Das Schicksal macht nie einen König matt, ehe es ihm Schach geboten hat.
Ludwig Börne
Javet stürzte. Stürzte in eine tiefe Schwärze, eine bodenlose Schlucht. Er fühlte, wie die unsichtbaren Wände immer näher kamen, wie sie ihn zerdrücken wollten. Es schien, als würde die Dunkelheit flackern, als gäbe es da Schatten, die noch schwärzer waren als die Finsternis selbst. Er hörte einen lauten Schrei, begriff, dass er aus seiner eigenen Kehle kam. Irgendwo über ihm leuchtete ein roter Punkt. Eine rote Sonne inmitten des schwarzen Himmels über ihm. Sie wurde immer größer und größer, bis ihre Hitze seine Haut verbrannte.
Plötzlich war die Finsternis weg. Wurde fortgeschwemmt von einem hellen Licht, das ihm entgegen leuchtete. Er hörte das leise Knistern eines Feuers. Die Hitze in seinem Körper war fast unerträglich. Sein Gesicht fühlte sich seltsam taub an. Javet wollte seine Augen öffnen, aber sie gehorchten nicht. Seine Hände zuckten hoch, fuhren über feuchten Stoff. Unter dem Schmerz entwich ein weiterer Schrei seiner Kehle. Er hatte das Gefühl, jemand würde einen glühenden Eisenstab in seinen Kopf bohren.
Um sich herum hörte er verschiedene Stimmen, die leise murmelten, besorgt. Hände packten ihn an den Unterarmen und drückten sie runter. Seine Finger krallten sich in weichen Stoff, während ein Schmerzensblitz nach dem anderen durch seinen Körper schoss.
»...Dolch...«, hörte er Domadors Stimme. »Vergiftet!«
»Kein Gift«, antwortete ihm jemand. »Blut... Strahlenkrankheit...«
»...musst!«
Eine laute und heftige Diskussion brach aus, bei der Javet kein Wort verstand. Allmählich wurden die Schmerzen unerträglich. Er verbrannte, verbrannte bei lebendigem Leibe.
»Ich tue es«, ertönte Domadors Stimme.
Darauf folgte ein erlösendes Schweigen. Jemand hielt ihm ein Glas an den Mund. Gierig schluckte er die kühle Flüssigkeit runter und glitt bald darauf wieder zurück in einen tiefen Schlaf.
Als Javet das nächste Mal aufwachte, war der Schmerz nur ein dumpfes Pochen in seinem Schädel. Diesmal schaffte er es auch, die Augen zu öffnen, aber die Welt um ihn herum sah irgendwie seltsam aus. Er hatte das Gefühl, alles wäre verschoben oder leicht schief. Erst nach wenigen Sekunden begriff er, dass nur eines seiner Augen offen stand. Vorsichtig hob er eine Hand und tastete am Kinn beginnend über die linke Seite seines Gesichts, bis er auf einen feuchten Verband traf. Als er die Finger betrachtete, waren sie leicht rötlich vom Blut.
Auf einmal ertönte ein aufgeregter Schrei, bei dem Javet erschrocken zusammenzuckte. Eine junge Frau, die zu den Menschen aus Hölle gehörte, war von ihrem Stuhl am Ende seines Bettes aufgesprungen. Sie war auch diejenige gewesen, die Domador in Hölle versorgt hatte. Obwohl sie unglaublich müde zu sein schien, strahlten ihre Augen vor Freude, als sie aus dem Raum hinaus stürzte.
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Pazifik - Verbannt
FantasyAchtung! Dies ist der zweite Band der Pazifik-Trilogie! Ihr solltet vorher »Pazifik - Verfolgt« gelesen haben. Nur mit viel Glück und der Hilfe der Magierin Marielle ist Javet vor siebzehn Jahren mit dem Leben davongekommen, als König Miro seinen ei...