Portugal - Portimão 8

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Mit meinem Kaffee in der Hand sitze ich gespannt vor dem Monitor und nehme einen kräftigen Schluck. Die Brühe spucke ich jedoch genau so schnell wieder aus, da ich nicht fassen kann, was gerade passiert. Zu erkennen ist eine riesige Staubwolke sowie ein gewaltiger Trümmerhaufen im Ausgang der ersten Kurve. Jegliche Gesichtszüge entweichen mir, nichts ist zu hören, außer den Stimmen der Moderatoren. Jeder Muskel in meinem Körper ist angespannt, komplett überfordert was ich jetzt machen soll, verharre ich auf dem Stuhl wie eine Salzsäule.

Erst als ich ein "I am ok", von Charles Teamradio höre, kann ich wieder aufatmen. Inzwischen werden die Daten analysiert von den jeweiligen Moderatoren, jedoch hoffe ich einfach nur auf ein Lebenszeichen von ihm. Nichts rührt sich, erneut beginne ich panisch zu werden. Erleichtert seufze ich, sobald ich George aus dem Wrack klettern sehe, er scheint unverletzt und das ist alles, was zählt. In der Zwischenzeit sind die Jungs einige Runden hinter dem Safety-Car gefahren und wie es scheint, soll es bereits in dieser Lap wieder zurück in die Box zurückkehren.

Um diesen Unfall nachvollziehen zu können, achte ich genaustens auf die Wiederholung, in der deutlich wird, dass George sich rasch nach vorne gearbeitet hat, Charles hingegen hatte einen miserablen Start und in der ersten Kurve, wurde ihnen das zum Verhängnis. Wärend Charles auf kalten Reifen dahinrutschte, versuche George außen zu überholen, jedoch hatte der Monegasse zu viel Geschwindigkeit und die beiden landeten außerhalb der Strecke. Bis jetzt fahren noch alle anderen auf der Strecke, geordnet hinter dem Safety-Car, jedoch wird gerade ein Regenschauer vorhergesagt, worauf die Kommentatoren wie wild zu diskutieren beginnen. In den vorderen Reihen hat sich einiges getan, Pierre rutsche von der Pole auf den dritten Platz, Max hingegen wandert an die Spitze der Truppe.

Sobald die FIA das Safety-Car wieder reinholt, drückt der Niederländer in seinem RedBull ordentlich auf die Tube. Hinter ihm beginnen sich alle, sobald die Start und Zielgerade überfahren ist, um die Plätze zu rangeln. Nun macht sich auch der angekündigte Regen bemerkbar, zuerst nur einzelne Tropfen, doch über die Runden wird es ein ordentlicher Schauer, so dass die Team Radios nur noch mit Pit-Stop-Calls überlaufen werden. Die roten Bullen sind die ersten, die ihre Fahrer hereinholen.

Doch anstatt Max und Esteban separat hereinzuholen, fahren die beiden in der gleichen Runde hinein. Der Niederländer aufgrund seiner Position zwar vorher, jedoch scheint beim Funk etwas danebengegangen zu sein. Sein Boxenstopp dauert statt knappen zwei Sekunden eine halbe Minute, wodurch der seines Teamkollegen ebenfalls deutlich in die Länge gezogen wird. Flüche, vor denen sogar der Teufel Angst hat, schreit die Startnummer 33 unter dem Helm, ein Radio nach dem anderen wird zensiert, wärend sein Ingenieur versucht ihn positiv zu stimmen.

Keine drei Runden nach dem Boxenstopp Malheur bei den Bullen, crasht Seb auf den roten Reifen in den Aston Martin von Lewis, der dieses Wochenende an der Stelle von Lance im Rennpoliden sitzt. Einige Trümmerteile des Alpine liegen verteilt im Ausgang der letzten Kurve, angefangen von Teilen des Frontflügels bis hin zu denen des Aston Martins. Diesmal ist die einzige Möglichkeit eine Red-Flag, weshalb binnen kurzer Zeit alle ihren Wagen abstellen. Seufzend lege ich meinen Kopf auf den Tisch, dieses Rennen ist das reiste Chaos und es sind gerade einmal 23 Runden vorüber. Twix scheint davon wenig beeindruckt zu sein, da er sich zu meinen Füßen legt und ein Nickerchen einlegt.

Um George Beistand zu leisten, schreibe ich ihm eine aufmunternde Nachricht, jedoch wird er vermutlich gerade von der Presse überfallen, weshalb ich nicht damit rechne, dass er diese sofort liest. Ein wenig schlecht fühle ich mich schon, eigentlich könnte ich ihn suchen gehen, aber sobald das Rennen weiter geht, muss ich mir wieder meine Notizen machen, ich kann es mir nicht erlauben etwas zu verpassen. Damit ich konzentriert bleibe und nicht auf den Bildschirm starre, verstaue ich mein Handy wieder in der hinteren Hosentasche. Auch wenn der Plan nicht schlecht ist, so ganz funktioniert das mit der Konzentration nicht. Immer wieder schweifen meine Gedanken zu seinem Unfall, er scheint zwar unversehrt, aber der innere Schmerz ist das, was ihn noch über viele Tage hin zerfressen wird.

Das Rennen wird nach einer gefühlten Ewigkeit neugestartet, ein Stehenderstart. Die Zeit haben alle Teams genutzt, um die Reifen zu wechseln, da der Regen statt nachgelassen, vielmehr zugenommen hat. Diesmal geht nichts schief und die restlichen 16 Piloten fahren ohne Unfälle weiter. Carlos bietet den Zusehern ein atemberaubendes Schauspiel, immer wieder versucht er sich an Alex vorbeizuquetschen, doch dieser will natürlich nicht nachgeben. Über einige Runden geht dieser Kampf, bis der Thailänder in die Box geholt wird und dazu gezwungen wird, seine Position an den Spanier abzugeben.

Auch Pierre ist daran, einen neuen Reifen aufzuziehen, jedoch scheint es in der Ferrari Garage ein Problem zu geben. Die Mechaniker müssen erst einmal die Reifen herrichten, was seinen Stopp, wie den von Max, deutlich über die Normalzeit zieht. Stolze 37,4 Sekunden dauert das Vorhaben, wodurch er ziemlich weit hinten wieder herauskommt. Ob er eine Chance auf Punkte hat, wage ich zu bezweifeln, jedoch führt gerade Lando das Rennen an, hinter ihm Carlos, der jedoch ein gutes Stück weiter hinten liegt. Gerade wird es wieder ruhiger im Geschehen, zwar gibt es immer mal wieder Angriffe, jedoch passiert nichts Außergewöhnliches, der Regen lässt nach und es scheint, als würde bald wieder Sonne am Programm stehen.

Die Idylle findet ein schnelles Ende: Perez rast mit zu viel Geschwindigkeit über die rot-weiße Streckenbegrenzung, worauf er sich dreht. Bei dem Aufprall löst sich eines der Räder, dieses trifft Daniil, der vermeintlich hinter dem Mexikaner um seine Plätze kämpft. Bei dem Versuch dem losen Reifen auszuweichen, verbremst er sich und kracht wie Checo ins Aus. Damit sind zwei weitere Fahrer nicht in der Lage das Rennen zu beenden und erneut muss das Safety-Car ausrücken, was am heutigen Tag nicht das erste Mal ist. Seufzend beobachte ich die folgenden Minuten, mir ist bewusst, dass es noch deutlich länger dauern wird, als ich gedacht hatte.

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