32 - Andere Hälfte

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Stöhnend wachte ich langsam auf und wusste zuerst nicht, wo ich war. Ich blickte zur Decke und stellte fest, dass es mein Schlafzimmer ist.

Unser Schlafzimmer. Von mir und Ava.

Ava!

Ich wollte sie suchen gehen. Doch dann hatte ich Schmerzen und das war das letzte, woran ich mich erinnern konnte.

Ich spürte einen leichten Druck an meiner Hand und blickte zur Seite. Erschrocken riss ich meine Augen auf. Ich setzte mich hin und wusste nicht, ob ich träumte.

Ava? War sie wirklich hier? Aber wieso spüre ich unsere Paarbindung nicht? Es war, als ob sie komplett erloschen wäre.

"Kian, du bist wach!", sagte eine Stimme. Noah schloss die Tür hinter sich und ich runzelte mit der Stirn. Wieso hatte ich ihn nicht wahrgenommen oder gehört? Was stimmte nicht mit mir?

Mein Blick fällt auf Ava. Dann keuchte ich erschrocken auf. Dadurch stand sie auf und blickte mich verschlafen an. Als ihr die Lage bewusst war, sprang sie in meine Arme. Sie drückte sich fest an mich und weinte an meiner Schulter.

"Du bist wach! Du bist wirklich wach."

Ich entfernte sie von mir und blickte ihren Hals an. Wo war meine Markierung? Es schien, als ob ich sie nie zu meinen gemacht hätte.

"Was ist passiert?"

Noah trat hervor und räusperte sich.

"Kian, liebst du Ava?"

Ich sah ihn an, als würde er mir gerade die dümmste Frage der Welt stellen.

"Wieso fragst du mich so etwas dämliches? Natürlich liebe ich sie! Über alles!"

Ich blickte Ava an, die mich lächelnd ansieht. Automatisch erwiderte ich es und sah dann anschließend wieder zu Noah.

"Das ist gut zu wissen."

"Wieso fragst du mich das? Kann mir jemand mal antworten? Was ist passiert?"

"Du bist ein Mensch!", brach Ava schließlich das Schweigen.

"Was?", fragte ich laut.

"Dein Wolf...er...er lebt nicht mehr."

"Bruder, ich weiß nicht was passiert ist. Aber du lagst drei Monate lang im Koma. Dein Wolf hielt die Schmerzen an den Verlust von deiner Mate nicht mehr aus. Es tut mir unglaublich leid."

Schweigend saß ich nur da und hoffte, aus diesen Albtraum aufzuwachen. Mein Wolf war verschwunden? Einfach so?

"Ich lasse euch beide alleine. Ihr habt eine Menge zu bereden!", sagte Noah und verließ den Raum.

Ava sah mich schuldbewusst an, ehe sie in Tränen ausbrach. Ich schloss sie direkt in meine Arme und fühlte mich wohler. Unsere Bindung war weg, aber ich liebte sie. Nicht nur, weil sie meine Gefährtin war. Das wusste ich jetzt sicher.

"Beruhige dich, Liebes. Es wird alles gut!", sagte ich ihr und strich behutsam über ihren Rücken.

Sie entfernte sich und sagte weinerlich: "Wie kannst du mich überhaupt noch in deiner Nähe wollen? Nach allem, was ich dir und deinen Wolf angetan habe? Es ist meine Schuld, dass ... Nur weil ich egoistisch bin. Du verdienst mich nicht, Kian. Wäre es nicht besser, dass du mich jetzt verlässt? Die Gefährtenbindung ist weg, du bist nicht mehr an mich gebunden. Du hast die Chance glücklich zu werden. Ich bringe dir nur Schmerzen und Kummer!"

Wütend zog ich sie zu mir und küsste sie stürmisch. Wie ich dieses Gefühl vermisst hatte. Ich war zutiefst enttäuscht, dass mein Wolf nicht mehr Teil meines Lebens war. Am liebsten würde ich heulend zusammenbrechen. Aber das Wichtigste, was ich zum Leben brauchte, hatte ich in meinen Armen.

"Dann bin ich eben ein Mensch. Es ist mir egal, solange du an meiner Seite bist. Ich liebe dich nicht, weil du meine Gefährtin bist. Ich hatte dich schon vor meinem 18. Geburtstag geliebt. Es ist mir gleichgültig, was aus mir wird. Ich brauche nur dich an meiner Seite. Der Rest ist mir egal."

Sie lächelte mich leicht an und nahm schließlich meine Hand, die sie zu ihrem Bauch steuerte. Ich fühlte eine große Wölbung unter dem viel zu breitem Hemd, welches mir gehörte.

"Du hast uns. Wir bleiben immer an deiner Seite."

Tränen stiegen mir in die Augen. Ich lächelte. Ich war glücklich und bereute meine Entscheidung von damals nur umso mehr. Ava schwanger zu sehen, war das schönste was ich mir vorstellen konnte. Wegen meiner Sturheit hatte ich dieses Leben damals einfach so zerstört. Aber nun würde ich alles wieder gut machen. Als Mensch. Als Familie.

"Du bist im fünften Monat, richtig?", fragte ich überglücklich. Sie konnte nur in dieser Nacht schwanger geworden sein, als wir uns gestritten hatten.

"Ja."

"Weißt du, weißt du schon was es ist?"

Sie schüttelte mit den Kopf.

"Nein, ich wollte es mit dir gemeinsam herausfinden."

"Dann lass uns direkt zum Arzt gehen."

"Nein, ruh dich erstmal aus. Wir gehen morgen früh, versprochen."

...

Mein Herz machte Freudensprünge, als ich unser kleines Kind auf dem Monitor sehen konnte.

"Das ist der Herzschlag!"

Tränen stiegen mir in die Augen und ich küsste Ava's Stirn.

"Möchten Sie das Geschlecht wissen?"

Wir nickten gleichzeitung und warteten gespannt. Egal ob es ein Mädchen oder ein Junge werden würde, ich würde beide lieben.

"Es ist ein Junge."

Ich strahlte mit Ava um die Wette. Ein kleiner Kian. Wie würde er aussehen? Wie Ava? Oder würde er eher nach mir kommen? Vielleicht bekam er meine Augenfarbe. Blau. Als ich nämlich heute in den Spiegel geguckt hatte, hatte ich festgestellt dass meine Augenfarbe nicht mehr kristallweiß, sondern blau war. Ich konnte mich auch nicht verwandeln, egal wie sehr ich es heute morgen versucht hatte.

Aber das war mir alles egal. Ich hatte die Frau, die ich überalles liebte an meiner Seite. Wir bekamen einen Sohn und ich könnte mir nichts schöneres vorstellen.

"Hmm.."

"Was ist los? Stimmt etwas nicht?", fragte ich die Ärztin besorgt.

"Das Kind wächst...außerordentlich schnell. Sie meinten, dass sie im 5. Monat wären? Sind sie da sicher? Laut dem Ultraschall wären sie bereits im 8. Monat."

Ava blickte mich schockiert an und sagte zur Ärztin: "Könnten Sie uns kurz allein lassen?"

Sie nickte lediglich und verließ das Krankenzimmer. Ava wollte das Gel von ihrem Bauch wegwischen, doch ich kam ihr zuvor und half ihr dabei. Als sie sauber war, zog sie das Shirt nach unten und setzte sich.

"Ich habe dich nicht betrogen!", sagte sie plötzlich.

"Was?", fragte ich verwirrt nach.

"Das letzte Mal als wir miteinander geschlafen hatten, war vor einem Jahr. Vor fünf Monaten auch, aber das ergibt alles keinen Sinn. Ich habe dich wirklich nicht betrogen."

Ich lächelte breit und legte meine Hände um ihre Wange.

"Schatz, ich als Wolf hätte es damals gespürt. Durch meine Markierung wärst du nicht einmal in der Lage einen anderen Mann auch nur schief anzusehen."

"Aber...was ist es dann?"

Mein Lächeln wurde breiter: "Unser Sohn ist ein Werwolf."

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Kian Junior kommt bald auf die Welt... wuhuuuuu

Gib mir eine Chance, Mate! (Kian & Ava)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt