All die einsamen Leute

XXI

Eleanor öffnete die Augen. Ein halb wacher Blick auf Natashas Armbanduhr verriet ihr, dass es halb 10 war. Sie legte die Uhr wieder auf den Nachttisch auf Natashas Seite des Bettes zurück und blieb einen Moment über ihr gebeugt stehen; je einen Arm auf beiden Seiten abgestützt. Ellie machte einen halben Liegestütz und platzierte einen kleinen Kuss auf Nats Wange. Mit einem zufriedenen Lächeln ließ sie sich neben Nat nieder und schmiegte sich an sie heran, bevor sie beschloss, duschen zu gehen.

Die weißen Decken lagen überall auf dem weichen Bett verteilt und Natasha lag schlafend mittendrin, nur halb bedeckt. Ellie kam gerade, noch nicht ganz trocken, nur mit einem Handtuch bekleidet aus dem Badezimmer.

"Das solltest du nicht draußen so anziehen. Das gibt einem Einblicke, die ich mir gern allein vorbehalten wollen würde", nuschelte Natasha schlaftrunken, während Eleanor gerade etwas zum Anziehen aus dem Koffer suchte. Auf die unerwartete Aussage hin schnellte diese hoch und blickte in Richtung des Bettes, wobei sie sich so ruckartig bewegte, dass ihr Handtuch komplett fiel.

"Oh, okay, das solltest du draußen auch nicht anziehen", fügte die Russin mit einem Lächeln hinzu.

"Wirklich? Ich wollte das eigentlich mit meinen Converse kombinieren", brachte Ellie sarkastisch hervor, während sie hastig ihr Handtuch aufhob und vor sich hielt.

Natasha schälte sich aus den Laken hervor, streckte sich kurz und tapste dann zu ihrer Freundin herüber.

"Hey, was machst du da?", zuckte diese zurück, als Nat versuchte, ihr das Handtuch abzunehmen.

"Baby, alles ist gut", erklärte Natasha mit einem tiefen Blick in Ellies Augen, wobei sie augenblicklich das Handtuch losließ, um nichts zu erzwingen. Sie fuhr fort: "Ich will mir deine Rippen ansehen. Außerdem waren wir schon zusammen duschen, du erinnerst dich? Und du musst dir wirklich keine Gedanken machen, du bist wunderschön, okay?"

Etwas verlegen starrte Eleanor auf ihre nackten Füße und lief rosa-rot an, während sie unsicher lächelte. Nat hob ihr Kinn an, sah der 21-Jährigen in die Augen und fragte: "Darf ich?"

Als Antwort bekam sie ein neutrales Nicken, allerdings ließ Ellie das Handtuch von sich aus sinken. Die Rothaarige besah sich die mittlerweile abgeschwollenen bläulichen Stellen. Dann nickte sie zufrieden und nahm Eleanor das Handtuch aus der Hand, welches sie dann um sie schlug und sie an sich heran zog.

"Zu schade, dass Du schon Duschen warst, aber angesichts dessen, was letztes Mal passiert ist, sollten wir vielleicht etwas vorsichtiger sein, bis deine Wunden abgeheilt sind", lächelte Nat süßlich.

Die gerade verschwundene Röte in Ellies Gesicht war zurück, aber Natasha blieb nicht, um sie zu bewundern, sondern kam der verlegenen Fassade kurz näher, als wollte sie es küssen, stupste aber nur mit ihrer Nase Eleanors an und verschwand dann im Badezimmer.

Auf den Mittag liefen Natasha und Eleanor durch Paris. Ellie bewunderte jedes Haus, jede Wolke und jeden Baum. Nat ging neben ihr her und besah Ellie mehr als ihre Umgebung. Gerade hatten sie in einem kleinen Café gefrühstückt und nun wollten sie zum Eiffelturm. Nat war zwar kein übermäßiger Fan von typischen Touristenmagneten oder von größeren Massen, aber sie konnte Eleanor kaum einen Wunsch abschlagen. Bald standen sie vor dem großen metallenen Turm und blickten hinauf.

"Ich wette, bei Nacht ist der noch viel schöner, wenn das überhaupt geht", sprach die Braunhaarige ihre Gedanken laut aus.

"Wenn du magst, können wir bei Dunkelheit wiederkommen. Dann ist der Turm von oben bis unten beleuchtet. Oder wir schauen ihn uns einfach vom Hotel an, der Blick ist auch nicht schlecht, aber das machst du ja sowieso", schlug Natasha vor, wobei sie Ellie bei der letzten Bemerkung mit ihrer Nase anstupste.