All die einsamen Leute

XX

Der nächste Morgen trat heran. Gegen halb sechs in der Früh erwachte Eleanor plötzlich aus einem etwas merkwürdigen Traum. Im Gegensatz zu den meisten Träumen, die sie hatte, war es mal kein Albtraum gewesen, aber als einen schönen Traum, hätte sie ihn wohl auch nicht bezeichnet. Er war verwirrend gewesen; so verwirrend, dass sich die junge Frau bald nicht mehr an irgendwelche Details erinnern konnte.

Leicht verschlafen und doch ziemlich wach lag sie nun einen Moment im Bett herum. Sie drehte sich auf ihre Seite und erblickte Natasha. Die rothaarige Schönheit schien friedlich zu schlafen. Weil Eleanor nicht das Gefühl hatte, wieder einschlafen zu können und zu wollen - denn manchmal will man ja nicht wieder in seine Träume zurück - machte sie es sich einfach auf ihrem Kissen gemütlich und sah ihre Freundin an. Sie hatte nicht das Gefühl, sie zu verdienen. Natasha war alles, was sie sich je hätte träumen können in einer Person vereint. Ein kleines aber ehrliches Lächeln zeichnete sich auf Ellies Lippen ab. Sie hatte schon manchmal ein ziemliches Glück im Leben, dachte sie so vor sich hin.

"Hab ich was im Gesicht oder warum starrst du so?", ertönte da die raue Morgenstimme von Nat, die ohne ihre Augen zu öffnen bemerkt haben musste, dass sie beobachtet wurde.

"Ich- wie hast- Tut mir Leid", entschuldigte sich Eleanor verwirrt, wobei sie anfangs einmal ordentlich gezuckt hatte - wer erwartet schon, von jemandem angesprochen zu werden, der schläft? "Ich wollte dich nicht stören", fügte sie noch hinzu, aber Natasha winkte ab, weiterhin ohne die Augen zu öffnen.

"Ist schon gut, Hase. Ich wollte dich auch nicht erschrecken. Ist eine alte Angewohnheit; ich merke, wenn mich jemand beobachtet, sogar im Schlaf. Komm her, Baby", erklärte die ehemalige Doppelspionin und öffnete am Ende ihre Decke und somit ihre Arme. Ellie schlüpfte sofort hinein und schmiegte sich an Nat. Sie legte ihren Kopf auf deren Brust am und schlug einen Arm um sie. Nat hingegen hatte einen Arm unter Ellies Hals und den andere auf ihr. Mit dem unteren Arm, kraulte sie die 21-Jährige am Hinterkopf und fuhr ihr in den Haaren herum.

Tatsächlich, und damit hatte sie wirklich nicht gerechnet, schlief Ellie noch einmal ein. Irgendwann, sie selbst wusste es nicht, aber es war so gegen dreiviertel acht, spürte Eleanor etwas an ihrem Hals. Sie rümpfte die Nase und legte ihren Kopf in den Nacken, weil sie manchmal ihre Haare störten und sie so das Gefühl dieser an ihrem Hals loswürde, aber es waren nicht ihre Haare. Das Gefühl hatte kurz aufgehört, aber nun kehrte es zurück. Je mehr Ellie aus ihrem Tiefschlaf in eine Halbschlaf-Wachphase geholt wurde, desto mehr realisierte sie, was passierte und woher das Gefühl kam.

Es war Natasha und sie küsste Ellie. Diese legte den Kopf in den Nacken und stöhnte schwach auf in einer Art, die auch einem Geräusch zugeordnet werden könnte, welches Menschen von sich geben, wenn sie sich strecken nachdem sie wach werden. Nat grinste und lachte leise in ihre Aktion hinein. Die Brünette vergrub ihre Hände in den Haaren der 26-Jährigen, aber diese hatte eigentlich nicht den ultimativen Plan geschmiedet weiterzumachen, sondern nahm das hübsche Gesicht vom Hals ihrer Freundin, auf dem nun übrigens ein kleiner Fleck zu sehen war, und blickte sie von ob herab an.

"Na, wie haben wir geschlafen, Miss Ich-starre-gern-schlafende-Leute-an?", lächelte Natasha.

"Du sahst einfach so friedlich aus, ich wollte dich wirklich nicht belästigen oder so", verteidigte sich Ellie und zog dabei besorgt die Augenbrauen zusammen.

"Ach, weißt du? Von dir lass ich mich gern belästigen", grinste Nat, zufrieden mit ihrem harmlosem Witz, aber dann realisiert, wie Eleanor auf das Thema Belästigungen zu sprechen war und entschuldigte sich knapp und vorsichtig.

Ellies Blick war etwas abgewandt. Natasha gab ihr einen flüchtigen Kuss auf die Lippen und als ihre Blicke wieder ineinander verflossen, fragte sie: "Du willst nicht zufällig einen von Tony teuren Privatfliegern in Besitz nehmen und damit rüber nach Europa fliegen, wir müssen ja nicht einmal direkt nach England. Wir könnten es auch zum Ziel eines Europa Trips machen. Vielleicht erst Mallorca, das soll in der Nebensaison sehr schön sein, dann Paris oder Berlin oder vielleicht irgendwas in den Bergen und dann England?"