Der Hölle Rache kocht in meinem Herzen.
Emanuel Schikaneder
»Habt ihr euch entschieden?« Kinzhal hatte sich vor ihnen aufgebaut, Annie an seiner Seite. Wahrscheinlich hatte er sie mitgenommen, um Javet zu zeigen, dass sie nun nicht mehr frei war. Bei ihrem Anblick spürte er erneut Tränen in sich aufsteigen, doch er schluckte sie runter. Ich muss jetzt stark sein. Aber der Schmerz in seiner Brust ließ nicht nach. Es fühlte sich an, als hätte jemand ihm einen glühenden Eisenstab ins Herz gestoßen und würde ihn jetzt langsam hin und her drehen. Er unterdrückte ein Keuchen.
Am vorherigen Abend hatte er noch Zeit gehabt, Domador und Sera zu erzählen, was alles nach seiner Flucht aus Makali passiert war – Sera übersetzte dabei für ihre Schwester. Die beiden Frauen hatten ihm sein aufrichtiges Beileid zu Annie ausgedrückt, während Domador sowohl Kuimba als auch die Freiheitskämpfer lautstark auf seiner Sprache verfluchte. Zum Schluss hatten sie geschwiegen.
»Wir kennen diesen Jungen nicht«, zischte Domador und spuckte dem Triglaza vor die Füße.
Kinzhals Augen funkelten wütend auf und die Männer und Frauen, die ihn begleiteten, traten bedrohlich einen Schritt näher, bereit, ihre Säbel zu ziehen. Mit einer flüchtigen Handbewegung bedeutete er ihnen jedoch, sich zurückzuhalten. »Wenn das so ist, werdet ihr jetzt mit uns kommen. Der Zar möchte euch sehen.«
Bevor einen von ihnen protestieren konnte, wurden sie auf die Füße gezerrt. Zwei Triglaza lösten ihre Ketten und verdrehten ihnen gleichzeitig die Arme auf den Rücken. Auf diese Weise wurden sie aus dem Kerker hinaus die Treppe hoch geführt. Javet hörte Domador laut fluchen und Estrella kurz vor Schmerzen aufschreien, weil offenbar jemand gegen die Stummel ihrer Finger gekommen war.
Was ist der Zar?, fragte Javet sich und versuchte gleichzeitig, Blickkontakt mit Annie aufzunehmen. Aber sie ging gehorsam neben Kinzhal her, der ihnen den Weg wies. Ihre immer noch schwarz gefärbten Haare verschmolzen mit den Schatten, die zwischen zwei Fackeln herrschten. Schließlich kamen sie zurück in die Halle, doch nur kurz, denn es ging eine weitere Treppe nach oben. Hier gab es hohe, schmale Fenster, die den Blick auf eine tote, felsige Landschaft freigaben. Hier gibt es nicht mal Untiere, begriff Javet. Deshalb verschleppen sie die Menschen aus dem Grenzland. Sie sind ihre Nahrung. Aber warum werfen sie dann trotzdem einige von der Brücke? Das schaurige Piepen des anderen Geräts würde ihn sein Leben lang verfolgen.
Am Ende des Flures befand sich eine große Tür, die von vier Triglaza bewacht wurde. sobald sie Kinzhal und seine Begleiter sahen, machten sie ihnen den Weg frei, sodass sie eine weitere Halle betreten konnten, die allerdings um einiges kleiner war. Am anderen Ende saß ein grauhaariger Mann auf einem steinernen Stuhl, in den wirre Muster und scheinbar sogar kleine Figuren eingemeißelt waren. Aus dieser Entfernung konnte Javet das jedoch nicht genau erkennen. Sein Stirnband war nicht grau wie das der anderen Triglaza, sondern schimmerte golden. Um ihn herum standen drei leicht bekleidete Frauen, die offensichtlich Adlige aus dem Nordland waren. Ihre Augen starrten ins Leere.
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Pazifik - Verbannt
FantasyAchtung! Dies ist der zweite Band der Pazifik-Trilogie! Ihr solltet vorher »Pazifik - Verfolgt« gelesen haben. Nur mit viel Glück und der Hilfe der Magierin Marielle ist Javet vor siebzehn Jahren mit dem Leben davongekommen, als König Miro seinen ei...