VII. Konfrontation

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Ich studiere gerade die Mittags-Karte unserer Mensa, die Entscheidung fällt zwischen Unagi und Tonkatsu, als mich jemand von der Seite anrempelt.

„Hanabi! Weichst du mir aus?" Tetsurous goldene Iriden funkeln mich an. Er trägt die Trainingsjacke der Nekoma und fährt sich mit einer Hand lässig durch seine dunklen Haare.

Welcher Gott hat diese Perfektion in einem Körper erschaffen?

Schnaubend drehe ich mich von ihm weg und reihe mich in die Schlange vor mir ein.

„Wie oft willst du es denn hören? Immer noch Hana." Seine Frage ignoriere ich geflissentlich.

„Ok, Immer-noch-Hana." Er zuckt mit den Schultern. „Gehen wir heute zusammen nach Hause? Kozume hat heute länger Unterricht."

Sagt er mir gerade durch die Blume, dass das die perfekte Gelegenheit wäre miteinander zu sprechen? Eigentlich sollte ich mir das nicht entgehen lassen, aber das verängstigte Kind in mir schlägt und tritt wild um sich bei der Vorstellung über so etwas Triviales wie meine Gefühle sprechen zu müssen.

„Tanji und ich gehen heute zusammen in die Stadt."

Die Gute weiß zwar noch nichts von ihrem Glück, was aber noch nicht ist, kann ja noch werden.

„Morgen Abend?" Dieser Sturkopf. Kann er nicht einfach akzeptieren, dass ich auf ihn zukomme, sobald ich mich bereit dafür fühle?

„Wir schreiben am Freitag einen Test. Dementsprechend: Nein."

Schmollend zwickt er mich in die Seite, ein spitzbübischer Ausdruck untermalt diese kleine Geste. Sofort ist mein ganzer Körper in Alarmbereitschaft. Quietschend wirble ich zu ihm herum, ein kindisches Kichern unterdrückend und stemme die Hände in die Hüfte.

„Was ist denn mit dir?"

„Bitte, lass uns reden. Freitag? Nach dem Spiel?"

Seufzend streiche ich mir eine rosa Strähne meines Haares hinter das Ohr. Unter seinem Blick spüre ich die züngelnden Flammen, die mein Herz umschließen. Ich will bei ihm sein. Warum muss man dieser Empfindung einen Namen geben und es zerreden? Wichtig ist, dass es gut ist und das ist es.

Bevor ich ihm jedoch eine Antwort geben kann, vernehme ich die wahrscheinlich nervigste Stimme im ganzen Universum.

So schnell wandelt sich diese süße, warme Flamme in ein fauchendes Inferno.

„Tetsu Babe, da bist du! Ich hab' dich schon gesucht!" Nanabe stolziert auf uns zu, ihr Hüftschwung lässt sogar Shakira vor Neid erblassen. Sie wirft ihre blonden Haare über die Schulter. Ich bin froh, dass ich in der Schlange nach vorne geschoben werde und nicht mit ansehen muss, wie Nanabe meinem besten Freund ihre Zunge in den Hals schiebt. Das Geräusch, dass die Beiden erzeugen reicht vollkommen aus, um mir die Wut-Röte ins Gesicht zu zaubern. Am liebsten würde ich im Strahl kotzen, Scary Movie Style. Meine Fingerknöchel treten weißlich hervor, so fest umklammere ich meinen Geldbeutel.

„Ach, Hi, Hana! Schön dich zu sehen. Wie war dein Geburtstag?"

Der Druck meiner Kieferknochen verursacht mir Kopfschmerzen. Der Geschmack von Galle liegt auf meiner Zunge. Ich versuche die Tatsache beiseite zu schieben, wie sehr ich sie hasse und drehe mich gezwungen lächelnd zu ihr herum.

„Für dich immer noch Hanabi." Kompliment an mich selbst selten habe ich jemanden so schnell vor den Kopf gestoßen. Nanabes Mimik wechselt innerhalb weniger Augenblicke von Fake-freundlich, zu erstaunt, bis hin zu argwöhnisch. Tetsurou schnaubt kurz belustigt, ehe er sich eines Besseren besinnt.

„Kitty, magst du uns nicht einen Platz suchen? Am besten draußen?"

Nanabe fixiert mich weiterhin. Ihre perfekt gezupfte Braue wandert einige Etagen höher. Hinter ihrer Make-up-Fassade rattert es, ob sie etwas ahnt? Breit grinsend lasse ich sie stehen und nehme mir ein Tablett aus der Halterung. Die Kantinendame schaufelt mir mein Essen auf die Ablage. Schlussendlich ist es doch Unagi geworden.

Hinter der Kasse lehnt Tetsurou an der Wand. Alleine. Mit schief gelegtem Kopf beobachtet er mich. Ich steuere auf ihn zu, direkt vor ihm stoße ich ihn mit der Kante des grauen Servierbretts in die Brust.

„Grins' nicht so blöd."

Das funkelnde Gold wird größer, sein Atem bläst mir warm ins Gesicht. Ich rieche den typischen Duft seines Deos.

„Was war das denn?"

Ich ziehe die schönste Schnute die ich hinbekomme und sehe mit Unschuldsaugen zu ihm auf.

„Ich weiß nicht, was du meinst."

„Für dich immer noch Hanabi", äfft er mich nach. Ich sehe ihn an der Nasenspitze an, dass er sich das Grinsen unterdrückt und deshalb sein Mund eine gerade Linie bildet, so wirkt er beinah verbissen. Aber auch nur beinah.

Schmunzelnd zucke ich mit den Schultern. Ich bin froh, beiden Händen eine Beschäftigung gegeben zu haben. Der Drang ihm in das Grübchen unterhalb seiner Unterlippe zu piksen, dass durch diesen Ausdruck besonders gut zum Vorschein tritt, juckt in meinen Fingerspitzen.

Auch wenn Nanabes aufdringliche Art die Eifersucht in mir geschürt hat, ist es Tetsurous Art mit der Sache um zu gehen, die mich besser fühlen lässt. Er ist mir nicht böse, dass ich sie zurechtgewiesen habe. Im Gegenteil, er findet es amüsant. Der Nekoma-Kapitän merkt, dass ich sie nicht leiden kann. Ich muss kein Wort sagen, damit er mich versteht.

Tetsurou betrachtet die Packung Erdbeer-Pockys auf dem Tablett, ähnlich eines kleinen Kindes an einer Supermarkt-Kasse beginnt er zu strahlen.

„Sind die für mich?"

Obwohl wir uns häufig kleine Aufmerksamkeiten zukommen lassen, zieht ein rötlicher Schimmer über meine Wangen.

„Für wen soll es sonst sein?"

Entzückt angelt mein bester Freund nach der rosa Schachtel, öffnet sie und schiebt sich eines der Stäbchen zwischen die Zähne. Hinreißend, womit man ihn glücklich machen kann.

„Danke..." Er beugt sich noch etwas weiter über mein Essen und streicht mir eine verirrte Haarsträhne aus dem Gesicht. Seine Fingerspitzen streifen meine Schläfe. Ein wohliger Schauer jagt meinen Körper hinab, während mein Herz für einen kurzen Moment vergisst, was seine Aufgabe ist. So nah erkenne ich sogar die braunen Sprenkel in seinen Iriden.

Die Zeit gefriert in diesem Augenblick der Wärme und Zuneigung. Es ist still um uns herum. Alles was zählt, ist dieser besondere Mensch vor mir.

Plötzlich zuckt er, als ob er sich an mir verbrannt hätte. Unsicher räuspert er sich und holt mich in das Jetzt zurück. Mit einem Mal höre ich das Klirren von Besteck, das Quietschen von Schuh-Sohlen und die angeregten Gespräche um uns herum wieder.

„Freitag, nach dem Spiel, Filmabend bei mir. Keine Widerrede." Damit verabschiedet er sich.

Ich sehe seiner großen Gestalt hinterher, wie er in der Menge der einheitlichen Schuluniformen untertaucht.

Kuroomanie (Kuroo x OC) | Haikyuu Fanfiction | LaufendWo Geschichten leben. Entdecke jetzt