II

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„Wer war das denn vorhin?", fragte John ein wenig verwirrt, während Eleanor und er durch die Straßen zu ihrer Lieblingsbar zogen.
„Nur eine interessierte Kundin. Ich hab ihr von meinem Lieblingsbuch erzählt und kam dann aber nicht besonders weit und dann hat sie das aber scheinbar interessiert und jetzt hab ich ihre-"
„Ja ja, wie auch immer", unterbrach John sie. „Willst du später vielleicht ins Kino? Ich glaub da läuft Batman", stellte er fest.
„Eigentlich wäre ich lieber früh zuhause. Ich bin müde und würde gern mal wieder früh ins Bett gehen", gab seine Begleiterin ehrlich zu, doch diese Antwort schien ihn nicht wirklich zu befriedigen.

Als die Beiden nach einer kleinen Diskussion, in der er sich beschwerte, dass sie kaum noch etwas zusammen taten, und ihr größtenteils die Worte fehlten, an der Bar ankamen, fing er an, über seinen Tag zu reden und ließ sie kaum zu Wort kommen. Einmal fragte er sie etwas, unterbrach sie dann allerdings mitten in ihrer Antwort, weil er sich über das Footballspiel aufregte, welches auf den Fernseher übertragen wurde, der in der Bar hin.

Der Abend verging schleppend langsam und obwohl es Sommer war, wurde es langsam dunkel.
Eleanor wollte langsam aufbrechen, doch John hielt sie immer wieder auf und bestellte hier und da noch einen Drink.
Als sie ihn endlich überredet hatte, zu gehen, war er schon ziemlich angetrunken und sie musste ihn stützen. Eigentlich wohnten die Beiden nicht zusammen, aber weil seine und ihre Wohnungen in gänzlich verschiedene Richtungen lagen und sie nicht erst zu ihm und dann zu ihr fahren wollte, beschloss sie, ihn nach Hause zu bringen und dann einfach die Nacht bei ihm zu bleiben.

Nach einer viel zu langen U-Bahn Fahrt, waren sie in seinem Viertel der Stadt angekommen und obwohl es ihr mittlerweile auf den Senkel ging, dass er ihr dauernd an die Wäsche wollte, brachte sie ihn zu seiner Wohnung.
Vor der Tür fragt sie ihn, wo er seine Schlüssel habe, worauf er nur dreckig grinste und nach unten sah.
Als sie all seine Taschen durchsucht hatte, verstand was er meinte.
Sie griff in seine Vordere Hosentasche, woraufhin er leicht aufstöhnte und seine Freundin dann gegen die Tür drückte und sie fordernd küsste. Weil er ziemlich dicht war und sie ihm auch so schon in letzter Zeit eher abgetan war, weil die Beziehung der Beiden sich deutlich verändert hätte, versuchte sie sich ihm zu entziehen. Das war allerdings nicht so einfach, weil er ein gutes Stück größer war und sich mit vollem Gewicht gegen sie lehnte.

Nicht lang dauerte es, bis er aufdringlicher wurde und anfing, sie anzufassen. Dann war es genug.
Sie hatte mittlerweile die Tür aufgeschlossen und öffnete diese, was das Gleichgewicht der Beiden so aus dem Rahmen brach, dass sie über die Türschwelle stolperten und er sich von ihr lösen musste, um nicht zu fallen. Bevor er sie wieder zu sich ziehen konnte, hatte Eleanor ihn zum Fahrstuhl geschoben, Johnathan darin positioniert, ihm seine Schlüssel in die Hand gedrückt und seine Etage gedrückt.

„Bleibst du nicht hier?", fragte er, als ihm auffiel, dass sie nicht im Fahrstuhl stand, sondern davor wartete. „Du warst schon ein Weilchen nicht mehr über Nacht da", fügte er nuschelnd hinzu und zwinkerte dabei.
„Nein, tut mir Leid. Und wenn ich ehrlich bin, sollten wir uns vielleicht sowieso eine Pause gönnen", erklärte sie ihm.

„Machst du grade mit mir Schluss?!", fragte er sichtlich aufgebracht.
„Ganz so hätte ich es jetzt nicht betrachtet, aber ich befürchte, etwa das ist der Punkt", gab sie zurück, etwas vorsichtiger, weil es nicht das erste Mal wäre, dass er handgreiflich geworden wäre.

Nicht, dass er sie verprügeln würde oder dergleichen, aber einmal hatte Eleanor ihn gefragt, ob John ihr fremdginge, weil sie mitbekommen hatte, dass er sehr anzüglich mit einer anderen Frau geschrieben hatte. Anstatt verletzt zu reagieren, hatte er ihr eine Backpfeife verpasst und dann gesagt, dass er enttäuscht wäre, von ihr eine solche Unterstellung zu hören.

„Wir haben uns einfach ein gutes Stück auseinander gelebt. Wenn du möchtest, können wir darüber reden, aber erst wenn du wieder vollkommen nüchtern bist", erklärte sie auf seinen fragenden Blick hin.
„Du machst wirklich mit mir Schluss?", lallte er wiederholt, diesmal aber ungläubiger und mit einem ärgerlichen Unterton.
„Du kleines Miststück", zischte er noch und während der Fahrstuhl seine Türen schloss brachte sie noch hervor: „Das ist der Alkohol, der aus dir spricht. Bitte lass uns darüber reden, wenn du wieder nüchtern bist."

Obwohl es für Eleanor weitere 30 Minuten Fahrtzeit bedeutete, machte sie sich auf den Heimweg. Sie hätte es nicht bei ihm ausgehalten, aber das war nicht so schlimm. 10 Minuten extra Fußweg, erlaubten es ihr, eine Straßenbahn direkt zu ihrer Wohnung zu nehmen. In der Bahn angekommen, starrte die 21-jährige aus dem Fenster und dachte über ihren Freund - der jetzt offenbar ihr Ex-Freund war - nach. Eigentlich hatte sie nicht vorgehabt, mit ihm Schluss zu machen, aber als er das so offen sagte, wurde ihr klar, dass es das war, was sie wollte.

Ursprünglich war er anders gewesen als jetzt. Als sie zusammen kamen, war John ein wahrer Gentleman gewesen. Er hatte ihr stundenlang zuhören können und sich danach so geäußert, dass Eleanor das Gefühl hatte, er hätte es gern getan.
Weiterhin war er vermögend und hatte sie immer in schicke Restaurants und auf spannende Wochenendreisen ausgeführt.

Irgendwann hatte sich dass verändert. Es wurde eine seiner Lieblingsgewohnheiten, sie am laufenden Band zu unterbrechen, viel zu trinken und mehr über sie, als mit Eleanor zu entscheiden.
Anfangs hatte sie ihm das nichtmal übel genommen, aber nun war es ihr zu viel geworden.

Eleanor stieg aus der Straßenbahn aus, lief ein paar Minuten und kam dann an ihrer Wohnung an.
Müde fiel sie in ihr Bett. Bevor sie jedoch einschlief, wurde ihr bewusst, dass sie in den letzten Wochen mehr Johnathans Anhängsel war, als dass sie noch irgendwo viel zu sagen gehabt hätte.
„Ihre Lieblingsbar" war eigentlich seine Lieblingsbar. Die Beiden waren viel im Kino gewesen, obwohl Eleanor eigentlich lieber zuhause blieb und einen Film sah. Sie ging an sich gern ins Kino, aber da er sowieso immer den Film aussuchte, konnte sie sich zuhause besser doch noch für etwas anderes entscheiden oder Ausreden finden, warum sie gerade diesen Film nicht sehen wollte.

Langsam aber sicher fielen ihre Augen zu, währen draußen die Laternen schon wieder ausgingen.

All die einsamen LeuteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt