XXIV. Wiedersehen

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Ein Flüstern geht durch den Klassenraum. Die Sitzreihen an den Fenstern verrenken ihre Köpfe, um einen Blick nach draußen zu werfen. Es ist offensichtlich, dass unsere Gäste, die Volleyball-Spieler der Fukurodani, eingetroffen sind.

Tanji und ich sehen uns an. Wir wissen beide, was das bedeutet. Der Tag, vor dem ich seit Wochen flüchten möchte, ist gekommen. Es wird keinen Ausweg geben und egal, wie oft ich mir das Wiedersehen mit meinem Ex-Freund ausgemalt habe – heute ist es so weit. Aus Vorstellungen werden blanke Tatsachen gemacht. Wie auch immer diese aussehen werden.

Als ob es die Zeit schlecht mit mir gemeint hat, sind die letzten paar Tage gerade so an mir vorbeigerast. Die Nervosität war mein ständiger Begleiter, ein Grundgedanke in den unweiten meines Gehirns. Wie sehr ich auch probiert habe mich abzulenken, es war sinnlos. Keine Tanji, kein Tetsu, nicht mal lernen konnte mich vor den Bauchschmerzen bewahren.

„Konzentration bitte! Ich weiß, dass ihr euch auf das Volleyball-Spiel freut, aber bevor ich euch entlassen kann, müssen wir diese Aufgabe noch beenden", tadelt unser Mathe-Lehrer. Bei der Unruhe ist Arbeiten kaum noch möglich. Die Klassenkameradinnen, die am Fenster sitzen, flüstern leise und deuten mit ihren Zeigefingern nach unten. Yara und Rika kichern. Prompt folgt eine Ermahnung von Sensei-Sato. Das Getuschel findet trotzdem kein Ende. In den glucksenden Laut ist eine Zweideutigkeit zu erkennen. Dieser Tonfall, den auch Tanji und ich früher draufhatten, wenn wir einen süßen Jungen gesichtet hatten. Seit wir beide in festen Händen sind, kommt das nicht mehr vor. Natürlich.

Ein Ellbogen trifft mich genauso hart wie die Erkenntnis, heute Bokuto und eine gewisse andere Person zu sehen. „Atme mal. Du läufst schon blau an", unterbricht meine beste Freundin die unterschwellige Angst, die in meinem Bauch wie eiskaltes Wasser umherschwappt.

Sauerstoff flutet meine Lungen. Sie waren bereits völlig zerknittert und eingefallen. Ein schlechter Körper, wenn er seinen Dienst nicht erfüllt.

„Tanji, ich glaube, ich schaff' das heute nicht. Mir ist total übel", zische ich.

Der zweite Treffer mit ihrem Ellbogen presst den eben eingeatmeten Sauerstoff direkt wieder raus.

„Aua, spinnst du? Wofür war das jetzt?" Mit schmerzverzerrtem Gesicht reibe ich mir die Stelle.

Neben einem vorwurfsvollen Blick pfeffert sie mir ein „Reiß dich endlich zusammen", um die Ohren. Mein Gejammere die ganze Woche über, scheint ihre Geduld verzehrt zu haben. Wenn es nur so einfach wäre, wie es klingt. Sich einfach zusammenzureißen. Keine Angst zu haben.

Mit größer Anstrengung vollenden wir die letzte Aufgabe. Um genauer zu sein, vollendet Sensei-Sato sie. Die Klasse ist zu euphorisch und gedanklich sitzen wir alle bereits in der Turnhalle.

„Also gut", er klatscht in die Hände, um ein letztes Mal unsere Konzentration auf sich zu ziehen. „Ich wünsche euch viel Spaß beim Volleyball-Spiel. Am Montag wiederholen wir die Aufgabe. Genießt das Wochenende und jetzt ab mit euch."

Das war das Startsignal. In wilder Aufruhr fliegen Unterlagen und Mäppchen in die Schultaschen. Stühle schrappen über den Boden. Das Stimmengewirr wird laut. Übereilig wird die Tür aufgerissen, sodass der Griff mit einem Knall an der Wand aufschlägt.

Meine Nerven prickeln. Ein Auslöser und ich würde hochgehen wie eine Flasche Sekt, die geschüttelt wurde.

„Bist du fertig?" Tanjis braune Augen mustern mich.

Kurz und stoßartig nicke ich. Eigentlich fühle ich mich nicht bereit für das, was jetzt kommt. Es hilft aber auch nicht, meiner Angst weiter aus dem Weg zu gehen. Ich muss mich ihr, oder besser gesagt ihm, gegenüberstellen.

Kuroomanie (Kuroo x OC) | Haikyuu Fanfiction | LaufendWo Geschichten leben. Entdecke jetzt