Weihnachten ging schnell vorüber. Es hat sich wie ein kurzer Traum angefühlt. Nicht echt. Nicht wie immer. Für eine Sekunde bereute ich, dass ich George zugesagt hatte. Denn das beschäftigte mich die ganze Zeit. Und ich hasste mich dafür. Dafür, dass ich meine Zeit nicht genießen kann, weil ich zu viel nachdenke. Jetzt stand ich hier. Vor der Haustür und dachte zu viel nach. Darüber, was mich jetzt erwarten würde, wenn ich das Haus verlasse. Ich zog meinen Mantel an und bewegte mich zu dem großen Spiegel im Flur, betrachtete meine Haare und Kleidung. Ich wusste nicht, was ich von mir halten sollte. Lara sagte immer, dass ich keinen Geschmack hatte. Keine Kurven. Aber mir war das immer egal. Ich zog das an, was mir gefiel. Nicht Lara. Nicht anderen. Also lächelte ich mein Spiegelbild an.
"Wohin gehst du?"
Ich drehte mich erschreckend zu Mia, die mich lächelnd ansah. Ich antwortete erstmal nicht. Sie wusste nichts von George und sie brauchte es auch jetzt nicht wissen.
"Hast dich hübsch gemacht."
"Findest du?" Sie nickte. Ich ging ein paar Schritte auf sie zu.
"Ich gehe zu einem Freund." Sie strahlte auf. "Dann viel Spaß euch!" Ich lachte. "Danke."
Ich könnte auch sagen, ich gehe zu Laras festen Freund. Wie würde sie dann reagieren? Als ich sah, dass Mia wieder wegging, bewegte ich mich wieder zur Tür und öffnete sie. Extrem kalte Luft lief mir entgegen und mir wurde sofort kalt. Ich kriegte mich wieder ein und wagte es ein paar Schritte zu laufen und versuchte mir Georges Adresse zu merken.
Der Himmel war grau. Nicht lebendig. Und die sonst wunderschönen Häuser und Gebäude verloren ebenfalls die Lebendigkeit. Es könnte schneien, aber es passierte nichts. Stattdessen gingen langsam die Dekorationslichter an, da es bald dunkel wurde. Schon um 15 Uhr. Ich konzentrierte mich ganz auf meine Schritte. Jeder fühlte sich falsch an. Ein Teil von mir wollte stehen bleiben, aber ein anderer Teil wollte einfach nicht aufhören zu laufen. Ich beschleunigte meine Schritte und hatte mit jedem Schritt das Gefühl, die falsche Richtung genommen zu haben. Mein Verstand versuchte mich zu beruhigen. Du hast die richtige Adresse. Bieg links ab, dann bist du da. Also bog ich links ab und entdeckte eine gemütliche Straße mit wunderschönen Familienhäusern. Diese hier sind im Gegensatz zu den Stadthäusern sehr dynamisch, gemütlich, tröstlich. An jedem einzelnen Haus sind Lichterketten zu sehen. Die Blumen haben die Blüten verloren und sehen krank aus. Aber ich kann mir vorstellen, dass es im Sommer unglaublich hübsch aussehen wird.
Wo ist jetzt das Haus von George? Ich ging etwas langsamer, um die Hausnummern erkennen zu können. 22, 23, 24,... Ich war hier völlig falsch. Ich brauchte die Hausnummer 50. Also marschierte ich rasend weiter nach hinten. 39, 40,... Wahrscheinlich sah ich peinlich aus, während ich nach der richtigen Hausnummer suchte. Zum Glück war die Gegend aber leer. Und ruhig. Ich hörte bloß den leichten Wind um meine Ohren. Langsam wurde mir kalt.
47, 48, 49,...
Ich wurde langsamer. Die Hausnummer 50 war auf der rechten Seite. Das Haus sah genauso aus wie die anderen. Ich ging näher zur Haustür und suchte die Klingel. Moretti. Interessant. Wahrscheinlich ein Italienischer Nachname. Ich drückte auf die Klingel. Mein Herz raste und ich wurde immer nervöser. Zu meiner Überraschung öffnete eine Oma die Tür. Sie war nicht besonders schlank, schenkte mir das beste lächeln überhaupt. Ihre Haare waren dunkelgrau und das warme Licht fiel ihr auf eine Gesichtshälfte. Die andere hälfte wurde mit Schatten überzogen und die Falten auf ihrem Gesicht verriet mir ihr Alter. Ich schätzte sie auf 70 oder sogar noch älter. Kann auch sein, dass ich falsch lag, denn sie war immer noch sehr fit. Und sofort wurde sie mir sympathisch.
"Oh! Unser Besuch ist da. Ciao tesoro!" Sie hatte einen schönen Akzent. Das r wurde gerollt und die letzten Wörter hörten sich ziemlich hoch an. Noch bevor ich etwas sagen konnte kam sie auf mich zu und umarmte mich. Eine warme und wohltuende Umarmung. So einer süßen Oma bin ich noch nie begegnet. Als sie mich los ließ, lächelte ich auch. "Hallo.", hörte ich mich sagen. "Komm doch rein, cara!" Sie machte eine Geste, die deutete, dass ich reinkommen kann. Hier drinnen war es genauso gemütlich, wie von außen. Zuerst fiel mein Blick auf die kleine Treppe aus Holz. Links und rechts gab es noch weitere Zimmer. Von der rechten Seite roch es nach leckerem Essen, aber ich konnte nicht richtig einordnen was es war. Spaghetti vielleicht?
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Broken Heart Teil 1
Roman d'amour(...) "Ist schon okay", flüsterte er beruhigend (...) Ich schloss die Augen und die Tränen liefen über meine Wange. Genau sowas hatte ich gebraucht. Ich brauchte IHN. Nur bei ihm wusste ich, wie es war lebendig zu sein und Gefühle zu spüren, die ich...