KAPITEL 19

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"Du hast so einen tollen Charakter, weißt du das?"

Mir wurde extrem heiß. Ich wusste nicht, ob es unangenehm oder schön war. Ich wusste nur, dass es heiß war. Sehr heiß. Meine Ohren wurden zu Lava, mein Gesicht enorm rot. Mit meinen offenen Haaren, versuchte ich irgendwie unauffällig mein Gesicht zu verbergen. Die Schmetterlinge im Bauch wurden verrückt. Ich hielt trotzdem seinen Blick stand und überlegte mir irgendeine logische Antwort zu seinem Kompliment. Wenn man Gehirn doch nur normal funktionieren könnte! Ich habe einen tollen Charakter? Ehrlich?, würde ich ihn gerne fragen. Aber natürlich meinte er das ernst, sonst würde er es doch gar nicht erst sagen. Du auch, George, bildeten sich drei Wörter in meinem kaputten Kopf. Du auch.

Was sagte man am besten in so einer Situation?

Ich fühlte mich so unerfahren, so dumm. Während andere Mädchen in meinem Alter mit jedem beliebten Jungen flirteten, grübelte ich hier nach einer Antwort auf ein stinknormales Kompliment, was nach Stunden sowieso wieder vergessen sein würde...

Würde es das?

Für mich nicht. Ich würde es nicht einmal nach Tagen, Monaten oder Jahren vergessen. Ich würde jeden Tag vor dem Einschlafen genau an diese Situation denken und nie wieder aufhören dabei zu lächeln. Vielleicht lächelte ich auch jetzt und merkte es nicht mal...

"Du bist so einfühlsam und willst keinem wehtun", fuhr er fort. Ich hörte das Blut in meinen Ohren rauschen und mein Herzschlag verdoppelte sich gewaltig.

"Danke"

Danke? Das wars? Am liebsten wollte ich mir einfach auf die Stirn klatschen. Du eingebildetes Ding!

"Ich mein- äh, Und du bist so verständnisvoll, humorvoll, hilfsbereit und..." Tausend andere Komplimente fielen mir noch ein, die ich nicht einfach so sagen konnte. Na super. Selbst einfache Komplimente geben fiel mir schwer. Er sagte sowas mit absoluter Gelassenheit, während ich panisch einfach sinnlose Dinge sagte. Er lachte leise in sich hinein, schaute weg und schüttelte den Kopf, als könnte er nicht glauben, dass das gerade wirklich geschah.

Ich auch nicht.

"Danke", sagte er und blickte mir wieder in die Augen. Oh, also war Danke doch nicht die schlechteste Antwort. Ich beruhigte mich ein wenig. Aber das hieß noch lange nicht, dass ich den ganzen Tag keine Bauchschmerzen haben werde, richtig Sprechen kann und nicht ab und zu rot werde. Wenn er mich doch nur nicht so angucken würde. Ich glaube ich werde verrückt. Einerseits träumte ich schon immer von diesem Moment, doch andererseits brauchte ich unbedingt Zeit für mich allein, um das Ganze zu verarbeiten. Bevor ich mir einen Fluchtplan ausdenken konnte, rief Georges Mutter nach uns.

***

Wieder herrschte dieses Chaos vor dem Essen. Die Katze -Mimi, soweit ich in Erinnerung hatte- hatte es sich auf meinem Stuhl gemütlich gemacht. George musste sie wegscheuchen, was nicht so leicht war, denn diese Katze wollte sich einfach nicht vom Fleck bewegen. Letzten Endes musste George die Katze hochtragen, was ihr gar nicht gefiel und sie wild um sich her tritt. George eilte mit großen Schritten aus dem Zimmer. Währenddessen diskutierten Martina und Nora über etwas, was Nora gar nicht passte. Als sie immer lauter wurde versuchte Nonna sie zu beruhigen. Ich konnte mir relativ gut vorstellen, dass solche Streitereien öfter stattfanden.

Alice entdeckte George im Flur, der immer noch mit Mimi kämpfte und meckerte ihn an, dass er Mimi doch nicht so behandeln soll. "George, hör auf! Das gefällt ihr nicht!"

"Jemand muss dieser Katze Manieren beibringen!"

Völlig überfordert stand ich da und traute mich nicht hinzusetzen, denn keiner war am Tisch.

Broken Heart Teil 1Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt