45. Ein Moment Ruhe

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45. EIN MOMENT RUHE

Emily zitterte am ganzen Körper. Dabei war ihr eigentlich gar nicht kalt, vielmehr war ihr unglaublich warm, als ob das Feuer in ihr weiter loderte. Die Funken tanzten durch ihre Adern und setzten Emily unter Strom. Ihr Herz schlug ihr bis zum Halse. Langsam und bedächtig nahm sie einen tiefen Atemzug nach dem anderen.

Sie konnte nicht beschreiben was sie da gerade fühlte. Da war eine bodenlose Erleichterung in ihr, aber sie wusste, dass der Kampf in ihr - gegen sie - noch lange nicht vorbei war. Da waren immer noch eine Million Stücke in ihr, die wieder zusammengesetzt werden mussten, sie war immer noch Chaos.

Aber gleichzeitig musste Emily lächeln: dieses Mal hatte sie es geschafft. Greyback lag vor ihr auf dem Boden. Ja, dieses eine Mal hatte sie triumphiert. Auch wenn Emily in diesem Moment wenig Triumphgefühl verspürte. Dennoch war es seltsam befriedigend den Werwolf gegen die Wand geschleudert zu haben. Zu sehen, wie der massige Körper durch die Luft flog. Das Knacken, als Greybacks Kopf gegen die Mauer krachte.

"Bist du okay, Emily?"

Braun gebrannte Arme schlangen sich um Emily und zogen sie in eine feste Umarmung. Inga.

"Passt schon", murmelte Emily und erwiderte die Umarmung ihrer besten Freundin. Lieber schob sie die blutrünstigen Gedanken bei Seite.

Inga hielt Emily ein Stück von sich weg und betrachtete Emily ganz genau. "Wirklich? Ich wollte dir helfen, aber Amycus ist leider nicht ganz so doof, wie er aussieht. Ich kam nicht weg und da hatte dich Greyback schon entdeckt-" In ihren blauen Augen stand der Terror geschrieben, eine Emotion, die so gar nicht zu Inga passte, so wenig, dass es Emilys Herz zusammenzog. "Wenigstens hast du dieses Mal nicht rumgefackelt-" Ingas Stimme brach.

Emily verzog den Mund schief, vielleicht war es ein Lächeln, auch wenn sie sich nicht danach fühlte. "Kein Feuer in geschlossenen Räumen."

"Ich hab dich wirklich vermisst, Emily." Inga zog Emily zurück in eine Umarmung. "Und nächstes Mal gebe ich dir Rückendeckung, wenn du wieder beschließt es mit einem Werwolf aufzunehmen."

Die unerschütterliche Loyalität einer Hufflepuff. Ein echtes Lächeln erschien auf Emilys Lippen, auch wenn sie sich nur allzu schmerzhaft bewusst war, dass sie sich bald einem Wolf stellen musste. Aber es war einfacher Inga glauben zu lassen, dass es nur um Greyback ging.

"Die Carrows sind bereits geflohen", berichtete Inga, "dafür ist McGongall da." Inga seufzte. "Wenn ich groß bin, will ich auch mal so sein wie sie."

Emily realisierte nur langsam, dass die Begegnung mit Greyback vielleicht nur Momente und Minuten gedauert hatte, obwohl es ihr ewig vorgekommen war. Sophia und Remus duellierten sich immer noch mit Rowle und Dolohov, während Sirius, McGonagall und Yuna immer noch Jugson und Gibbon auf Trab hielten. Trotz ihres Alter war McGonagall eine Hexe, die man definitiv nicht unterschätzen sollte. Sie stand ihren ehemaligen Schülern kaum nach.

Ginny war nirgends zu sehen, aber Emily erinnerte sich schemenhaft daran, dass sie Harry gefolgt war. Dafür knieten Ron, Charlie und Ari im Schatten der Treppe und kümmerten sich um Bill und Neville.

"Greyback hat Bill angegriffen", sagte Emily plötzlich.

Inga nickte nur. "Sirje wird sich um ihn kümmern, da bin ich mir sicher. Aber ich hab gesehen, dass er sich bewegt hat. Also alles gut."

Nein, es war nicht alles gut, wollte Emily schreien, doch sie schluckte die Worte lieber hinunter. Während sie vielleicht eine Schlacht gegen Greyback gewonnen hatte, so hatte er dennoch in dieser Nacht ein weiteres Opfer gefunden.

Anathema - III -  Harry Potter FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt