Es war ein ungewöhnliches Gefühlsgemisch, das Marinette befiel, als sie von Adrien die Treppe im Schulfoyer hinabgeleitet wurde.
Einerseits war da ein schlechtes Gewissen.
Es fühlte sich völlig falsch an, ihm so nah zu sein.
Als würde sie Cat Noir damit betrügen.
Auf der anderen Seite wusste sie, dass es genau seinem Wunsch entsprach und sie keinen Grund hatte, sich deshalb schlecht zu fühlen.
Eine Annäherung hatte sie ihm sogar versprochen und auch wenn sie in diesem konkreten Fall nichts Bewusstes dafür getan hatte, konnte sie direkt ein wenig stolz auf sich sein.
Nicht nur war die Angespanntheit zwischen ihr und Adrien ausgeräumt. Er fuhr sie nun sogar nach Hause.
Und: Er war ihr so nah, wie schon lange nicht mehr.
Wenn das kein Erfolg war ...Etwa auf halber Höhe der Treppe fing Adrien wieder an zu sprechen.
»Da du ja jetzt keinen Zeitdruck mehr hast und wir sowieso die nächsten Minuten gemeinsam verbringen,«, interessiert hörte Marinette ihm zu, sie war ihm dankbar für diese willkommene Ablenkung, »haben wir ja doch noch die Möglichkeit, uns zu unterhalten.«, beendete er den Satz.
Augenblicklich zog Marinette ihre Dankbarkeit zurück.
Auf ein klärendes »Wie-das-jetzt-zwischen-uns-wird«-Gespräch hatte sie noch viel weniger Lust, als auf Schweigen.
Doch zu ihrer Erleichterung wollte Adrien auf etwas ganz anderes hinaus.
»Verrätst du mir, wofür du den Hausarrest bekommen hast?«
Neugierig sah er sie von der Seite an.
»Warum interessiert dich das?«, wich sie der Frage mit einer Gegenfrage aus.
»Naja, weder du noch deine Eltern wirken wie die typischen Kandidaten für Hausarrest.
Also sag schon: Was hast du angestellt?«
»Nichts Besonderes. Ich hab ihnen nur nicht gesagt, dass ich unterwegs war, während sie den ganzen Abend im Theater waren.«
»Und wo warst du?«
»Das«, sie hielt kurz inne, um ihn geheimnisvoll anzugrinsen, »werde ich dir vielleicht bei unserem zehnjährigen Klassentreffen verraten.
Erinnere mich ruhig daran.«
»Jetzt machst du mich noch neugieriger. Verrätst du es mir wirklich nicht?«
Sie schüttelte den Kopf.
»Du weißt aber schon, dass ich mir jetzt viel schockierendere Dinge vorstellen werde, als die Realität, oder?«
Marinette grinste nur vielsagend und dachte: »Diese Wette würdest du verlieren.«Als sie endlich draußen auf der Straße angekommen waren, kam Alya mit einem besorgten Gesichtsausdruck auf sie zugelaufen.
Sie hatte noch mit einigen ihrer Mitschüler auf dem Bürgersteig gestanden und sich unterhalten.
»Was ist passiert?«
Sie sah zwischen Adrien und ihrer besten Freundin hin und her.
»Adrien wollte mich die Treppe runterschubsen.«, antworte Marinette trocken.
Empört rief er aus: »Hey!«
Schon wieder – zum dritten Mal in den letzten zehn Minuten – musste Marinette grinsen.
Lag das tatsächlich nur an Adriens Gegenwart oder waren ihre Gefühlsrezeptoren bei all dem Chaos durchgebrannt?»Ich bin nur blöd gestürzt und habe mir den Knöchel verdreht.«, gab sie Alya schließlich eine ernst gemeinte Antwort.
»Und was hattest du damit zu tun?«
Alya sah Adrien an - etwas zu vorwurfsvoll für den Anlass.
»Er hat nur angeboten, mich nach Hause zu fahren. Damit ich nicht zu spät komme.«
»Naja, genau genommen hatte ich auch eine Mitschuld daran, dass du gestürzt bist.«
Marinette wollte ihn noch mit einem Blick davon abhalten, doch es war schon zu spät.
Er hatte es ausgesprochen.
Alyas Augen verengten sich und sie musterte ihn mit unverhohlener Feindseligkeit.
»Und da glaubst du, dass ich dich alleine mit ihr in ein Auto steigen lasse? Nachdem du ihren Knöchel zertrümmert hast?«
Sie wirkte plötzlich wie eine wilde Löwenmama, die ihr Kind verteidigte.
Marinette bekam direkt Mitleid mit Adrien.
Alyas Ablehnung gegen ihn war nicht ganz unbegründet - erst recht nach den neuen Informationen, die Marinette ihr heute zu diesem Thema mitgeteilt hatte. Trotzdem hatte Adrien das nicht verdient.
Ja, er war nicht unbedingt auf die sensibelste und anständigste Art mit Marinette umgegangen, aber direkt falsch gemacht, hatte er auch nie etwas. Und heute erst recht nicht.»Schon gut, Alya.«
Sie lächelte ihre Freundin besänftigend an.
»Wenn er mich nicht fährt, komme ich zu spät nach Hause. Und dann werden meine Eltern den Hausarrest bis in den Sommer verlängern.«
Sie wollte sich wieder in Bewegung setzen, doch Adrien rührte sich nicht und lehnte sich stattdessen zu Alya hinüber – als wäre sie ihn nicht eben erst so unhöflich angegangen.
»Diesen Hausarrest ...«, sagte er, »Wofür hat Marinette den noch mal bekommen?«
Trotz ihres schmerzenden Knöchels packte Marinette ihn am Arm und zog ihn in Richtung Auto davon.
»Netter Versuch!«, sagte sie.
Dann warf sie Alya über die Schulter noch ein Lächeln zu und sagte ihr per Handgeste, dass sie sie später anrufen würde.
Als sie endlich im Inneren des Wagens angekommen war, atmete sie erleichtert auf.
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Miraculous - Endlich vereint (FF)
Fanfiction{abgeschlossen} ***TEIL 2*** (Fortsetzung zu »Miraculous - Endlich Neuanfang«) Wenn zwei Menschen endlich zueinandergefunden haben, kann sie nichts mehr aufhalten. Oder doch? Wie kann man eine Beziehung führen, wenn man die Identität des andern nich...