40 | Treffen mit Mom

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Und schon ist Samstag. Ich habe meine Bachelor Arbeit abgegeben und bin sehr zufrieden damit. Jetzt kann mich in Sachen Uni erstmal etwas zurücklehnen. Heute geht es für mich dann nach Berlin zu meinen Eltern. Meine Mom hat schon angekündigt, dass Dad nicht da sein wird und Jan sowie so nicht. Aber den sehe ich am Sonntag auch noch. Heute fahre ich zu meiner Mom und verbringe den Tag mit ihr und morgen Nachmittag mache ich noch einen kleinen Abstecher nach Potsdam, um Jan und Jojo zu besuchen.

Irgendwie bin ich nervös. Ich habe total schlecht geschlafen und war schon in aller Herrgottsfrühe wach. Naja irgendwie war das auch gut, denn so konnte ich noch meine Sachen, die ich brauche, zusammenpacken und dann muss ich ja auch schon relativ früh losfahren, wenn ich zum Mittagessen in Berlin sein will.

Die Fahrt vergeht ziemlich schnell. Ich höre ein paar Podcast Folgen an und telefoniere am Ende noch mit Lia, die mir nochmal für zuredet, nicht allzu nervös zu sein. Irgendwie schafft sie es, mich zumindest etwas zu beruhigen.

Schon bin ich in Berlin angekommen und biege in die Straße ein, in der meine Eltern wohnen. Ich parke das Auto vor dem Haus und steige aus. Ich hole meine Tasche aus dem Kofferraum und leine Cinni an. Dann klingele ich. Der Türsummer ertönt und ich betrete das Haus. Mit dem Fahrstuhl geht es hoch in den fünften Stock.

An der Tür wartet Mom schon. ,,Hallo Feli, schön das Du da bist“, begrüßt sie mich. ,,Hallo Mom“, erwidere ich und umarme sie. Ich will nicht ganz so kühl wirken. Schließlich soll der Tag doch irgendwie schön werden und nicht von Anfang an zum Scheitern verurteilt werden. Ich hänge meine Jacke auf und folge meiner Mom in die Küche. Während ich ihr beim Kochen helfe, führen wir etwas Smalltalk. Da merkt man, wie sehr wir uns im letzten halben Jahr voneinander distanziert haben. Ich habe mit meiner Mom noch nie Smalltalk geführt.

,,Was macht dein Knie?“, wechselt sie irgendwann das Thema. ,,Es läuft gut. Ich bin wieder im Mannschaftstraining und vielleicht schaffe ich es beim Champions League Finale dabei zu sein. Aber sicher ist das nicht“, erzähle ich. ,,Das klingt doch gut. Ich bin echt stolz auf dich! Du hast das alles so toll gemeistert“, sagt Mom lächelnd. ,,Danke, es war nicht immer leicht und ich bin echt froh, dass der Weg zurück bald zu Ende ist. Aber ich glaube, es hat mich auch weitergebracht. Vor allem menschlich.“ ,,Das glaube ich dir. An Verletzungen wächst man und ich weiß, dass du eine schwierige Zeit hinter dir hast, aber jetzt kannst du wieder richtig nach vorne schauen“, meint Mom. ,,Ja genau. Das ist der Plan. Jetzt erstmal noch das Champions League Finale, wenn ich denn spielen kann, und dann ist ja nächstes Jahr die EM in England. Da dabei zu sein, wär einfach mega“, sage ich. ,,Das schaffst du bestimmt. Ja, ich weiß da gab es die Sache mit der WM, aber das ist vorbei. Die EM ist ein neues Turnier und du hast ja vor der Verletzung eine tolle Leistung bei der Natio gezeigt.“ ,,Mal schauen“, lächele ich.

Nach dem Mittagessen, es gab Nudelauflauf mit Paprika und Schafskäse, spülen wir erstmal zusammen ab. Irgendwie ist alles wie früher, aber trotzdem existiert da noch so eine kleine Barriere. ,,Wollen wir eine Runde spazieren gehen?“, fragt Mom, als wir fertig sind. ,,Klingt gut. Cinni könnte sich etwas Bewegung vertragen“, erwidere ich. Wir laufen unsere übliche Runde, die wir auch früher immer gelaufen sind. An der Bank, auf der wir auch früher oft gesessen haben, machen wir auch heute halt und setzen uns.

,,Ich wollte ja noch etwas mit dir bereden“, beginnt Mom. Sofort ist die ganze Nervosität wieder da. ,,Ja stimmt. Da war was“, sage ich unruhig. ,,Als du mir an Weihnachten von deiner Beziehung zu Lia erzählt hast, bin ich ja aus allen Wolken gefallen im negativen Sinne. Du hast ja erlebt, ich war außer mir“, fährt Mom fort. ,,Das kann man so sagen“, stimme ich ihr. Ich kann nicht . Ich muss das jetzt sagen und ich mein, es ist ja auch für Wahrheit. ,,Ich habe mich nie mit dem Thema beschäftigt. Für mich gab es immer nur die Liebe zwischen Mann und Frau. Das liegt wahrscheinlich daran, dass ich nie Erfahrungen mit homosexuellen Paaren gemacht habe. Ich kannte das nicht und deshalb war es ein Schock für mich und für Papa auch. Ihm ging es genauso wie mir. Wir wollten einfach nur das Beste für dich“, meint Mom. ,,Aber das Beste für mich ist die Beziehung mit Lia“, werfe ich ein. ,,Das habe ich jetzt auch gemerkt und eingesehen. Lia ist so ein herzensguter Mensch und einfach die richtige für dich. Ich kenne sie ja auch aus deinen Potsdamer Zeiten. Wenn ich so darüber nachdenke, passt ihr einfach gut zusammen“, redet sie weiter. ,,Willst du mir etwa sagen, dass du es akzeptiert hast, dass ich mit Lia zusammen bin?“, frage ich vorsichtig. ,,Ja, Felicitas. Genau das möchte ich dir sagen. Es tut mir Leid, dass ich anfangs so reagiert habe. Es war einfach neu für mich. Aber jetzt habe ich es geschnallt“, sagt Mom. ,,Alles gut. Wie du gesagt hast, es war neu für dich. Ich hätte euch das vielleicht etwas langsamer beibringen sollen und nicht direkt erwarten sollen, dass ihr das einfach so akzeptiert. Wir haben beide Fehler gemacht“, erwidere ich. ,,Das stimmt allerdings. Aber jetzt ist ja alles gut. Und ich muss auch echt sagen, die Bilder in eurer Instagram Story sind auch einfach super süß. Wenn ich nicht sowieso schon wüsste, dass ihr zusammen seid, dann würde ich echt anfangen zu spekulieren“, grinst Mom. ,,Warte Mal. Echt jetzt? Sind wir so auffällig, wenn man das so sagen kann?“, frage ich alarmiert. ,,Nein, alles gut. Aber dass es ein paar Spekulationen gibt, kann ich mir schon vorstellen“, sagt sie. ,,Naja egal. Das kann uns ja egal sein. Lass die Leute reden, so heißt das doch oder nicht?“ ,,Richtig, genau so heißt es. Zieht euer Ding durch und hört nicht, was andere sagen“, meint Mom.

Abends machen wir uns einen schönen Salat zum Essen und schauen dann Lias Spiel. Das SRF überträgt wirklich. ,,Ich hab dich noch nie so verliebt gesehen“, erwähnt Mom irgendwann. ,,Ich war auch noch nie so verliebt. Lia ist einfach mein Mädchen. Ich wüsste nicht, wie ich die letzten Monate ohne sie überlebte hätte. Die hat mir die Kraft gegeben weiter zu machen, mich aufgeheitert, wenn das Knie wieder nicht so wollte sie ich und die war einfach immer für mich da. Genauso wie ich für sie da bin“, sage ich und ich merke wie ich lächele. ,,Ich freu mich so, dass ihr euch gefunden habt. Ihr kennt euch ja dann doch ewig lange“, meint Mom. ,,Das stimmt. Ich habe schon immer gemerkt, dass ich zu Lia ein besonderes Verhältnis habe, aber so richtig klar geworden, dass sie mehr als nur eine Freundin für mich ist, habe ich tatsächlich durch meine Verletzung. Und Mom, Danke, dass du unsere Beziehung jetzt auch akzeptierst. Das ist leider nicht selbstverständlich“, erzähle ich.

No 13 - Move the Ball with Joy // Feli Rauch FfWo Geschichten leben. Entdecke jetzt