XXII

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"Ellie! Ellie!! ELEANOR ELISE!!!", zischte Nat in flüsterndem Ton. Während sie so flüsterte, stupste sie ihre schlafende Freundin an, wobei es erst mehr ein Streicheln, dann eher ein Rütteln war. Langsam regte sich die junge Frau und blickte sie aus müden Augen an.

"Alles gut? Was ist los?", fragte Ellie besorgt und richtete sich auf, als wäre etwas passiert. Es wäre nicht das erste Mal, dass Nat wegen eines Alptraumes nicht schlafen könnte, aber normalerweise machte sie Ellie dann nicht absichtlich wach. Wenn sie nur nicht wieder einschlafen konnte, wäre es Nats Meinung nach nicht gerechtfertigt, auch noch jemand anderes wach zu machen, und wenn sie eine Panikattacke hatte, aber das kam seltener vor, war sie nicht mehr zu viel in der Lage, aber meist wachte Eleanor sowieso von allein auf, wenn Natasha unruhig wurde.

Dementsprechend war Ellie nun beunruhigt, als Natasha sie absichtlich aufweckte. Es war noch dunkel draußen und durch die dünnen Vorhänge fiel nur minimalistisch Licht von den Straßen Paris' herein.

"Willst Du die Sonne über Paris aufgehen sehen?", strahlte Nat sie an und weil sie Ellie am Arm hielt, konnte sie merken, wie diese sich entspannte.

"Meine Güte, ich dachte Dir ist irgendwas passiert. Erschreck' mich doch nicht so!", hauchte Eleanor und schloss dabei die Augen.

"Tut mir Leid, Baby, das wollte ich nicht. Aber willst Du die Sonne aufgehen sehen?", hakte sie nach ihrer Entschuldigung noch einmal nach und hatte dabei eine Miene aufgesetzt, wie ein kleines Kind, dass sich gerade für eine Eis Sorte entschieden hat.

Ellie dachte einen Moment nach, nickte dann scheu und lächelte sanft. Natasha sprang auf und holte ihr Kleidung, die sie schon auf einem Stuhl bereit gelegt haben musste. Sie selbst war, wie Ellie jetzt erst auffiel, schon nahezu vollständig gekleidet. Sie hatte eine schwarze Jeans mit Taschen seitlich an Ober- und Unterschenkeln. Dazu ein weißes Langarmshirt und ein paar komplett schwarze High Top Converse All Star. Das Outfit, welches sie herüber brachte bestand aus einem weißen, knielangen Kleid mit kleinen gelben Blüten drauf und dazu ein paar weiße High Top Converse. Weil das Kleid etwas dünn war und es draußen noch frisch schien, lag noch eine braune Kapuzen-Jacke bei.

Flink zog Eleanor sich um, wobei Nat auf dem Bett saß und sie ansah.

"Was ist?", fragte die 21-Jährige verunsichert, als sie sich fertig angezogen zu ihrer Freundin umdrehte und diese nur verträumt starrte.

"Du siehst wunderschön aus. Das Kleid steht Dir so gut, warum hattest Du das erst so selten an?", kam es als Antwort mit Gegenfrage, worauf Ellie nur verlegen mit den Schultern zuckte und an Nat heran trat. Sie stellte sich zwischen Natashas Beine und die Russin zog sie an der Hüfte zu sich heran. Sie lehnte den Kopf gegen Ellies Bauch und diese vergrub ihre Hände in Nats roten Locken.

"Na dann, lass uns gehen", lächelte die 26-Jährige glücklich. Sie stand auf, nahm die Hand ihrer Freundin und führte diese zur Tür und hinaus. Die beiden Frauen schlenderten die Gänge des Hotels hinunter und stellten sich in den Fahrstuhl. Er brachte sie in die Lobby und von dort aus liefen sie raus in die Pariser Nacht. Es war gegen 4:30 und in etwa 20 Minuten sollte die Sonne aufgehen, denn es war Ende Mai.

Erst liefen sie die Champs-Élysées en Stück entlang und dann bogen sie in eine Seitenstraße ab und gelangten zur Seine. So schritten sie am Ufer der Seine entlang. Die Sonne kam langsam hinterm Horizont hervor. Leise aber süß wie eine Nachtigall find Eleanor an zu singen:

"I can still recall, our last summer,
I still see it all;
Walks along the Seine, laughing in the rain,
Our last summer, memories that remain."

Nat sah sie freudig und überrascht von der Seite an.

"Baby, ich wusste gar nicht, dass Du so singen kannst", gluckste sie mit riesigen Augen und einem breiten Lächeln. Als Reaktion auf diese Aussage lief Ellie leicht rosa an und fing ebenfalls an zu lächeln.

All die einsamen LeuteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt