Kapitel 59

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Den kompletten Sonntag verbrachte ich mit lernen. Nur um meinen Kopf frei zu schalten und an nichts anderes zu denken. Es funktionerte einigermaßen. Meine Mum machte sich mega Sorgen, sie versorgte mich mit Essen (vor allem Schokoladeneis) und versuchte mich ebenfalls abzulenken.

Kurz bevor ich schlafen ging, schaltete ich mein Handy wieder ein. Ich hatte es aus geschalten den Tag über, damit ich keine Nachrichten von Niall oder Harry bekam. Doch natürlich hatte ich nur von Niall Nachrichten bekommen, Harry hatte sich nicht gemeldet. 

Ich vermisste ihn so sehr. Sooo sehr. War es wahr gewesen, was er am Freitag in der Nacht gesagt hatte? Ich denke schon. Wir würden es nochmal versuchen. Das war schon eine Erleichterung, ich hätte ihm auch egal sein können. 

Doch was am meisten weh tat, war, dass er sich nicht mehr an mich erinnerte. An alles was wir erlebt hatten. An das was zwischen uns war. An die Gefühle die er für mich hatte. Und die ich für ihn immer noch habe. Ich liebe ihn. Mehr als jede andere Person auf dieser Welt. 

Doch warum hatte ich bei dem Kuss mit Niall dann ein Kribbeln im Bauch gehabt? Waren es Gefühle? Konnte ich mir gar nicht vorstellen. Kann man für zwei Leute auf einmal Gefühle haben? Ich denke nicht. Ich mochte Niall wirklich sehr gerne, aber auf eine andere Weise. Einfach nur als Freund.

Trotzdem hatte ich ein schlechtes Gewissen Harry gegenüber...

Am nächsten Morgen klingelte mein Wecker viel zu früh. Es fühlte sich an, als hätte ich die ganze Nacht nicht geschlafen. Aber heute werde ich Harry wieder sehen! Ich sprang aus dem Bett und durchwühlte meinen ganzen Kleiderschrank nach etwas zum Anziehen. Ich entschied mich für schwarze Leggins, langes weißes Top und einen dicken Pulli drüber. Kuschelig und warm und sah trotzdem gut aus. Dann glättete ich ewig meine Haare und schminkte mich. 

Sehr zufrieden betrachtete ich mich am Ende im Spiegel. Ich sah, ohne eingebildet zu klingen, echt gut aus, aber nicht zu übertrieben gestylt für die Schule.

Fröhlich hüpfte ich die Treppe runter und schlüpfte in meine Boots und meine dunkelgrüne Winterjacke. Ich riss die Tür auf und mich traf fast der Schlag. Schnee.

"Schnee", keuchte ich und starrte fassungslos raus. Natürlich, es war mittlerweile Winter. Seufzend zog ich die Tür hinter mir zu und stapfte durch den Schnee zur Bushaltestelle. Schon von weitem konnte ich ihn sehen, wie er da stand und auf den Bus wartete. Die Aufregung ließ mich nicht aufhören zu lächeln.

Endlich stand ich neben ihm.

"Hi", hauchte ich und sah ihn an.

Harry drehte kurz seinen Kopf zu mir, nickte mir zu und drehte sich wieder weg.

...

Warte- was? Ich verstand nicht, oder wollte es nicht verstehen. "Harry?"

"Was?" Seine Stimme war genervt, fast schon aggressiv.

"Was ist los?", fragte ich ängstlich.

In dem Moment kam der Bus und er antwortete nicht. Er stieg als erstes ein, ich folgte ihm auf den Fersen und setzte mich neben ihn. Er ließ einen genervten Seufzer ab als ich das tat.

Ich wusste es. Trotzdem wollte ich es von ihm hören.

"Also... war es gelogen was du gesagt hast? Am Freitag?" Meine Stimme war brüchig, kaum mehr als ein Flüstern. Vielleicht auch ein Flehen.

Er rollte mit den Augen und drehte sich zu mir. "Hör mir mal zu Kleine. Ich war besoffen. Ich war so verdammt besoffen dass ich nichts mehr weis. Gar nichts mehr. Kapiert? Also, was auch immer ich gesagt habe, du kannst nix drauf geben."

"Aber Betrunkene sagen die Wahrheit...." Das war ein Flehen.

"Was soll ich denn gesagt haben?". fragte er sichtlich angepisst.

Ich heulte fast. "Du- Du hast gesagt du willst es nochmal v-versuchen und dass du d-dich wieder an mich erinnern w-willst und -"

"Alter wenn du jetzt heulst steig ich aus". 

