Ich beschloss an einem anderen Tag mit ihr zu sprechen. Ich musste zuerst überlegen, woher wir uns kannten. Ich hatte sie auf irgendeiner Weise verletzt, denn ohne Grund verabscheut man nicht jahrelang eine Person. Sie war 22, das bedeutet sie musste bei unserer Begegnung maximal 16 gewesen sein.
Im Büro angekommen, überflog ich noch einmal den Ordner von Mia. Ich las ihren Lebenslauf durch und stellte fest, dass wir zusammen auf die Schule gingen. Höchstwahrscheinlich sind wir uns dort begegnet.
Es klopfte an der Tür und mein Bruder erschien lächelnd.
„Du arbeitest heute?", fragte er mich.
„Nein, ich bin gleich wieder weg. Ich hoffe, dass es dir nichts ausmacht."
„Natürlich nicht. Hast du schon mit ihr gesprochen?"
Verzweifelt fuhr ich mir über meine Haare. Noah schien dies zu bemerken, da er sich einen Stuhl schnappte und sich hinsetzte. Er verschränkte seine Arme und wartete. Seufzend gab ich nach und erzählte ihm von der heutigen Begegnung.
„Sie hat sich mit einer alten Freundin getroffen. Ich bin ihnen gefolgt und wollte sie belauschen. Ich weiß gar nicht, wie ich dir das am besten erklären soll." Ich schnappte nach Luft und sah meinen Bruder direkt in die Augen. „Ich hatte was mit ihr. Wir haben sogar miteinander geschlafen, nur kann ich mich überhaupt nicht daran erinnern. Es ist vor meinem 18. Geburtstag passiert. Ich weiß nur, dass ich sie ziemlich schwer verletzt habe. Ich fühle es."
„Hmm. Ich wünschte, dass in deinem Leben einmal etwas leichter ist. Aber ich habe dir einmal gesagt, dass wenn du mit Mädchen so spielst wie du es tust, du später mal auf die Schnauze fliegen wirst."
„Ich weiß, aber ich war damals noch jung. Jeder wusste, dass ich nichts ernstes wollte."
„Nun ja. Ein Mädchen nicht."
Schnell werde ich hellhörig und blicke ihn nun fragend an.
„Was meinst du?"
„Ich kann dir nicht viel sagen, du hast mir ihren Namen nie verraten. Am besten du fragst Seth oder Ian. Die waren doch in derselben Klasse wie du?"
Ich nickte nur und stürmte aus dem Raum. Was wenn Ava dieses Mädchen war? Was wenn ich sie so tief verletzt hatte, dass sie mir niemals verzeihen konnte? Das Einzige was ich wusste war, dass ich nicht aufhören werde, um sie zu kämpfen. Ich wollte nur sie und keine andere.
(...)
In meiner Wolfsgestalt rannte ich in den Wald hinein und schnupperte nach einer Fährte. Ich fand keinen der Idioten Zuhause. Die liefen bestimmt hier irgendwo rum. Wir mussten uns nämlich mindestens alle paar Tage verwandeln und unseren Instinkt freien Lauf lassen. Wenn wir uns weigerten, konnten wir uns kaum mehr zusammenreißen. Wir wurden zunehmend wütender, aufbrausender und gewalttätiger. Außerdem hatten wir am Ende sowieso keine Wahl mehr als uns zu verwandeln. Man bekam unerträgliche Schmerzen und unsere Wolfsseite würde unsere Menschenseite überwiegen. Nur wenige schafften es wieder ihre Kontrolle in den Griff zu bekommen. In unserem Rudel gab es ein Mädchen, welches sich vor etwa zwei Jahre weigerte, sich zu verwandeln. Ihr Seelenverwandter war ein Mensch gewesen und sie hatte ihm nichts von unserer Art erzählt. Sie konnte sich nicht von ihm trennen, weshalb sie tagelang durchgehend mit ihm zusammen gewesen ist. Irgendwann verlor sie ihre Kontrolle und verwandelte sich vor ihrem Mate. Ihre Wolfsseite hatte keinen Hauch von Menschlichkeit mehr. Unkontrolliert wollte sie ihren Gefährten markieren und biss ihm aus Versehen die Kehle durch. Noah hatte keine andere Wahl als sie zu töten. Ein Rudelmitglied, welches unsere zweite Familie ist zu töten ist alles andere als leicht. Der Verlust schwächte uns für eine Zeit.
Ja wir waren eben keine Werwolfe wie in Filmen oder in diesen Geschichten, die man online veröffentlichte und meine Schwester den ganzen Tag las. Es war nicht alles rosig. Unsere animalische Seite tötete Menschen, sogar Mates, wenn man ihn zu lange unterdrückt. Es war grausam, aber dies passierte nur sehr selten. Ich würde es niemals zulassen, dass meine tierische Seite Besitz von mir ergriff und ich Ava irgendetwas antat. Nein, mein Ziel war es bei ihr zu sein und sie mein Leben lang zu beschützen. Dafür musste ich nur wissen, womit ich sie verletzt hatte. Ich hatte einiges wieder gut zu machen. Kampflos würde ich niemals aufgeben.
Nach einigen Minuten hatte ich die Fährte von einer Wölfin, die sich unter einem Baum gelehnt hatte.
Ich sprach in ihren Gedanken, sodass sie ihren Kopf hob.
„Kian!", ertönte die Stimme in meinem Kopf.
„Was machst du hier allein?", frage ich.
„Ich warte auf Seth. Er wollte noch ein wenig durch den Wald laufen."
Ich nickte mit meinem Kopf und sah ihr nun tief in die Augen. „Ich bin nicht ohne Grund hier. Wir gingen damals in dieselbe Schule. Gab es da ein Mädchen namens Ava Mason?"
In ihren Augen blitzte etwas, jedoch war es nach einem Bruchteil einer Sekunde verschwunden. Ich wusste deshalb nicht, ob ich es mir eingebildet hatte oder nicht.
„Nein. Ich kann mich an niemanden erinnern, der so hieß? Wieso fragst du?", stammelte sie nervös.
Skeptisch blickte ich sie an und antwortete: „Wenn du irgendetwas weißt, dann rück mit der Sprache raus."
„Ich weiß wirklich nichts. Es gab viele Mädchen, denen du damals das Herz gebrochen hast. Vielleicht war sie eine davon. Ich weiß es nicht."
Sie verschwieg etwas, aber freiwillig verraten wollte sie es mir nicht. Knurrend fletschte ich meine Zähne und antworte: „Sag mir auf der Stelle, was du über sie weißt!"
Erschrocken blickte sie mich an und ehe ich mich versah, stellte sich ein rötlich-brauner Wolf mir in den Weg. Seth.
„Was soll das?", knurrte er mich an.
„Wer ist Ava Mason?", antwortete ich direkt.
Er ließ seine Kämpferposition fallen und blickte mich schuldbewusst an.
„Kian, es tut uns leid. Aber verlange nicht von uns, es dir zu erzählen. Noah hat damals einen Blutschwur von uns verlangt."
Entsetzt blickte ich ihn an. Verdammt. Es war etwas Ernstes. Wieso verlangte mein Bruder so etwas von ihnen? Knurrend rannte ich von ihnen weg. Sie hatten Recht, sie durften mir nichts erzählen. Sobald man den Blutschwur brach, konnte man sterben.
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Ja, es kann sein dass ich den letzten Tagen viel zu viel Harry Potter gesehen habe und ich die Idee mit dem Blutschwur von ihnen habe. 😂
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Gib mir eine Chance, Mate! (Kian & Ava)
WerewolfKian Black - unverschämt gutaussehend, beliebt und kaltherzig. Noch dazu ein Werwolf, der verzweifelt nach seiner Mate sucht. Was passiert, wenn er sie endlich findet und feststellen muss, dass er sie bereits kennt und in der Vergangenheit nicht be...