KAPITEL 12

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Nach dem Abendessen ging ich duschen, damit ich sauber in das neue Jahr starten konnte. Nur noch ungefähr 2 Stunden, dachte ich. Dann ist das Jahr vorbei.

Es fühlte sich jedes mal seltsam an. Als würde man alles zurücklassen und ein neues Leben führen. Aber gleichzeitig war das auch nicht so. Das Leben ging immer noch normal weiter. Trotzdem freute ich mich immer drauf. Es war ein schöner und fröhlicher Tag. Ein Tag, wo man die Sorgen vergessen, alles etwas gutes wünschen und feiern kann. Das dachte ich zumindest an Weihnachten auch.

Nach der Dusche ging ich in mein Zimmer, zog mir neue Klamotten an, hing ein bisschen am Handy und ging wieder runter ins Wohnzimmer, wo sich meine Familie befand. Der Himmel draußen war pechschwarz und ich vermutete, dass einige schon draußen waren. In einer Stunde war es nämlich so weit.

Ich setzte mich neben Mia auf die Couch, die Wunderkerzen vorbereitete und schaute Mom und Dad dabei zu, wie sie unseren Weihnachtsbaum wegschafften. Die Stehlampe hinter ihnen hatte eine gedämmte, warme Farbe und bot uns nicht viel Licht. Es war wie ein einziger, großer Stern im dunklen Zimmer. Oder wie ein Lagerfeuerlicht. Als meine Eltern den Raum verlassen hatten, drehte ich mich zu Mia um. "Weißt du, was heute mit Mom los ist?", flüsterte ich fast. Sie wusste was ich meinte und schüttelte den Kopf. Ich erstarrte leicht, als ich mich auf Mias Augen konzentrierte. Das schwache Licht ließ ihre hellbraunen Augen so aussehen, wie die von George.

"Nein, keine Ahnung", flüsterte sie zurück und warf kurz ein Blick über die Schulter hinweg. Ich seufzte. "Denkst du es ist was schlimmes? Und hat es mit mir zu tun?" Sie schüttelte wieder den Kopf und zuckte mit den Achseln. "Ich weiß es ehrlich nicht", sagte sie. "Aber lass uns das erstmal vergessen. Ich will heute nicht über sowas nachdenken." Ich nickte. Sie hatte vollkommen recht.

Nach einer Weile durften wir endlich raus gehen mit unseren Wunderkerzen. Viele unserer Nachbarn waren schon draußen und die ersten Feuerwerke kamen zum Vorschein. Nur noch ein paar Minuten, bewegte ich stumm meine Lippen, immer und immer wieder. Mia sprang aufgeregt von einem Bein zum anderen. Es war erschreckend kalt. Und ich wünschte, ich hätte einen dickeren Pullover angezogen. Meine Hand zitterte, während ich die Wunderkerze hielt. Dad zündete sie für uns schon mal an, denn in ungefähr einer Minute ging es los. Das gegenüberliegende Haus wurde von einer Laterne beleuchtet und ein Mann, unser schräger Nachbar kam raus. Ich wusste seinen Namen immer noch nicht. Er trug Klamotten, wie von einem Obdachlosen und hatte einen Vollbart. Man könnte ihn wirklich für einen Obdachlosen halten, wenn er in der Stadt rumlaufen würde. Aber er verließ nur sehr, sehr selten sein Haus. Ich tat so, als würde ich ihn nicht bemerken, als er zu uns rüber winkte. Nur Dad winkte freundlich zurück und wendete sich wieder uns zu.

Pure Aufregung hüllte die Gegend ein. Noch 15 Sekunden.

"Gut, ihr lieben. Bei 10!", erinnerte uns Dad. Wir alle nickten grinsend.

"10!", riefen wir im Chor und hörten andere uns einsteigen.

"9!"

"8!"

"7!"

"6!"

"5!" Mein Herz raste, noch die letzten Atemzüge, ein letzter Augenblick...

"4!"

"3!" Ich glaubte die ganze Stadt zu hören.

"2!"

"1!!!"

Und alle jubelten, schrien, klatschen, riefen "Happy new year" und wir, wir umarmten uns gegenseitig, so fest wir konnten. Mia hüpfte und hüpfte und die Feuerwerke übernahmen die Stadt. Es waren so viele. Meine Augen blitzten hin und her und es war so laut, dass ich Dad fast nicht hören konnte.

Broken Heart Teil 1Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt