IX. Auseinandersetzung

437 40 24
                                    

Die benutzten Gläser klirren leise, als ich sie in die Spüle in der Küche abstelle. Die digitale Uhr der Mikrowelle zeigt mir, dass es kurz vor ein Uhr in der Nacht ist. Meine Eltern kommen erst morgen in der Früh, weshalb wir den Abend im Wohnzimmer, zockend, verbracht hatten.

Leise tapse ich durch den Flur. Durch einen Spalt flimmern die bunten Bilder des Fernsehers. Tanji liegt mit ihrem Kopf auf Kenmas Schulter, ihre Beine auf der Couch ausgestreckt. Im Schlaf brummt sie zufrieden. Wie... unschuldig. So brav und vor allem leise, wie jetzt habe ich sie lange nicht mehr erlebt. Kenma hingegen stützt sein Kinn auf seine Hand, ein Kissen auf seinem Schoß, die Stirn an die Wand gelehnt. Selbst in diesem Moment der Ruhe umgibt ihn eine distanzierte Aura, betrachtet man ihn jedoch genauer, sieht man, dass seine Mundwinkel etwas nach oben gezogen sind. Minimal. Für jemanden, der ihn nicht kennen würde, unsichtbar.

Ich ziehe den Kasten unterhalb des Sofas ein Stück weit heraus, angle nach dem flauschigen Stoff und lege die Decke über die Beiden. Kurz spiele ich mit dem Gedanken den Fernseher auszuschalten, lasse ihn dann jedoch einfach an. Die Gefahr, Tanji und Kozume durch die daraus resultierende Stille zu wecken ist größer, als dass sie durch die Schreie der Menschen aus dem Horrorfilm aufwachen. Insofern sie mit eben diesen auch einschlafen konnten.

Am Türrahmen werfe ich einen letzten Blick zurück. Sie sind wirklich süß zusammen. So süß, dass es förmlich nach einem Foto schreit.

Ich fische mein Handy aus der hinteren Hosentasche, das Display leuchtet mir hell entgegen. Automatisch kneife ich meine Augen zusammen, mindere die Bildschirmhelligkeit und tippe auf das kleine Kamerasymbol. Ein weiterer Tipper auf das Volume Zeichen und den Blitz. Was wäre ich für eine Stalkerin um so etwas Elementares zu vergessen?

Bei der nächsten Gelegenheit, indem der Fernseher ausreichend Licht spendet schieße ich das Bild. Tanji wird mich verfluchen, aber diese Erinnerung ist einfach Zucker für die Seele.

Als ich den Blick endlich von dem Foto lösen kann und mein Handy wegstecken möchte, vibriert es. Erstaunt über diese späte Störung starre ich auf die eingehende Nachricht, die mir auf dem Sperrbildschirm verkündet wird.

Tetsu
Noch wach?

Mein Herz lässt einen Schlag aus, ehe es, als wäre nichts geschehen, in seiner Tätigkeit fortfährt. Wieso ist er noch wach? Aber das ist nicht die Frage. Die Frage ist, bin ich noch wach? Was, wenn ich mit ‚Ja' antworten würde? Auf der anderen Seite, die Geduld bis morgen Früh mit einer Antwort zu warten besitze ich nicht. Ich ergebe mich meiner Neugier, meine Finger fliegen über die virtuelle Tastatur.

Ich
Jap.

Dumm. Anstatt zu fragen, ob alles in Ordnung ist oder warum er so spät noch schreibt, frühstücke ich ihn mit einem „Jap" ab. Tetsurous Status wechselt zu online. Er hat die Nachricht gelesen und verfasst bereits die Nächste.

Tetsu
Ich steh draußen. Kannst du kommen?

Mit gemischten Gefühlen starre ich auf seine Worte. Er ist so spät unterwegs, also muss es wichtig sein. Leise ziehe ich die Tür zum Wohnzimmer hinter mir zu und überlasse Tanji und Kozume ihrer Traumwelt. Unter der kleinen Lampe der Garderobe schlüpfe ich in meine Sneaker. Eine Antwort meinerseits an Tetsurou ist überflüssig. Anhand der eben eingeschalteten Außenlaterne weiß er, dass er mit meiner Anwesenheit rechnen kann. Mein Schlüsselbund klimpert in der Bauchtasche meines Hoodies. Sobald ich die Haustür aufziehe, drängt sich auch Kiba an mir vorbei und verschwindet in den Schatten der Nacht.

Am Pfeiler des Eingangstors lehnt Tetsurous große Gestalt. Nekoma prangt in plakativen Buchstaben auf seinem Rücken. Er trägt immer noch die Trainings-Jacke.

Kuroomanie (Kuroo x OC) | Haikyuu Fanfiction | LaufendWo Geschichten leben. Entdecke jetzt