Australien - Melbourne 8

568 27 2
                                    

"Aber trotz allem bin ich hungrig, gehen wir ins Hotel?", will George von mir wissen, bevor ich antworten kann, springt Twix freudig an ihm hoch. "Okay, zwei gegen eine. Wir gehen definitiv Abendessen", scherzt mein Gegenüber, von meiner Seite gibt es ein gespielt genervtes Augenrollen. Zu dritt schlendern wir über den Paddock, einige sehen vor allem mir verwundert hinterher, doch ich nehme davon keine Notiz. Früher oder später werde ich darauf angesprochen, aber jetzt eine Diskussion oder sonstiges anzufangen wäre mehr als nur unreif.

"Was soll ich dir mitnehmen?", fragt George nach, sobald ich mich auf dem Stuhl niedergelassen habe. "Keine Ahnung, ich bin da nicht so wählerisch", lächle ich ihn warm an, ohne lange zu warten wendet er sich ab und geht in Richtung des Buffets. In Gedanken vertieft lasse ich meinen blick durch den Saal schweifen, einige der Piloten nicken mir freundlich zu, andere bemerken mich gar nicht. Irgendwann bleibe ich bei Bristol stehen, die durch die Tür stolziert kommt.

Schnurrstraks läuft sie auf mich zu, dabei schwingt sie absichtlich mit ihrer Hüfte, mehr Aufmerksamkeit kann man echt nicht mehr brauchen. Abwartend falte ich meine Hände auf dem Tisch, starre ihr in die braunen Augen und frage mich, was der Auslöser für das nicht ersichtliche Problem war. "Warum hast du mir nichts von den Interviews heute gesagt, Jonathan bringt mich um, wenn ich keinen Bericht erstatte", faucht sie mich an, ihre Hände platziert sie dabei an ihrer Taille.

"Es ist nicht meine Pflicht, dir alles hinterherzutragen wie ein Dienstmädchen", antworte ich ihr trocken. "Du bist eingebildet und arrogant!", kreischt sie aufgebracht, die Augenpaare aller Anwesenden liegt nun auf uns, besser gesagt auf ihr. "Dies ist deine Sicht der Dinge und jetzt verzieh dich, du hast mir schon genug Nerven für das Wochenende geraubt", mit der Rechten mache ich eine verscheuchende Bewegung, ihr Kopf nimmt eine zunehmend dunkler werdende rote Farbe an. "Mich wundert es nicht, dass dich niemand hier mag", quickt Bristol aufgebracht, damit hat sie meinen Bogen überspannt, anscheinend aber auch den von Pierre.

"Hast du es bald? Deine Befindlichkeiten interessieren hier niemanden. Wenn du mit Grace nicht klarkommst, solltest du vielleicht etwas an deinem Verhalten ändern, oder geht das in deine kleine Birne nicht rein?", meint der Franzose vom Nachbarstisch. Nach Luft schnappend steht sie da, das Mauerblümchen das wirklich dachte, sie wird mich jemals in den Schatten stellen. Misch dich nicht ein, knurrt sie den Ferrari Piloten an, der schwer schluckt. Immer mehr Wut staut sich bei mir an, dieses Nichts traut sich definitiv zu viel. Als sie erneut ihren Mund öffnet, unterbreche ich sie harsch.

"An deiner Stelle würde ich ganz schnell das Weite suchen. Zuerst gräbst du meinen Freund an, danach willst du mich am Pool blamieren und jetzt kommst du dahergelaufen, weil dir dein Job auf einmal wichtig ist? Du denkst so funktioniert das? Da muss ich dich leider täuschen. Geh deinen Koffer packen und flieg nach Austin, wenn du deinen Job behalten möchtest", rede ich ruhig und monoton, gegen Ende zeige ich auf die Tür, durch welche sie vor wenigen Augenblicken stolziert ist.

"Warte, ich zeige dir den Ausgang", grinst eine Blondine gehässig, verwundert sehe ich dieser hinterher, wie sie Bristol mehr oder weniger aus dem Saal wirft. Beim Umdrehen erkenne ich auch wer sie ist. "Anna?", verwundert blicke ich sie an, George der danebensteht, ist komplett neben der Spur. "Tja, so begegnet man sich wieder", lächelt sie schief. "Wir sollten das draußen klären", meine ich und ziehe mich an der Krücke hoch. Nickend stimmt Anna zu und wartet, bis ich bei ihr angekommen bin.

"Weißt du, Grace, in der Zeit, in der wir keinen Kontakt hatten, konnte ich viel nachdenken. Jetzt bist du wieder hier, im Geschäft der Formel 1 und um ehrlich zu sein, möchte ich nicht am Paddock an dir vorbeilaufen und so tun, als würde ich dich nicht kennen", setzt der Blondschopf an, seufzend sehe ich sie an. "Die Fehler liegen aber auch bei mir", meine ich ehrlich. "Wir haben beide unsere Fehler gemacht, keine Frage. Jedoch würde ich gerne für einen Frieden zwischen uns sorgen", flehend schaut sie mir in die Augen, dass ich nicht anders kann, als zuzustimmen.

"Wollt ihr euch vielleicht zu uns setzten? Ich habe nämlich einen riesigen Hunger", grinst Anna mich wie ein Sonnenschein an, lächelnd antworte ich ihr mit einem "Kein Problem", und schon zieht sie mich mit sich, zurück in den Saal. "Darf ich auch von dem Gespräch erfahren?", will George mit hochgezogener Augenbraue wissen. "Wenn du dich mit ihr zu Max und mir setzt, dann ja", antwortet Anna ihm gelassen, schulterzuckend sieht er mich an.

Wärend Max mit George in ein Gespräch verwickelt ist, quatscht mich Anna über alle möglichen Themen zu, von denen ich nicht wirklich etwas verstehe. "Was machst du eigentlich beruflich?", will ich von ihr wissen, um auf ein eventuell besseres Thema zu kommen. "Du wirst es nicht glauben, aber ich habe wirklich mal einen Auftrag von einem Schnösel bekommen. Ich sollte seine riesige Hütte einrichten", grinst mich die Blondine breit an. "Wow, ich bin schwer beeindruckt, das wolltest du ja schon ewig", meine ich und stopfe mir eine weitere Gabel voller Nudeln den Rachen hinunter.

"Bei dir hat man ja gehört, dass du jetzt nur noch Artikel schriebst", spricht sie mich nun auf mein Berufsleben an. "Ja, modeln geht ja schwer, dazu habe ich den Job sehr schnell gefunden und die Firma hat durch mich einiges an Aufmerksamkeit erhalten. Auch die NewYorkTimes hat schon den ein oder anderen Artikel gebracht", fasse ich mich kurz, um weiter essen zu können. "Es geht das Gerücht rum, dass du Bücher unter einem falschen Namen schreibst, ist da etwas dran?"; hackt Anna nach, vor Lachen verschlucke ich mich an einem Schluck Wasser. "Nein, aber um ehrlich zu sein, spiele ich schon länger mit dem Gedanken", meine ich, sobald ich mich wieder gefangen habe.

Den Rest des Abends unterhalten wir uns über die verschiedensten Dinge, vor allem beruflich hat sich so einiges geändert. Anna wohnt teilweise bei Max in Monaco, da es für ihn einfacher mit der Organisation des Flugs ist. Ihren Job kann sie mithilfe des Laptops von überall aus erledigen, was ihr einiges an Freiheiten bietet.

Sorgen ohne Grenzen |F1- FF| |George Russell|Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt