13 | Vorwürfe

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Sicht Feli:

Im Krankenhaus angekommen, werde ich sofort in ein Behandlungszimmer gebracht. Relativ schnell kommt ein Arzt mit dem Namen Dr. Wolf. Na das passt ja. Er stellt mir diverse Fragen und ich schildere was passiert ist und bei welchen Bewegungen es wo und wie stark weh tut. Dr. Wolf nickt die ganze Zeit. ,,Also ich würde Mal schwer vermuten, dass es ein Kreuzbandriss ist und so wie Sie das gerade erzählen, kann es gut sein, dass am Innenband auch noch etwas beschädigt ist“, meint er schließlich. Ich senke meinen Blick nach unten und betrachte meine weißen Fußballschuhe. ,,Ich werde Sie über Nacht auf jeden Fall hier behalten und morgen wird dann ein MRT gemacht“, fährt Dr. Wolf fort. Ich nicke nur. ,,Kommen Sie aus Potsdam oder besser gesagt, haben sie jemanden, der Ihnen ein paar Sachen vorbei bringen kann?“, fragt er. ,,Nein, ich komme aus Wolfsburg, aber ja ich kann eine sehr gute Freundin fragen, ob sie mir ein paar Sachen bringt“, antworte ich. ,,Gut, dann bringe ich Sie auf ihr Zimmer“, sagt Dr. Wolf.

Das Zimmer ist sehr klein, aber mir ist das egal. Außer mir ist in diesem Zimmer keiner. Irgendwie finde ich das gut. Ich habe keine große Lust auf Gesellschaft.

Ich bekomme das Handy einer Krankenschwester um jemanden anzurufen. In meinem Fall Lia. Ich habe mein Handy logischerweise nicht dabei, da ich ja vom Fußballplatz direkt hierher gekommen bin, aber glücklicherweise kenne ich Lias Handynummer auswendig. Nach einer gefühlten Ewigkeit geht sie endlich ran. ,,Hallo?“, sagt sie. Ich höre an ihrer Stimme genau, dass sie geweint hat. ,,Hey, ich bin’s Feli“, sage ich. ,,Es ist Feli“, höre ich sie sehr leise. Wahrscheinlich sagt Lia das gerade zu Tabbi. ,,Hey Feli. Wie geht’s dir?“, meldet sich Tabbi am Telefon. ,,Naja, ich muss die Nacht hier bleiben und habe keinerlei Sachen dabei. Könntet ihr mir vielleicht was vorbei bringen?“, frage ich. ,,Ja klar. Was brauchst du?“ Ich zähle die Dinge auf, die ich brauche und nenne das Krankenhaus, in dem ich bin. ,,Okay kriegen wir hin. Ich überrede Lia, dass sie mit kommt. Sie ist etwas fertig, aber ich glaube ihr solltet euch sehen und reden. Bis gleich“, meint Tabbi und legt auf. Etwas verwirrt gebe ich der Krankenschwester zurück. Warum ist Lia so fertig? Ich meine, ich hab genau gehört, dass sie geweint hat, aber warum? Und warum sollen wir reden? Es ist doch eigentlich nichts vorgefallen, zumindest nicht, dass ich wüsste. Oder etwa doch? Auf die Schnelle fällt mir nichts ein.

Eine Stunde später klopft es an der Zimmertür und Lia und Tabbi betreten das Zimmer. Während dieser Stunde habe ich mir den Kopf zerbrochen und überlegt, was zwischen Lia und mir vorgefallen ist. Ich bin weiterhin zu keiner Lösung gekommen. Tabbi stellt eine Tasche neben meinem Bett ab und setzt sich dann auf meine Bettkante. ,,Wie geht es dir? Was hat der Arzt gesagt?“, erkundigt sie sich besorgt. ,,Wahrscheinlich Kreuzbandriss und was am Innenband. Morgen wird ein MRT gemacht“, antworte ich. ,,Shit, das klingt gar nicht gut“, meint sie. Ich nicke niedergeschlagen.

Mein Blick fällt auf Lia, die immer noch an der Tür steht und so aussieht, als würde sie gleich wieder gehen wollen. Auch Tabbi schaut rüber zu Lia. ,,Jetzt komm schon“, sagt Tabbi. Langsam kommt Lia auf uns zu und setzt sich dann ebenfalls auf die Bettkante, den Blick gesenkt. Sie sieht, naja wie soll ich’s sagen, schrecklich aus. Ihre Augen sind gerötet und sehen sehr verweint aus. ,,Es tut mir so Leid.“ Es ist leiser als ein Flüstern und trotzdem bin ich mir sicher, dass ich richtig gehört habe. ,,Was tut dir Leid?“, frage ich. Lia schaut auf, aber wendet sich direkt von mir ab. Stattdessen blickt sie aus dem Fenster. Fragend schaue ich zu Tabbi. Aber sie schüttelt nur den Kopf, als wolle sie sagen, dass Lia es mir selbst sagen muss.

,,Ich war es“, murmelt Lia. Ich bin immer noch verwirrt. ,,Was warst du?“, frage ich. Schweigen. Was auch immer Lia sagen will, es fällt ihr sehr schwer. Es muss irgendwas wichtiges sein, aber was? ,,Ich…“, setzt Lia an, aber sie kann den Satz nicht zu Ende bringen. ,,Ich…“, versucht sie es erneut, aber wieder bricht die ab. Ich nehme ihre Hand und drücke sie ganz fest. ,,Ich habe dich zu Fall gebracht“, sagt Lia schließlich ganz leise. ,,Ich bin Schuld! Ich habe es verbockt! Ich war so dumm! Was hab ich nur angerichtet?!“, meint sie immer noch sehr leise. Ihr Blick ist nach wie vor aus dem Fenster gerichtet und sie wischt sich mit der Hand über die Augen. Wahrscheinlich sammeln sich wieder Tränen darin.

,,Lia, alles ist gut“, sage ich ruhig. ,,Nein!“, stößt sie mit tränenerstickter Stimme hervor. ,,Nichts ist gut! Du liegt hier im Krankenhaus mit einem Kreuzbandriss und ich ganz allein bin Schuld daran! Ich habe meiner besten Freundin die wohl schlimmste Verletzung für eine Fußballerin zugefügt!“ Sie will aufstehen und gehen, aber ich halte immer noch ihre Hand. ,,Lass mich los. Ich habe das nicht verdient“, schluchzt sie. ,,Nein, bleib hier“, sage ich. ,,Bitte!“ Endlich dreht sie sich ganz zu mir um. ,,Warum willst du mich hier haben?“, fragt sie. ,,Ich war doch so dumm. Du liegst wegen mir hier. Ich war es. Ich war die Dumme, die das Manöver machen wollte. Ich, deine beste Freundin!“ ,,Um deine Frage zu beantworten: ich will, dass du hier bleibst, eben weil du meine beste Freundin bist. Ich brauche dich“, erkläre ich leise. ,,Aber, ich..“, setzt Lia an. ,,Kein Aber! Ehrlich, ich wusste nicht bis gerade eben nicht Mal, wer mich zu Fall gebracht hat. Ich mache dir nicht den geringsten Vorwurf“, rede ich weiter. ,,Das solltest du aber. Was bin ich nur für eine Freundin?“, schluchzt Lia. ,,Lia, jetzt hör mir zu! Ich mache dir keine Vorwürfe und dir solltest dir erst Recht keine machen! Es ist jetzt passiert und klar ist es nicht schön. Aber wir beide können es nicht ändern. Es bringt nichts sich Vorwürfe zu machen. Und du bist die beste Freundin, die ich mir vorstellen kann!“, sage ich. ,,Ich glaube, es bringt nichts, wenn ich jetzt protestiere, oder?“, fragt Lia leise. ,,Richtig! Komm her!“ Ich nehme Lia fest in den Arm und drücke sie an mich.

,,Wie ging das Spiel eigentlich aus?“, erkundige ich mich. Lia schluchzt auf. ,,2:0 für euch“, antwortet Tabbi. ,,Wer hat das Tor gemacht?“ ,,Ich“, flüstert Lia und löst sich aus meiner Umarmung. Sie wischt sich die erneut aufkommenden Tränen weg. ,,Lia, das kann jedem Mal passieren“, sage ich. ,,Es war so eine dumme Situation“, schluchzt sie. ,,Lia, jetzt hör auf! Es passiert jedem Mal!“, sage ich energisch. ,,Aber den dummen passiert es zuerst“, meint Lia leise. Ich schaue zu Tabbi. ,,Ich glaube, das müssen wir jemanden wieder aufbauen“, stelle ich fest und Tabbi nickt.

No 13 - Move the Ball with Joy // Feli Rauch FfWo Geschichten leben. Entdecke jetzt