag Abend und ich sitze in Lia’s Hotelzimmer. Die meisten der anderen Mädels verbringen den Abend zusammen, aber ich brauche meine Zeit alleine mit Lia. Ich habe Angst vor Morgen. Ich kann nicht genau sagen, vor was ich Angst habe, aber Angst ist da. ,,Alles wird gut gehen. Guck Mal, Stephan hat doch schon gesagt, dass du im Kader stehen wirst und selbst, wenn du nicht spielst, bin ich trotzdem super stolz auf dich“, meint Lia. ,,Ich werde garantiert nicht spielen“, werfe ich ein. Ich mein es ist immer noch ein Finale und ich habe seit Oktober nicht mehr gespielt. ,,Leg dich doch jetzt noch nicht darauf fest. Ich würde Mal behaupten, es hängt letztendlich vom Spielverlauf ab. Und nochmal, du hast die Chance zu spielen. Du stehst im Kader, das heißt er kann dich einwechseln und wenn man deine Trainingsleistungen diese Woche angeschaut hat, hast du es auf jeden Fall verdient.“ ,,Aber…“, setze ich an. ,,Kein Aber! Egal, was morgen passiert, ich bin stolz auf dich. Und du kannst es auch sein. Du hast dir Anfang Oktober das Kreuzband gerissen, hast dich zurück gekämpft und stehst jetzt im Kader vom DFB-Pokal Finale. Und wenn du nicht spielst, dann hast du immer noch das Champions League Finale nächste Woche“, muntert Lia mich weiter auf. ,,Du hast ja Recht, aber ich will einfach unbedingt spielen“, sage ich. ,,Das verstehe ich. Wär ja komisch wenn nicht, aber der Moment an dem du wieder auf dem Platz stehst, wird kommen und wenn nicht morgen, dann bestimmt nächsten Sonntag“, meint Lia. ,,Ich hoffe es“, erwidere ich leise.

Am nächsten Morgen bin ich dann tatsächlich relativ gelassen. Ich konnte zwar die halbe Nacht nicht schlafen, aber die Zeit habe ich genutzt um mich damit abzufinden, dass ich wahrscheinlich nicht spielen werde. Ich will mir einfach keine zu großen Hoffnungen machen. Am Ende bin ich nur zu sehr enttäuscht. Als ich zusammen mit Pia, mit der ich mir ein Zimmer teile, in den Frühstücksraum komme, ist Lia schon da. Als ich sehe, dass sie mein Trikot trägt, muss ich grinsen. Am liebsten würde ich jetzt zu ihr gehen und ihr einen Kuss geben, aber hier sind auch noch andere Menschen. Wir haben unsere Beziehung noch nicht öffentlich gemacht und so müssen wir in der Öffentlichkeit immer ein bisschen aufpassen.

Und schon geht das Spiel los. Von der Bank aus kann ich das Spielgeschehen gut beobachten. Es ist schon irgendwie ein cooles Gefühl nicht im Publikum sondern wieder auf der Bank zu sitzen. Das Spiel beginnt gut für uns und schon in der siebten Minute können wir nach einem herrlichen Tor von Pi in Führung gehen. Aktuell genieße ich es einfach hier zu sitzen und wieder richtig mit dabei sein zu können. Sobald die zweite Halbzeit aber losgeht, ist das aber vorbei. Ab jetzt kommen dann eben die Wechsel. Ich will ja schon spielen. Ich will wieder zurück kommen. Aber es sieht nicht danach aus, dass ich eingewechselt werde. Stephan schickt einige Spielerinnen zum Aufwärmen, aber mich nicht. Er sagt auch nichts dazu. Ich denke Mal, das war’s dann heute für mich. Wenn ich jetzt nicht zum Aufwärmen geschickt werde, dann wahrscheinlich gar nicht. Sofort geht etwas Euphorie bei mir flöten.

Aber die kommt wieder. Kurz vor Schluss trifft Ewa zum 2:0. Jetzt kann man uns den Sieg kaum noch nehmen. Der Abpfiff ertönt. Wir haben es! Nach dem Meistertitel letzte Woche haben wir jetzt auch den DFB-Pokal! Das kann man Mal so machen. Und es fühlt sich verdammt cool an. Einen einzigen Wermutstropfen gibt es für mich dennoch, spielen durfte ich nicht.

No 13 - Move the Ball with Joy // Feli Rauch FfWo Geschichten leben. Entdecke jetzt