Er war so gemein. Ich schluckte den Kloß in meinem Hals runter, stand auf und setzte mich ganz vorne hinter den Busfahrer. Der sah mich mitleidig durch den Rückspiegel an und reichte mir ein Taschentuch nach hinten.

"Danke", brachte ich gerade noch heraus.

Ich war niemand für Harry. Er behandelte mich genauso wie alle anderen. Ich war ihm vollkommen egal. Er verletzte meine Gefühle, brachte mich zum Weinen, und es war ihm egal. Er hatte mich geliebt, und jetzt war ich ihm vollkommen egal. Das tat so scheiße weh. 

Wir hielten an der nächsten Haltestelle und die ganzen anderen stiegen ein. Ich starrte angestrengt aus dem Fenster, damit mich niemand heulen sah. Trotzdem sahen sie es, natürlich. Alle tuschelten. Ich wischte meine Tränen ab, sank auf meinem Sitz zusammen und vergrub mein Gesicht in meinen Schal.

Ich wollte nicht in die Schule heute. Doch ich konnte nicht schon wieder krank machen und schwänzen. Ich ließ alle anderen vor mir aussteigen.

Natürlich wartete Niall draußen an der Schule auf mich. Scheiße. Er riss mich sozusagen in seine Arme und drückte mich an sich. 

"Guten Morgen Sam", strahlte er, bis er mein verheultes Gesicht bemerkte. "Gehts dir gut?"

Ich löste mich aus seiner Umarmung und trat einen Schritt zurück. "Niall... das mit dem Kuss... wir sind Freunde oder? Nichts mehr als Freunde?"

Niall starrte mich an. "Nicht dein Ernst."

"Hey, du hast mich geküsst! Einfach so!"

Er wollte etwas erwidern, doch er wusste offensichtlich nichts.

"Außerdem habe ich gerade eine... eine Trennung hinter mir und i-ich-" , schluchzte ich los.

Nialls Gesichtszüge entspannten sich und er nahm mich nochmal in den Arm. "Hey, es tut mir Leid. Ich hätte das nicht tun sollen. Es tut mir wirklich Leid."

Die Schulglocke ertönte plötzlich, also beeilten wir uns hoch zu kommen. Wir verabschiedeten uns bis zur Pause und ich schlich mich ins Klassenzimmer, vorbei an allen starrenden Mitschülern, bis hin zu meinem Platz. Neben Harry.

Der mich nicht beachtete, natürlich. Ich setzte mich leise hin und packte meine Sachen aus. Während ich mitschrieb, machte er es sich auf dem Tisch gemütlich und schlief. Ich erwischte mich immer wieder wie ich ihn anstarrte und mich nicht auf den Unterricht konzentrierte. 

Ich konnte es nicht glauben. Es war vorbei. Es war wirklich vorbei.

Der Rest der Woche verlief genau wie der Montag. Naja bis auf den Freitag. Als es passierte. Doch zurück zum Rest der Woche: Harry beachtete mich nicht, Niall schenkte mir zuviel Aufmerksamkeit, ich stumpfte ab und redete nicht mehr viel.

Am Dienstag rempelte mich Tiffany an, sodass mir mein Ordner runterfiel und alle Blätter zu Boden fielen. Jeder lachte, Harry eingeschlossen. 

Gemma kam mich am Mittwoch besuchen und wir machten einen Spaziergang durch den Schnee.Wir redeten viel, ich weinte viel. Sie versuchte mich zu trösten, doch gab es nichts das mir helfen könnte. 

"Manchmal würde ich ihm am liebsten noch einen Schlag auf den Kopf versetzen, damit er sich wieder erinnert! ", sagte Gemma irgendwann. So wütend, dass sie Tränen in den Augen hatte. 

Am Donnerstag kämpfte ich mich nochmal in die Schule, obwohl ich es kaum aushielt. Den ganzen Tag konnte ich seinen wunderbaren Geruch riechen, seine Stimme hören, seine Anwesenheit spüren. Er saß nur Zentimeter entfernt von mir. Ich liebte ihn so sehr, doch er ließ keine Möglichkeit aus mir weh zu tun oder mich vor anderen zu blamieren. Er schien mich zu hassen.

Am Freitag passierte es dann. Als krönender Abschluss zur schlimmsten Woche meines Lebens. 

- Fortsetzung folgt

>:D

Don't let me go (Harry Styles FF deutsch)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt