Texas - Austin 3

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Doch selbst nach Tagen starre ich noch immer auf die gelesene Nachricht, jedoch sehe ich keine Antwort. Selbst Pierre hat aufgegeben mir zuzureden, da man mir den Schmerz förmlich aus dem Gesicht ablesen kann. Auch Anna hat es gelassen, obwohl sie weitaus hartnäckiger als der Franzose ist. Conni bekommt von dem Ganzen nicht viel mit, da sie hauptsächlich arbeiten geht, was ich nicht unbedingt schlechtheißen möchte. Dadurch erspare ich mir viele Erklärungen sowie den ein oder anderen idiotischen Ratschlag. Von denen hatte ich die letzten Jahre mehr als genug und im Endeffekt waren sie alle reif für die Abfalltonne.

Schlechtgelaunt gammle ich mich auf die Couch und versuche mich mit einem zweitklassigen Programm abzulenken, wie ich es die letzten Tage bereits gemacht habe. Das Haus verlasse ich nur im äußersten Notfall und der ist bisher nicht eingetreten. Dieser nennt sich Brand oder Nahrungsmittelknappheit. Beides kommt in diesem Haushalt eher geringfügig vor, weshalb ich mit dem nächsten Verlassen des Hauses erst zu beginn des Rennwochenendes rechne. So gerne ich George auch an die Wand klatschen möchte, muss ich an Twix denken. Schließlich kann ich ihn nicht einfach bei ihm lassen oder sonstiges. Seufzend kuschle ich mich in die Decke, eigentlich bräuchte ich diese bei den sommerlichen Temperaturen nicht, trotzdem kann ich sie nicht einfach ablegen.

Obwohl ich die Hoffnung bereits aufgegeben habe, kann ich meinen Blick nicht von meinem Handy ablegen. Zwar mag es für einige dramatisch wirken, doch von meinem festen Freund erwarte ich mir deutlich mehr als zwei blaue Haken auf eine Nachricht. Frustriert fahre ich mir durch die Haare, zappe durch das Programm und das Dilemma geht von vorne los. Erst als ich Pierre sowie meine Schwester bei der Haustüre hereinfallen höre, kann ich meine Gedanken von meinen Sorgen abwenden. "Du solltest echt wieder einmal aufstehen und das Krönchen richten, so geht das nicht weiter", meint Pierre, während er sich die Schuhe auszieht, ohne mich anzusehen.

"Wozu denn?", hacke ich mit sarkastischem Unterton nach, die Frage ist jedoch ernst gemeint. "Weil es dir besser gehen sollte. Wenn mit George etwas nicht stimmt, bist du nicht die Grace, die wir alle so lieben", erklärt er mir, dabei kommt er auf mich zu. Anna hat sich bereits in die Küche verzogen, da sie vermutlich Angst hat, etwas zu vermasseln. "Dann lernt, die andere Seite von mir genauso zu akzeptieren", protestiere ich mit verschränkten Armen. "Du magst zwar ein kleiner Sturkopf sein, aber so leicht will ich mich nicht abschütteln lassen", ebenso trotzig wie ich, verschränkt er die Arme vor der Brust.

"Viel Glück dabei", murmle ich, obwohl ich mit dem Kopf schon wieder wo ganz anders bin. "Ihr beide seid einfach wie Kleinkinder, wenn es um sowas geht. Du solltest die Klügere sein und-", weiter kommt Pierre nicht, da er von einem lauten Krachen unterbrochen wird. Unsere Aufmerksamkeit schenken wir dem draußen tobenden Unwetter, kurz darauf stürmt Anna aus der Küche. "Das wird eine wundervolle Nacht", meckert sie sofort los, aber man kann ihr nicht einmal widersprechen. "Hundert Punkte", plappert Pierre gedankenverloren, der Blick starr durch das Fenster auf die Straße gerichtet.

"Was steht ihr da wie angewurzelt, noch nie ein laues Lüftchen in Austin gesehen?", Conni kommt durch die Hintertür, von uns dreien wird sie angesehen wie ein U-Boot am Flughafen, was sie jedoch nicht zu stören scheint. "Laues Lüftchen?!", wiederholt der Franzose geschockt, die offene Kinnlade verdeutlicht seinen Unterton um ein Vielfaches. "Das ist Standard", winkt meine Tante bloß ab, doch auch wenn es bei uns häufiger zu solchen Naturkatastrophen kommt, hängen meine Gedanken bei George. Ein kurzer Blick auf unseren gemeinsamen Chat verrät mir, dass sein Flug in wenigen Minuten landen müsste. In meinem Magen breitet sich ein flaues Gefühl aus, das sich anscheinend in meinem Gesicht abzuzeichnen scheint, da mich Anna darauf anspricht.

"Was ist denn los? Erde an Grace", besorgt werde ich von den dreien angesehen, an der Schulter gerüttelt oder angestupst. Gerade will ich antworten, da werde ich von einem Sturmläuten unterbrochen. Meine Tante öffnet die Haustüre, ehe sie etwas sagen kann, drängt sich Twix durch den Türspalt und hinter ihm George. "Kein Hallo, oder wie?", kommt es von meiner Tante, die meinen Freund prüfend ansieht. "Natürlich, wie unhöflich. Hallo Conni", er lächelt leicht und wird dann auch schon hereingelassen. "Ihr beide sollte dringend reden", meint Anna, die anderen stimmen ihr zu, ehe ich mich versehe, sind diese wie vom Erdboden verschluckt.

"Hey, Grace", während er sich die Jacke sowie Schuhe auszieht, mustert er mich bis ins kleinste Detail. "Hallo, George", flüstere ich mit einem distanzierten Unterton in meiner Stimme. Eine unangenehme Stimmung herrscht zwischen uns beiden, stumm sehen wir uns einfach nur in die Augen, doch scheinen nichts aus diesen zu lesen. "Du hast Fragen, die eine Antwort verdienen", mit großen Schritten kommt er auf mich zu, geht vor mir in die Hocke. "Ich weiß nicht, wie lange ich das noch mittmachen will", gebe ich zu, eine Träne fließt mir über das Gesicht, meine Hände zittern, doch mein Verstand sagt mir, dass es das Richtige ist.

"Grace, bitte gib mir doch diese eine Chance. Bitte sag mir was ich falsch gemacht habe", fleht er, steht auf und beugt sich zu mir runter. "Du hast mich bereits damals in Österreich um eine einzige Chance gebeten und es wurden so viel mehr", flüstere ich, aus Angst das meine Stimme unkontrolliert zu brechen beginnt. "Mir ist bewusst, dass ich viel falsch gemacht habe, ich hätte dich nicht so ignorieren sollen", redet er weiter auf mich ein, jedoch sehe ich ihn bloß schweigend an. "Bitte rede mit mir", verzweifelt fährt er sich durch die Haare, seufzt und blickt mir dann wieder ins Gesicht.

"Nach so vielen Jahren weiß ich nicht mehr, ob ich wirklich so viele Chancen geben soll. Denn am Ende kommt immer der gleiche Mist raus", antworte ich ihm mit festerer Stimme. In diesem Moment sind meine Gefühle monoton." Es ist mir egal, was er jetzt sagt oder was er nicht sagt, ich werde dieses Gespräch nicht länger fortführen. Du kannst mir ja morgen eine Erklärung liefern, denn heute bin ich mit dir fertig, George Russell", mit diesen Worten stehe ich vom Sofa auf, um in meinem Zimmer zu verschwinden.

Sorgen ohne Grenzen |F1- FF| |George Russell|Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt