V. Laientheater

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Die Treppe knarzt leise. Wie eine Oma muss ich die Stufen eine nach der anderen nehmen. Es tut wirklich weh, noch mehr, weil ich versuche es zu überspielen. Tetsurou überholt mich. Sein schadenfreudiges Grinsen zeichnet sich deutlich ab. Arsch. Einzig der Geruch nach Kaffee lässt mich meinen Weg aushalten.

Endlich erreiche auch ich die kleine Küche, die Nervensäge sitzt bereits mit meinen Eltern am Tisch.

„Guten Morgen!" Mein Vater sieht von seiner Zeitung auf. „Du siehst nicht gut aus."

„Setz dich", meint auch meine Mutter und schiebt mir eine Tasse von dem heißen Koffeinwunder rüber.

Erschöpft lasse ich mich auf den Stuhl fallen. Das Porzellan wärmt mich. „Wo ist Kiba?"

„Draußen. Er hat nicht aufgehört zu miauen."

Schade. Sein Plüschpopo wäre genau das Richtige gewesen um mich aufzumuntern.

„Wie läuft deine Karriere als Volleyballer?" Interessiert legt mein Vater das Klatschblatt zur Seite und schenkt meinem besten Freund seine Aufmerksamkeit. Auch meine Mutter lauscht gespannt den Ausführungen. Soll mir recht sein, dann stehe ich wenigstens nicht im Mittelpunkt.

Früher war Tetsurou häufiger zu Besuch gekommen, zusammen mit Kenma. Wir haben Playstation gespielt, oder Volleyball, je nachdem wie das Wetter war. In einer Nachbarschaft zu leben, hatte auch den Vorteil, dass wir gemeinsam zur Schule gehen konnten, wir hatten zusammen gelernt und zusammen die Hausaufgaben gemacht. Abwechselnd hatten Kenmas oder meine Eltern uns unterstützt, nur Tetsurous Vater hatte neben seinen zwei Jobs selten Zeit gefunden, für ihn waren Tetsurous Großeltern eingesprungen. Obwohl ich Kenma theoretisch schon vor Tetsurou gekannt hatte, war er der Grund, weshalb wir alle Drei befreundet waren, quasi das bindende Glied.

Je älter wir wurden, desto wichtiger wurde den Beiden Volleyball. Sie traten einer Mannschaft bei und Training wurde zu einem alltäglichen Bestandteil, in das sie auch viel Freizeit investierten. Früher fand ich es immer beneidenswert, wie man in ein Hobby so viel Kraft und Mühe stecken kann. Später musste ich feststellen, dass es auch berufliche Perspektiven bieten kann.

Alleine beim Gedanken an Treppen steigen, bricht mir der Schweiß aus. Ich bin kein Fan von Sport und habe lediglich das Glück, mit guten Genen geboren zu sein, sonst wäre mir meine Faulheit schon lange zum Verhängnis geworden.

Ein Kratzen an der Haustür lässt mich aufhorchen.

„Kiba!", juble ich in Vorfreude laut und springe bereits auf um unseren getigerten Kater Einlass zu gewähren, bereue es jedoch umgehend. Aua. Ich zische kurz und spüre deutlich drei Augenpaare in meinem Rücken.

Kaum habe ich die Tür geöffnet, schiebt sich der kleine Stubentiger an meinen Beinen vorbei. Sein warmer Körper streift den Stoff meiner Schlafanzughose.

„Na du?", begrüße ich ihn und will ihn gerade hochheben als mir auffällt, dass er etwas im Maul hat. Bitte keine Maus, Mama würde ausrasten. Meine Knie knacksen, als ich in die Hocke gehe und versuche Kiba seine Trophäe abzunehmen. Das ist keine Maus, das ist das benutzte Kondom. Die grünen Katzenaugen weiten sich, er versteht meine Geste wohl als Spielaufforderung. Shit!

Kiba macht einen Satz nach vorne. Entsetzt greifen meine Hände ins Leere. Der rot-getigerte Schwanz verschwindet um die Ecke zum Wohnzimmer. Das ist meine Chance. Stöhnend rapple ich mich auf und nehme die Verfolgung auf.

„Alles in Ordnung?", ruft meine Mutter aus der Küche, ich ignoriere sie. Ich habe gerade wirklich andere Sorgen. Rutschend biege ich um das Eck zum Wohnzimmer. Der Kobold sitzt auf der Couch und beißt auf dem Gummi herum. Können Katzen grinsen?

Wenn ja, wäre das der Ausdruck, den ich mir für meine Mühen einernte.

„Komm her du furchtbar dummer, bescheuerter Kater!", säusle ich liebreizend, Kibas Ohren zucken. Nur noch etwas weiter und ich würde ihn packen können. Denke ich zumindest, mache die Rechnung jedoch ohne den Vierpföter.
So schnell kann ich nicht schauen, da zwängt er sich zwischen meinen Beinen hindurch. Um meine eigene Achse wirbelnd, muss ich mit anschauen wie er frohen Mutes in die Küche tapst. Der spitze Ausruf meiner Mutter folgt wenige Augenblicke später.
Wie sehr wünschte ich mir, das Kondom wäre eine Maus.

Leicht aus der Puste bleibe ich im Rahmen stehen. Kiba sitzt auf den hellen Fliesen zwischen meinen Eltern. Stolz wie Bolle präsentiert er seinen Fund.

„Das ist ja widerlich!", zetert meine Mutter laut darauf los.

„Echt unfassbar, was die Leute alles so wegwerfen!", stimmt ausgerechnet Tetsurou mit ein. Echt jetzt? Immerhin sind das seine Gene die da in dem Plastik auf unserem Küchenboden schwabbeln.

„Er wollte mir nicht zeigen, was er im Maul hat", versuche auch ich die Situation zu überspielen, in der Hoffnung, niemandem würde der rote Schleier auf meinen Wangen auffallen.

Mein Vater erhebt sich, reißt von der Theke etwas Küchenpapier ab und beseitigt das Präservativ.

„Jetzt tun wir alle mal nicht so, als ob wir sowas noch nie gesehen hätten."

Peinlich. Selten in meinen Leben habe ich mich so blamiert gefühlt wie jetzt. Der Tag, nein, das komplette Lebensjahr, ist für mich bereits jetzt gelaufen.

Mit den Worten „Mir ist der Appetit vergangen" verabschiede ich mich in mein Zimmer, dort wartet genug Chaos auf mich, passend zu dem in meinem Kopf. Soll Tetsurou doch sein Laientheater zu Ende spielen – ich bin raus.

Kuroomanie (Kuroo x OC) | Haikyuu Fanfiction | LaufendWo Geschichten leben. Entdecke jetzt