Als Marinette die Damentoilette verließ, muste sie nur Adriens Gesicht in der Menge sehen und schon ging es ihr besser.
Er stand an die Wand gelehnt in der Nähe des Ausgangs und sah ihr entgegen. Sein Mund war zu einem zarten Lächeln verzogen.
Marinette ging mit langsamen Schritten auf ihn zu.
Die Leute um sie herum, all die ausgelassenen Gäste der Modenschau, nahm sie kaum noch wahr.
Stattdessen wurde sie von grünen Augen durch den Raum gezogen.
Und dann dieses Lächeln ...Auf einmal zuckte etwas durch Marinettes Gedanken. Ein Bild.
Oder besser: Ein Gefühl.
Die Erinnerung an den Abend im »Marcos«; an den unverwandelten Cat Noir.
Grüne Augen, sanft lächelnde Lippen – und eine schwarze Maske.
Marinette strauchelte und der Blickkontakt mit Adrien brach ab.
Sie schaffte es gerade noch zu verhindern, dass sie stürzte, indem sie sich an einem der Stehtische festhielt.
Als sie einen Moment später den Kopf hob und wieder zu Adrien sah, hatte er sich von der Wand abgestoßen und kam auf sie zu.
Sie blieb einfach stehen und wartete, bis er bei ihr war.
»Ist alles in Ordnung?«, fragte er mit leichter Besorgnis in der Stimme und legte ihr die Hand auf den Arm.
Marinette antwortete nicht sofort, sondern sah ihm stumm ins Gesicht.
Sein unmaskiertes Gesicht.
Mit ihren Augen fuhr sie seine Augenbrauen entlang, über seine Schläfen, bis zu seinen ebenmäßigen Wangenknochen.
Beinahe hätte sie sogar die Hand gehoben und ihm über die Wange gestrichen.
Sie konnte sich gerade noch zurückhalten.
Das Fehlen einer Maske bedeutete viel mehr, als nur freie Sicht auf jeden Zentimeter von Adriens Gesicht.
Es bedeutete Offenheit.
Keine Geheimnisse. Keine Lügen. Keine Versteckspiele.
Wenn sie Adrien ansah, hatte sie all das vor sich, was Cat Noir ihr nicht geben konnte.
Die Frage war nur: Konnte Adrien ihr auch die Dinge geben, die Cat Noir ihr gegeben hatte - dieses Gefühl von Geborgenheit, wildes Herzklopfen, schier grenzenloses Glück und Freude, und noch so viel mehr?
Das musste sie nun herausfinden.
Und dabei durfte sie weder zögerlich noch ängstlich sein.Sie lehnte sich noch weiter zu Adrien hinüber und sagte: »Ich brauche nur ein bisschen frische Luft.«
Er nickte und legte den Arm um ihre Schulter.
Dann bahnte er ihnen einen Weg bis zum Ausgang.
Auf der Straße half er ihr in ihre Jacke und griff nach ihrer Hand.
Marinette blieb noch kurz stehen und holte tief Luft.
»Ich habe gesehen, dass Bernadette kurz vor dir aus der Toilette gekommen ist. Ihr habt euch nicht zufällig unterhalten, oder?«
Marinette sah ihn an und verzog den Mund zu einem Lächeln.
»Und wenn?«
»Dann würde ich dich jetzt für sie um Entschuldigung bitten.«
»Dafür gibt es keinen Grund.«, erwiderte Marinette und sie setzten sich langsam in Bewegung.
»Sie war sehr nett.«
»Also hat sie dich keinem anstrengenden Verhör unterzogen?«
»Wieso Verhör? Ich bin kaum zu Wort gekommen, so viel hat sie geredet!«
»Mhm.«, war alles, was Adrien daraufhin von sich gab.
Marinette warf ihm einen prüfenden Seitenblick zu.
»Warum dachtest du, sie würde mich verhören?«
»Naja, sie kann ziemlich beschützerisch sein, wenn es um Menschen geht, die ihr am Herzen liegen.
Ich dachte nur, nachdem sie uns beide zusammen gesehen hat, hat sie dich vielleicht auf die Probe gestellt.«
»Eher das Gegenteil war der Fall. Sie hat gesagt, dass sie sich sehr darüber gefreut hat, mich an deiner Seite zu sehen.
Vor allem wegen deines – ich zitiere – Strahlens.«
Marinette biss sich auf die Unterlippe.
Und sie konnte nicht widerstehen, nach diesem Worten neugierig zu Adrien hinüber zu sehen.
Im Licht der Straßenlaternen war sie sich nicht ganz sicher, doch sie glaubte, einen Hauch von Rosa auf seinen Wangen zu erkennen.
»Das hat sie also gesagt, ja?«, fragte er.
»Unter anderem.«
»Und was hat sie sonst noch so gesagt?«
»Zum Beispiel, dass du am Ende von Titanic geheult hast.«
Adrien blieb stehen, um sie anzusehen.
Er hatte die Augenbrauen zusammengezogen, sah aber nicht ernsthaft verärgert aus.
»Hey, nur um das klarzustellen: Ich war da höchstens elf.
Und ich habe geheult, weil ich gerade gesehen hatte, wie Hunderte Menschen auf tragische und grausame Weise bei einem Schiffsunglück gestorben sind!«
Wieder musste Marinette sich auf die Unterlippe beißen.
»Na wenn du das sagst ...«
Er seufzte theatralisch auf.
»Ich seh schon: Ihr habt euch gegen mich verbündet!«
Marinette lachte.
Ohne groß darüber nachzudenken, umschlang sie seinen Arm und drückte sich an ihn.
»Wenn du dir Mühe gibst, kannst du mich ja vielleicht zu einer Doppelagentin umdrehen.«, bot sie an und sah mit einem verführerischen Lächeln zu ihm auf.
Sie bemerkte erst, wie sehr sie gerade mit ihm flirtete, als er ihren Blick auf die gleiche, eindringliche Art erwiderte.
»Und was genau müsste ich dafür tun?«, fragte er mit gesenkter Stimme.
Marinette wurde heiß.
Sie ließ seinen Arm los und machte rückwärts einige Schritte von ihm weg.
»Du könntest damit anfangen, mir zu verraten, warum du als Elfjähriger mit jemandem wie Bernadette tragische Liebesfilme angeschaut hast.«
»Ich verrate es dir, wenn du mir im Gegenzug sagst, wofür du den Hausarrest bekommen hast.«
Adriens herausfordernder Blick ließ Marinettes Körpertemperatur nur weiter in die Höhe schießen.
Wildes Herzklopfen?
Er war auf dem besten Weg dorthin.
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Miraculous - Endlich vereint (FF)
Fanfiction{abgeschlossen} ***TEIL 2*** (Fortsetzung zu »Miraculous - Endlich Neuanfang«) Wenn zwei Menschen endlich zueinandergefunden haben, kann sie nichts mehr aufhalten. Oder doch? Wie kann man eine Beziehung führen, wenn man die Identität des andern nich...