XXXV

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Mit ihrem Kopf auf die Hand gestützt, lag Natasha seitlich und mit nicht mehr als einem Laken um den nackten Körper gewickelt auf ihrem Bett und sah Eleanor aus müde verträumten Augen an. Der zarte, blasse Körper hatte sich in Rückenlage positioniert und hob und senkte seinen Brustkorb in langen, regelmäßigen Abständen; die Augen geschlossen und die kastanienbraunen Harre in wilden Locken auf dem Kopfkissen verteilt.
Natasha konnte nirgendwo anders hinsehen.
Es war, als würde die helle Haut, die nur sehr teilweise vom Laken bedeckt war, ihren Blick auf sich ziehen und das nicht einmal mit erotischen Absichten. Der langsam atmende Körper hatte im sanften Licht der morgendlichen Sonne etwas so sinnlich ästhetisch elegantes, dass Natasha ihre Augen einfach nicht davon nehmen konnte.
Für sie gab es in diesem Moment nichts Schöneres auf und außerhalb der Erde und sie wäre nirgendwo lieber gewesen als genau dort in ihrem Bett nur wenige Zentimeter von Eleanor entfernt. Sie spürte ihren Atem, wenn ihr Brustkorb sich senkte und sie konnte das Gewicht auf der Matratze neben sich wahrnehmen.
Irgendwann, Zeit war nur noch ein Konstrukt und in diesem Zimmer in diesem Moment nichts relevantes mehr, fing Eleanor an, sich leicht zu bewegen. Sie streckte ihre Beine durch und rollte ihre Füße, sodass ihre Knöchel leise knackten. Währenddessen winkelte sie ihre Arme, zog die Schultern zurück und gähnte mit einem leisen Geräusch. Dann drehte sie sich auf die Seite und rollte sich in Natashas Arme, wobei das Laken bis mittig auf ihre Hüfte runterrutschte.
Eine Weile lagen die Beiden so, beide nur halb wach, beide nur halb bedeckt, in einander verschlungen.

„Nat?", fragte die Brünette irgendwann mit morgendlich rauer Stimme in die Stille hinein, ihr Ton in einer Art und Weise als wäre sie sich nicht sicher ob Natasha wirklich wach und mehr als nur körperlich anwesend.
Die Angesprochene summte als Zeichen der Aufmerksamkeit.
„Du trägst die Kette immer noch", stellte sie neutral fest und spielte dabei mit dem blutroten Stein, der um Natashas Hals hing und den sie ihr geschenkt hatte.
Wieder summte die Rothaarige, diesmal eher aus Zustimmung.
„Warum?", wollte Ellie wissen. „Nach allem, was ich getan hab", fügte sie leise nuschelnd hinzu.

„Weil ich immer gehofft hatte, dass Du zurückkommst. Weil das alles war, was ich mir gewünscht habe. Ich glaub nicht an sowas, aber ich hab mir mit jeder einzelnen meiner Wimpern gewünscht, dass Du eines Tages wieder durch die Tür spaziert kommst mit deinem Lächeln und deinen Locken. Aber irgendwann ging die hoffnungsvolle Trauer in verbitterter Wut über und ich wusste nicht wohin mit meinen Gefühlen. Deswegen hat mich deine plötzliche Ankunft so maßlos überfordert."
Natashas Ton floss wie eine Predigt, als hätte sie schon hundertmal über die Antwort auf eine solche Frage nachgedacht und doch pausierte sie immer zwischendurch immer mal kurz, als wäre sie sich nicht sicher, ob sie all das meinte, was sie sagte.

„Und nach all dem...", Eleanor zögerte, „würdest Du es nochmal mit mir versuchen?"
Die Frage klang weniger vergewissernd und mehr als wüsste sie wirklich nicht, was die Antwort bereithalten würde.

„Nach allem, was letzte Nacht passiert ist, wäre ich ein Idiot, Dich gehen zu lassen", schmunzelte Natasha. Ellie konnte das Gesicht ihrer Freundin nicht sehen, aber das Grinsen definierte ihre Stimmlage so intensiv, dass es nicht zu überhören war.

Einen Moment lang kehrte wieder Ruhe ein und sie lagen einfach eng bei einander, aber irgendwann musste Ellie ins Badezimmer. Kurz nachdem sie im Nebenraum verschwunden war, steckte sie noch einmal den Kopf durch die Tür und lächelte unsicher.
„Willst Du mit Duschen kommen", bot sie schelmisch an.
Nur einen kurzen Augenblick später war Natasha direkt hinter ihr auf dem Weg in die Dusche und so ging der Morgen weiter, wie der Abend aufgehört hatte.

Als bei sich ein Weilchen später in Natashas Kleidung warfen, pausierte die 27-Jährige einen Moment, um ihre Freundin zu betrachten. In nicht viel mehr als kurzen Hosen und einem Handtuch über der Schulter, um die nassen Haare zu trocknen, stand sie wie versteinert und mit ihrem Oberteil in einer Hand da.

All die einsamen LeuteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt