Italien Testtage 5

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"Doch, langsam wird die Zeit knapp, weshalb ich mich jetzt leider schon wieder verabschieden muss", entschuldigend sehe ich sie an. "Wir werden uns bestimmt wieder sehen, da habe ich keine Zweifel", grinst der Rotschopf mir zu, ehe ich mich abwende. Der Blick auf eine der unzähligen Uhren, die hier in der Gegend hängen, merke ich, wie eng es mit dem Packen wird.

Gerade laufe ich am Motorhome von Ferrari vorbei, da hält mich jemand am Arm fest. Verwundert sehe ich zu dem Monegassen, der mich einfach nur durch seine grünen Augen anstarrt. "Es tut mir ja wirklich leid, Charles, aber ich muss jetzt gehen", lächle ich ihn gezwungen an, doch dieser rührt sich nicht vom Fleck. "Das ist nicht lustig, lass mich gehen", murre ich ihn genervt an.

Ehe ich reagieren kann, drückt er seine Lippen auf meine. Es ist ein trockener Kuss, dessen einzige Reaktion meinerseits ein heftiges Kopfschütteln ist. Angeekelt sehe ich ihn an, es ist nicht wie bei Werwolf ein Scherz oder Sonstiges, nein, dass hier war so eben eine ernsthafte Handlung, die so nie passieren hätte dürfen. Mit einem enttäuschten Gesichtsausdrück reiße ich mich von ihm los und gehe in Richtung Hotel.

Zu gerne würde ich George davon erzählen, doch die Zeit rennt. Ein Gefühl von Ekel überkommt mich jedes Mal, sobald ich den Moment Revue passieren lasse. Es war ein Moment der Hilflosigkeit, den ich so nie wieder erleben möchte. Er hat mich geküsst, obwohl er weiß, dass ich nie, auch nur ansatzweise, Gefühle für ihn habe. Heiße Tränen fließen meine Wange herab, die ich sofort wegwische, damit Pierre der mich zum Flughafen fährt, nichts davon mitbekommt.

Mit einem gezwungenem Lächeln steige ich in den Ferrari, der vor dem Hotel parkt. "Für dich geht es also nach London?"; grinst mich der Franzose spitzbübisch an, weshalb ich schmunzelnd den Kopf schüttle. "Woher weißt du das schon wieder?"; will ich von ihm wissen, verschwörerisch zuckt er mit den Achseln. "Ja, es geht nach London und ja, ich fliege zu George"; lüfte ich das sogenannte Geheimnis. "Ihr zwei habt euch also wieder komplett vertragen?", hackt der Franzose nach, als Antwort erhält er ein Nicken.

"Seid ihr also wieder zusammen?", verschwörerisch grinst Pierre mich an. "So genau haben wir uns, um ehrlich zu sein, nicht damit auseinandergesetzt"; stelle ich ein wenig über mich selbst verwundert fest. "Du solltest offen mit ihm darüber reden, alles andere wäre ziemlicher Blödsinn, ich sage nur Spanien", lächelt er mich schief an, was ich nur zurückgeben kann.

"Da stimme ich dir zu", murmle ich leise, da ich ein wenig von der Umgebung gefesselt bin, die sich vor der Windschutzscheibe bietet. "Wie hat George eigentlich das mit deiner unfallbedingten Gehbehinderung aufgenommen?"; hackt Pierre unschuldig nach, was ich ihm nicht einmal verübeln kann. "Vermutlich nicht allzu negativ, bis jetzt hat er sich nicht darüber beschwert", denke ich laut nach, da ich mich mit dieser Frage vorher noch nie auseinandergesetzt habe.

"Dir sollte bewusst sein, dass du ihm wirklich viel bedeutest. Auch wärend der Beziehung mit Sophia hat er wirklich oft von dir geredet, wie sehr er es bereut. Vielleicht haben die Monate euch beiden ja ein bisschen mehr Gehirnzellen wachsen lassen, um den nächsten Streit nicht so zu beenden", scherzt Pierre bei letzterem ein wenig, was mir ein Kichern entlockt. "Sollte man meinen. Also das mit den Gehirnzellen", grinse ich vor mich hin.

"Du bist sogar ein wenig zu früh, was für ein Wunder"; stellt der Franzose fest, sobald wir am Flughafen angekommen sind. "Komm mal her"; sage ich ohne Kontext zu ihm, verwirrt sieht er mich an, folgt dann jedoch meiner Anweisung. "Ich werde dich vermissen, bis zum ersten Rennen", murmle ich leise wärend ich einen Arm um ihn schlinge. "Da wird jemand sentimental", zieht er mich auf, wofür er einen bösen Blick erntet.

"Okay, was war jetzt wirklich gemein"; entschuldigt er sich und erwidert die Umarmung. "Du wirst mir auch abgehen, obwohl du meistens für Chaos verantwortlich bist"; schmunzelt der Franzose leise, jedoch laut genug, dass ich es höre. "Ich sollte langsam zu meinem Flieger, wir sehen uns dann, oder schreiben uns Mal", lächle ich ihn an, was er erwidert. "Pass gut auf die zwei Kleinkinder auf"; seinen Blick senkt er dabei auf Twix, wen er mit der Nummer zwei meint, ist mir nur allzu bewusst.

Das Gepäck hat mir vorhin bereits eine Stewardess abgenommen und Twix muss ich zu meinem Glück nicht schleppen. Dieser trottet bereits vor, ein letztes Mal drehe ich mich zu Pierre um und winke ihm zu, ehe ich die Maschine betrete. Ohne zu zögern lasse ich mich auf einen der breiten Sitze sinken, instinktiv suche ich nach einer Decke, die ich dringend brauchen werde.

Um mich auf den knapp fünf Stunden langen Flug vorzubereiten, klemme ich das Kissen mit meinem Kopf an der Lehne ein. Mein Rüde wird bereits von den Flugbegleiterinnen umsorgt, was ihn keineswegs stört. Da an Schlaf nicht zu denken ist, blättere ich durch eines der Magazine, welches ich gefunden habe. Von Ernährung bis hin zu Fitness finde ich alles, jedoch führt dies dazu, dass sich ein unbändiger Hunger bemerkbar macht.

Sobald der Flieger in der Luft ist, ordere ich ein Mittagessen an, das mir lächelnd ausgehändigt wird. Glücklich mache ich mich über das Kartoffelpüree mit Gulasch her, welches mir außergewöhnlich gut schmeckt. Ob das an meinem Appetit oder doch an der Flughöhe liegt, kann ich mir nicht einmal selbst beantworten. Twix hat auch sein Futter vor die Nase gestellt bekommen. Apropos Nase, diese hat er in die Schüssel gesteckt und dabei sieht er unglaublich süß aus.

Den Rest der Zeit verbringe ich damit über die vergangenen zwei Tage nachzudenken. Auch überlege ich mir, wie ich bei George den Kuss mit Charles anspreche, ohne dass er gleich komisch von mir denkt. Es bereitet mir Kopfschmerzen, da es sich nicht richtig anfühlt, ihm nicht Bescheid zu geben. Jedoch ist ein Missverständnis via WhatsApp vorprogrammiert, weshalb ich es lieber sein lasse. Seufzend kuschle ich mich in den Sitz, doch genau dann wird die Landung verkündigt. Müde bringe ich den Sitz wieder in eine aufrechte Position, kurz wird mir etwas schlecht, jedoch ignoriere ich dies gekonnt.

Sorgen ohne Grenzen |F1- FF| |George Russell|Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt