Und schließlich gibt es das älteste und tiefste Verlangen, die große Flucht dem Tod zu entrinnen.
J.R.R. Tolkien
Javet rollte unwillig den Kopf herum, als jemand ihn an den Schultern schüttelte. Ich will schlafen. Lass mich schlafen. Lass mich einfach schlafen...
»Es sind schon fast alle gegangen. Du bist einer der letzten. Wach auf!« Die Stimme gehörte eindeutig einem jungen Mädchen. Es schüttelte Javet erneut an den Schultern und zog ihn schließlich so lange am Ärmel, bis er sich stöhnend aufsetzte. Er musste mehrmals blinzeln, bis er in der Dunkelheit der Nacht das Gesicht des Mädchens erkannte. Es kam ihm irgendwie bekannt vor. Erst konnte er es nicht zuordnen, bis ihm die auffälligen, blassblauen Augen auffielen.
»Ich habe dich schonmal gesehen«, murmelte er leicht benommen. Er war immer noch unglaublich müde, hatte wahrscheinlich nur eine oder zwei Stunden geschlafen. »Du warst in den Ställen, als Estrella mir Noche gezeigt hat.«
»Du erinnerst dich an mich?« Das Mädchen strahlte über das ganze Gesicht. Sie zog noch heftiger an seinem Ärmel und ließ dann plötzlich los. »Entschuldige.« Leicht verlegen streckte sie ihm die Hand hin. »Ich bin Rafaga. Ich kümmere mich um die Höllenrösser. Ich habe mich auch um deine Pferde gekümmert. Sie sehen seltsam aus. Haben nur einen Kopf.«
»Eines davon gehört Domador«, sagte Javet und stand seufzend auf.
»Welches?«
»Das schwarze.«
»Ich finde das rote schöner!« Rafaga strahlte ihn wieder an, nahm ihn dann an der Hand und zog ihn mit sich die Straße hinunter. »Komm. Wir müssen uns beeilen.«
Javet ließ sich einfach mitziehen. Halb gehend, halb stolpernd erreichten sie den Tunnel. Dort warteten bereits einige Menschen, die offenbar zu denjenigen gehörten, die aufpassen sollten, dass auch wirklich alle Leute Hölle verließen. Einer der Männer wechselte ein paar Worte mit Rafaga, bevor die zwei Kinder endlich den Tunnel durchquerten. Sie folgten mehreren Familien, die kleine Karren mit ihrem wichtigsten Hab und Gut hinter sich her zogen. Flankiert wurden sie von Kriegern auf Höllenrössern, die die Umgebung im Auge behielten.
»Wo ist Hierro? Und Domador?«, fragte Javet, als sie sich bei der großen Gruppe einfanden, die offenbar darauf wartete, dass Qing Xin aus Vernichtung zu ihnen traf, um sie zu heilen.
»Da drüben«, sagte Rafaga und zeigte in eine bestimmte Richtung.
Javet sah den Bürgermeister von Hölle in voller Rüstung neben seinem Sohn stehen, der auf einer Trage lag, den Armstumpf und Oberkörper mit einer Schicht von Verbänden umwickelt. Sie schienen sich heftig zu streiten und funkelten sich gegenseitig wütend an. Schließlich unterbrach Hierro Domadors Worte mit einem lauten Schrei, wandte sich abrupt um und ging weg. Eine Gruppe aus zwei Dutzend Kriegern folgte ihm. Darunter waren auch Aguarde und der andere Mann, der zusammen mit ihm als erstes aus dem Rathaus gestürmt war.
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Pazifik - Verbannt
FantasyAchtung! Dies ist der zweite Band der Pazifik-Trilogie! Ihr solltet vorher »Pazifik - Verfolgt« gelesen haben. Nur mit viel Glück und der Hilfe der Magierin Marielle ist Javet vor siebzehn Jahren mit dem Leben davongekommen, als König Miro seinen ei...