Australien - Melbourne 19

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Wutentbrannt stapfe ich auf Bristol zu, die sich anzüglich vor meinem Freund das Kleid hinunterzieht, damit man einen besseren Einblick auf ihren nicht vorhandenen Ausschnitt hat. George scheint davon sehr abgeneigt zu sein, immer wieder gestikuliert er mit seinen Händen eine scheuchende Bewegung. Da mit der Geduldsfaden endgültig reißt, packe ich sie, sobald ich nahe genug an ihr dran bin, an der Schulter. "Bristol, ich glaube du machst dich gerade an jemanden ran, der abgeneigt von deiner Zuneigung ist", knurre ich bedrohlich. "Ach was redest du da. Bis du gekommen bist hat er sich ganz anders verhalten", meint sie arrogant.

"Das wage ich zu bezweifeln", antworte ich emotionslos. "Red keinen Unsinn", mischt sich nun auch George ein, der wohl ein wenig zu tief in den Becher geguckt hat, schützend stellt er sich trotz allem neben mich. "Ohne ihn würdest du jetzt am Boden sein", faucht mein Gegenüber wütend, doch auch ich bin bereits rasend. "Verzieh dich aus meinem Leben und komm nie wieder", presse ich zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. "Du hast mir nichts zu sagen, ich mach dir dein Leben zur Hölle", quickt sie aufgebracht. Wie aus Reflex lasse ich meine linke Krücke aus, um ihr mit der freien Hand eine zu scheuern. Es ist nicht nur eine Ohrfeige, nein, man erkennt den Abdruck meiner Hand auf ihrem nun kreidebleichen Gesicht.

"Das werde ich zur Anzeige bringen", droht sie mir, was mich jedoch komplett kalt lässt. "Zu oft habe ich dir gesagt du sollst aus meinem Leben verschwinden, ein Drohung von deiner Seite obendrauf, es sieht schlecht aus", meine ich gespielt bedauernd, dadurch wird Bristol nur rasender als eh schon. "Damit kommst du niemals durch", faucht die Brünette aufgebracht. "Doch, wird sie und wenn du jetzt nicht ganz lieb bist und mit mir zum Flughafen fährst, um mit dem nächsten Flieger nach Austin zu fliegen, werden wir dieses Theater jetzt sofort mit der Behörde klären", mischt sich Pierre ein. Nach einer ewigen Diskussion lässt sich die Brünette von dem Franzosen von der Gruppe wegbegleiten.

"Was war das gerade?", will ich vorwurfsvoll von George wissen, der bis jetzt kaum etwas gesagt hat. "Ich schwöre dir, Bristol habe ich nicht einmal angefasst", verteidigt er sich sofort, doch aus irgendeinem Grund kaufe ich es ihm nicht ab. Liegt das an Sophia? Mit der er etwas hatte? "Grace, niemals würde ich etwas mit einer anderen haben, wenn ich dich an meiner Seite wissen darf", wärend er redet, legt er zögerlich seine Hände an meine Hüfte. "Wir sollten das wo anders klären", meine ich jedoch nur stumpf. So gut es geht hebe ich meine zweite Krücke auf und kehre ihm den Rücken zu.

"Verdammt, bitte glaube mir", höre ich es leise hinter mir, mit monotonen Gesichtsausdruck blicke ich ihn an. Zu viele Menschen haben schon gesagt ich kann mit ihnen über alles reden, am Ende waren aber alle gleich. Hinterhältig, verräterisch und wollten nur von der Güte anderer profitieren. "Grace, ich weiß leider nicht was gerade in deinem Kopf vorgeht, aber ich würde es zu gerne verstehen", murmelt George niedergeschlagen. "Woher will ich wissen, dass du nicht genau so bist, wie all die anderen?", frage ich ihn direkt. Es ist mir egal, dass meine Stimme gegen Ende bricht, noch weniger interessiert es mich, wie mir die Tränen über die Wange laufen.

"Mir ist bewusst, dass in unseren gemeinsamen Kapiteln Dinge passiert sind, die so nicht sein hätten sollen. Auch weiß ich, dass du hier und jetzt an Vergangenes denkst. Diese Angst kann ich dir nicht nehmen, ich kann dir nur Sicherheit davor bieten", flüstert mein Gegenüber, dabei kommt er mir vorsichtig näher. Auch wenn mir bewusst ist, George würde mir nie etwas tun, weiche ich reflexartig zurück. "Bitte bleib stehen", hauche ich mit zitternder Stimme, sofort hält er inne. "Du kannst mit mir darüber reden, wann immer du willst. Ich lasse dich jetzt ein wenig allein", lächelt George ehrlich, worüber ich froh bin. Normalerweise würde in einer Beziehung jetzt ein Streit entfachen, doch er lässt mir meinen Freiraum, was ich ihm hoch anrechne.

Um einen klaren Gedanken fassen zu können, verziehe ich mich an den kleineren Pool, von dem ich zufällig erfahren habe, da ich ein wenig Zeit damit verbracht habe, das Hotel im Internet zu suchen. Die Sonne ist bereits hinter dem Horizont verschwunden, eine leichte Brise sorgt für angenehme Temperaturen im Außenbereich des Hotels. Fertig von all den Gedanken dir mir durch den Kopf gehen, stütze ich den Kopf in meiner rechten Hand ab. Zu viele Ereignisse beschäftigen mich gleichzeitig, das laugt nicht nur aus, sondern mach obendrein auch noch krank. Mit dem Versuch an nichts zu denken, blicke ich auf die Wasseroberfläche und beobachte die kleinen Wellen, die vom Wind aufgeworfen werde, durch das spärliche Licht der Außenbeleuchtung.

"Was ist denn bei dir los?", höre ich es irgendwann von der Seite, stumm sehe ich in die Richtung von Pierre, der auf mich zu gestapft kommt. "Zuviel, würde ich einmal schätzen. Was verschlägt dich hierher?", frage ich den Franzosen, welcher sich neben mich auf die Liege setzt. "Von anderen habe ich bloß gehört, dass sie gesehen haben, wie George gegangen ist, ohne dich. Da frage ich lieber noch einmal nach", meint dieser mit einem Lächeln auf den Lippen. "Es ist einfach nur so viel passiert, damit muss ich erst einmal klarkommen", murmle ich vor mich hin, eher an mich selbst gerichtet als an ihn.

"Das kann ich verstehen, schließlich hast du mir ja einen kleinen Einblick hinter die Kulissen erlaubt. Aber warum ist George nicht bei dir? Den Schmerz kann ich dir ansehen, ob du willst, oder nicht", seufzt Pierre, was meine Schultern ein wenig zusammensacken lässt. "Das war so gewollt, manchmal brauche ich einfach meine Ruhe vor den anderen", antworte ich ehrlich darauf. "Weißt du, ich kenne den lieben George nun doch schon einige Jahre, möglicherweise habe ich ihn noch nie so glücklich gesehen wie in den letzten Tagen", lächelt der Franzose warm, die Ehrlichkeit von ihm verblüfft mich immer wieder. "Er macht mich auch glücklich", bei diesen Worten zucken meine Mundwinkel ein bisschen.

Sorgen ohne Grenzen |F1- FF| |George Russell|Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt