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Marinette war schon fast aus der Cafeteria heraus, als sie plötzlich stehen blieb. Sie wusste nicht, was die dazu brachte, aber sie drehte sich noch einmal um und sah zurück zu dem Tisch, an dem sie eben noch gesessen hatte.
Adrien war verschwunden, aber Nino und Alya saßen immer noch eng ineinander verschlungen auf ihrem Stuhl.
Selbst aus dieser Entfernung war ihre Liebe und Zuneigung beinahe körperlich zu spüren. Von den beiden ging ein Strahlen aus, das den gesamten Raum erhellte.
Marinette musste schwer schlucken.
Was Adrien gerade getan hatte - dass er versucht hatte sie vor dieser verliebten, glücklichen Atmosphäre zu bewahren – war absolut unnötig gewesen.
Sie war nicht verlassen worden.
Ihr Herz war nicht gebrochen.
Sie hatte jemanden, der sie ebenso sehr liebte, wie Nino Alya.
Und trotzdem stieg nun ein unerwünschtes Gefühl in ihr nach oben.
Eine Mischung aus Neid, Sehnsucht und schmerzhaftem Verlust.
Sie wollte wegsehen – sich abwenden - doch sie konnte nicht.
Ihre Augen waren wie festgepinnt an der Szene in der Cafeteria.

Ein Gedanke kristallisierte sich aus dem unschönen Gefühlsgemisch heraus: Sie wollte es auch. Genau das.
Sie wollte genau wie Alya mit ihrem Freund in der Öffentlichkeit sitzen und jedem ganz offen zeigen können, dass ihr Herz jemandem gehörte.
Sie hatte es satt, all ihren Freunden etwas vormachen und vorlügen zu müssen.
Sie wollte keine geheime Beziehung führen.
Mit ihrer Zweit-Identität als Ladybug war ihr Leben schon kompliziert genug. Warum konnte dann nicht wenigstens ihre Beziehung einfach und unkompliziert und normal sein?

Sie war unheimlich glücklich mit Cat Noir und konnte sich nicht vorstellen, ihn wieder aufzugeben. Aber sie vermisste die Träume und Vorstellungen, die sie früher gehabt hatte.
Sie spürte, dass sich zwar ihre Gefühle verändert hatten, aber nicht ihre Wünsche.
Sie wollte keine Aufregung. Die Geheimniskrämerei hatte für sie keinen Reiz. Sie wollte das, was alle andern hatten.
Ein Partner, mit dem sie ihren Alltag bestreiten konnte – mit dem sie über ganz alltägliche Dinge lachen konnte.
Ein Partner, der ihr mitten in der Schulcafeteria etwas ins Ohr flüstern konnte – genau so, wie es Nino bei Alya tat.
Marinette wollte mit ihrem Glück und ihrem Lachen genauso ihr Umfeld erhellen, wie ihre Freundin gerade.

Sie spürte, wie ihr eine Träne die Wange hinab lief.
Im Stillen verfluchte sie Adrien für seine Anteilnahme. Wenn er sie nicht so direkt darauf hingewiesen hätte, wäre dieser verwirrende und ungebetene Wunsch nach Normalität in irgendeinem Winkel ihres Herzens geblieben und hätte sie nun nicht so gequält.
Doch jetzt hatte er sich in ihr materialisiert und würde so bald nicht wieder verschwinden.

Auf einmal schob sich ein breiter, muskulöser Oberkörper in ihr Sichtfeld.
Es war Adrien.
»Marinette.«, sagte er leise, »Tu dir das nicht an!«
Es war schon zu spät.
Sie spürte, wie ihr Unterkiefer zu Beben begann.
Freie Sicht auf Alya und Nino war gar nicht mehr nötig, damit sie vor sich sah, was sie wollte und nicht haben konnte.
»Ich werde das niemals haben.«, dachte sie, und der Schmerz ließ die nächste Träne aus ihrem Auge rollen.
»Doch! Das wirst du!«
Verwirrt hob Marinette den Blick von Adriens Brust hinauf zu seinem Gesicht.
Hatte er gerade ihren Gedanken gehört?
Oder hatte sie ihn aus Versehen ausgesprochen?
»Du wirst jemanden finden, der perfekt zu dir passt und der dich glücklich macht. Jemanden, der erkennt, was er in dir hat.«
»Sag so etwas nicht!«, fuhr sie ihn an und wischte sich mit einer energischen Handbewegung die Tränen von den Wangen.
»Nicht ausgerechnet du
Erschrocken von ihrer heftigen Reaktion erwiderte Adrien ihren Blick.
»Was?«, fragte er.
»Du bist doch an allem schuld!«
Marinette presste die Lippen aufeinander, um sicherzustellen, dass ihr der Rest ihrer Gedanken nicht auch noch herausrutschte.
»Du bist Schuld daran, dass ich dieses klare Bild von meiner Zukunft im Kopf habe.
Du bist Schuld daran, dass ich mir etwas wünsche, das ich mit Cat Noir nicht haben kann.«
Adriens Gesichtsausdruck wechselte von erschrocken zu ehrlich geschockt.
»Er hat meinetwegen mit dir Schluss gemacht?«
Marinette brauchte einige Sekunden, bis sie begriff, was seine Frage bedeutete. Dann vergrub sie das Gesicht in den Händen und schüttelte den Kopf.
Sie atmete ein paar Mal tief durch und versuchte, gegen das Gefühlschaos in ihrem Innern anzugehen.
Zum Glück fiel ihr schon nach wenigen Sekunde eine halbwegs plausible Erklärung ein.
»Nein, natürlich nicht.«, antwortete sie auf Adriens Frage. Sie hob den Kopf und sah ihn wieder an.
»Aber du bist schuld, dass ich mich jetzt so schrecklich fühle. Ich wollte nicht über Gestern reden oder darüber nachdenken. Ich wollte es einfach nur vergessen!
Aber du hast eine große Sache daraus gemacht und immer wieder damit angefangen!«
»Es tut mir leid! Ich wollte dir nur helfen.«
»Indem du mir irgendwelche Dinge versprichst, auf die du keinen Einfluss hast?
Woher willst du denn wissen, dass ich jemals so etwas haben werde, wie die beiden? Woher?«
»Weil ich dich kenne, und im Gegensatz zu diesem Idioten weiß, was ich an dir habe.«
Obwohl sie ihn gerade so aggressiv angegangen war, hatte er schon wieder diesen sanften Ausdruck auf dem Gesicht, der Marinette bereits am Morgen so fertiggemacht hatte.
»Menschen, die so viel Herz haben wie du - die so klug und außergewöhnlich sind, wie du - bleiben nicht allein, wenn sie es nicht wollen. Es gibt da draußen jede Menge Typen, die alles für ein Mädchen wie dich tun würden, Marinette.«
»Sag so etwas nicht.«
Diesen Satz hatte sie kurz zuvor schon einmal zu ihm gesagt. Diesmal jedoch klang ihre Stimme dabei leise und kraftlos.

Miraculous - Endlich vereint (FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt