Glück. Wie soll man diesen Gefühlszustand beschreiben? Jeder Mensch wünscht sich glücklich zu sein und definiert diese, meist flüchtigen Augenblicke in seinem Leben für sich selbst auf eine andere Art und Weise.
Für mich bedeutet das Jetzt glücklich zu sein. Hier, zusammen mit Tetsu in meinem Bett. Eine Antwort auf eine Frage erhalten zu haben, die gedroht hat, mich um den Verstand zu bringen. Die Erkenntnis, dass es ein ‚Wir' geben kann.
Doch so schnell, wie dieses Gefühl in mir aufgeflammt ist, wird es von Fragen erstickt. Von der Ungewissheit, was das konkret bedeutet. Dieselbe Ungewissheit, die mich schon die ganze Woche verfolgt hat.
„Wie wird es jetzt weitergehen?", teile ich meine Bedenken und sehe, dass sie auch meinem Gegenüber einen Dämpfer verpassen.
„Hmm", überlegt er laut, ehe zögerlich die nächsten Worte über seine Lippen kommen: „Ich glaube, dass es das Beste wäre, so wenig Menschen wie möglich an dieser neuen Entwicklung teilhaben zu lassen. Ich bin mir ganz sicher, was dich angeht, aber ich wäre froh, wenn Nanabe davon keinen Wind bekommt. Zumindest vorerst."
Obwohl ich es komplett nachvollziehen kann, tut es ein wenig weh. Aber das ist in Ordnung, ich hatte mit nichts anderem gerechnet.
„Wie lange wird es dauern, bis sich Nanabe beruhigt hat?", frage ich ihn hoffnungsvoll.
Tetsurou verzieht die Mundwinkel. Als ob er darauf eine Antwort hätte. „Ich weiß es nicht."
Das Licht, welches vom Fernseher ausgestrahlt wird, taucht ihn in bunte Farben. Sein markantes Kinn, die hellen Augen, die dunklen Haarsträhnen. Das Bedürfnis, ihn zu berühren, meine Hand auf seine Wange zu legen und seine Wärme zu spüren, verankert sich fest in meinen Gedanken. Ist es mir in der Situation erlaubt, meinem Wunsch nachzukommen? Als Freunde wussten wir beide, wie wir uns zu verhalten haben, aber unsere Beziehung ist im Wandel. Plötzlich stehen wir beide vor einer riesigen Wand, besprüht mit einem roten Fragezeichen.
„Was sagen wir Kozume und Tanji?", unterbricht der Schwarzhaarige meine Gedanken.
„Insofern Tanji ja ohnehin schon weiß, dass zwischen uns was gelaufen ist", fügt er hinzu und grinst schelmisch.Böse schnaubend, dass er es wagt mich daran zu erinnern, schnipse ich ihm gegen die Stirn.
„Aua", beschwert er sich leise lachend und reibt sich die Stelle.
„Ich weiß es nicht. Ich fühle mich nicht wohl bei dem Gedanken, die beiden anzulügen."
„Es wäre ja kein Lügen, sondern verschweigen", versucht es mein bester Freund ins bessere Licht zu rücken.
„Für mich ist das dasselbe. Außerdem würden sie niemals etwas machen oder sagen, was uns schaden würde."
Tetsurou wiegt seinen Kopf hin und her. „Du hast recht."
„Das ist mir bewusst, habe ich meistens", kontere ich.
„Trotzdem sollten wir vorerst darauf achten, uns in der Öffentlichkeit so normal wie möglich zu verhalten. Am Schluss läuft uns jemand aus der Schule über den Weg, so was verbreitet sich wie ein Lauffeuer."
Autsch. Ohne, dass er es weiter ausführen muss, ist mir bewusst, was das heißt. Konkret bedeutet das: Kein Händchenhalten, kein Küssen, keine anderen Interaktionen, die darauf schließen könnten, dass zwischen uns etwas läuft.
„Aber, wenn wir unter uns sind, spricht nichts dagegen, so was zu machen ...", fährt Tetsurou fort und nähert sich mit seinem Gesicht meinem an. Sein Atem streift über meine Wangen, die schon wieder im Inbegriff sind, rot zu werden.
Würden wir uns jetzt küssen? Oder besser, er mich? Unfähig, einen klaren Gedanken zu fassen, fixiere ich seine Lippen. Auf das Kommende vorbereitend, legt er bereits langsam den Kopf schief. Seine Hand legt er unterstützend unter mein Kinn. In meinem Bauch scheinen Feuerwerkskörper zu explodieren und in bunten Farben zu verglühen. Ich bin auf das, was in wenigen Sekunden passieren wird, nicht vorbereitet. Da ist dieses Verlangen, ihm entgegenzukommen und unsere Münder miteinander verschmelzen zu lassen, aber ich habe auch Angst.
Wir haben uns bewusst dafür entschieden, weiterzugehen und eine Beziehung aufzubauen, aber in mir ist eine Hana, die große Bedenken vor Veränderungen hat. Mich darauf einzulassen bedeutet gleichzeitig, etwas hinter mir zu lassen. Insofern ich heute Morgen noch nicht damit gerechnet hatte, in der Nacht mit Tetsurou in einem Bett zu liegen. Wenige Stunden vorher hatte er noch Nanabe geküsst, und noch mal wenige Stunden später hat er mit ihr Schluss gemacht.
Unentschlossen starre ich in die Augen meines Gegenübers, der einige Zentimeter zurückgewichen ist und mich ausdruckslos mustert.
„Was denkst du?", fragt er mich offen heraus, während seine Finger mein Gesicht immer noch stützen.
Zögerlich schmiege ich meine Wange in seine Handfläche.
„Erst stehst du noch mit Nanabe turtelnd an der Ampel und jetzt liegst du hier bei mir im Bett. Das geht so schnell", lasse ich ihn an meinen Gedanken teilhaben. Es ist nicht so, als ob ich ihn nicht küssen wollen würde, aber wir brauchen auch nichts zu übereilen.
Außer einem „Oh" bringt er nichts zustande. Nachdenklich streichelt sein Daumen über meine gerötete Haut, ehe er fortfährt: „Weißt du, ich sehe jetzt alles klar. Seit letzter Woche ist mir bewusst, was ich will und dass ich das schon immer wollte, aber es einfach nicht realisiert habe. Wie in Trance, aus der ich aufwache. Aber ich kann natürlich verstehen, wenn du mehr Zeit brauchst. Die sollst du bekommen. Ich bin immer für dich da."
Mit so viel Verständnis hatte ich nicht gerechnet. Überrumpelt schlucke ich den Kloß, der sich in meinem Hals festgesetzt hat, herunter.
Mitfühlend lüftet er die Decke: „Komm her." Das lasse ich mir nicht zweimal sagen und schlüpfe in die angebotene Geborgenheit.
Ich bette meinen Kopf auf seinen Oberarm, während er mich behutsam an sich zieht und mir den Rücken auf und ab streicht. An seiner Brust lausche ich auf seinen gleichmäßigen Herzschlag. Es ist beruhigend. Seit Langem hatte ich nicht mehr das Gefühl von Geborgenheit. Er setzt mich nicht unter Druck, sondern ist einfach nur da.
„Hörst du das?", flüstert Tetsurou ruhig. Neugierig lausche ich in die Stille und ignoriere den Film, der immer noch läuft. Erst verstehe ich nicht, worauf er hinauswill, doch dann bemerke ich es. Das leise Zwitschern der Vögel. Oh Gott. Es muss wirklich spät sein. Oder früh. Wie man es sieht. Mit der freien Hand angelt mein bester Freund nach der Fernbedienung auf dem Nachtschrank. Wenig später wird das Zimmer in Dunkelheit getaucht, nur leicht erhellt von der Morgendämmerung.
„Mhmh. Wir müssen unbedingt schlafen. Heute war ein merkwürdiger Tag."
„Gestern war ein merkwürdiger Tag", verbessert er mich.
„Heute. Morgen ist es erst, wenn ich geschlafen habe."
Auch ohne ihn anzusehen, weiß ich, dass er grinst. Er drückt mich ein weiteres Mal an sich und ich genieße einfach nur die Sicherheit, die er mir mit dieser Geste schenkt.
„Gute Nacht, Hanabi." Mein angesetztes Gezeter lässt er mit einem Kuss auf meinen Scheitel verstummen.
Einmal mehr an diesem Abend lässt er mein Gesicht die unterschiedlichen Rottöne durchleben. Zufrieden und ruhig gestellt flüstere ich ihm ein „Schlaf gut, Tetsu" zu. Ein behagliches Seufzen ertönt aus seiner Kehle. Jetzt, in diesem Moment bin ich glücklich, noch mehr, weil ich weiß, dass der Moment vorüberziehen wird und morgen alles viel komplizierter sein wird, als jetzt.
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Kuroomanie (Kuroo x OC) | Haikyuu Fanfiction | Laufend
FanfictionTetsurou zieht mich an sich. „Du weißt, dass wir darüber reden müssen oder?" Muss er ausgerechnet jetzt auf Erwachsen machen? „Ja, aber nicht jetzt. Bitte nicht jetzt." „Ok." Schauer jagen meinen Rücken hinab. Er ist mir so nah. Seine Körperwärme ge...