Verschwunden ist die finstre Nacht, die Lerche schlägt, der Tag erwacht, die Sonne kommt mit Prangen am Himmel aufgegangen. Sie scheint in Königs Prunkgemach, sie scheinet durch des Bettlers Dach, und was in Nacht verborgen war, das macht sie kund und offenbar.
Friedrich Schiller
Es vergingen mehrere Tage, bis Javet sich so weit erholt hatte, dass er das Bett verlassen und durch Burg Fedha gehen konnte ohne alle drei Schritte stehen zu bleiben, um sich an einer Wand abzustützen. Bisturí, die junge Heilerin, kümmerte sich darum, dass der Verband um seinen Kopf regelmäßig ausgetauscht wurde, während Rafaga ihm häufig etwas zu Essen vorbei brachte oder einfach nur bei ihm blieb und sich mit ihm unterhielt. Qing Xin hatte ihm auf seine Bitte hin neue Lederhandschuhe gebracht, um das ›W‹ auf seiner Handfläche stetig versteckt zu halten. Javet hatte nun zusätzlich zu diesen Narben noch eine weitere auf dem rechten Handrücken, wo Sharaf ihn mit dem Dolch erwischt hatte. Diese Narbe sah jedoch etwas anders aus, war an den Rändern immer noch dunkel, fast schwarz, obwohl der Schorf schon lange abgefallen war. Javet dachte sich nichts dabei. Sicher geht das auch noch weg.
Qing Xin berichtete ihm regelmäßig von allem, was in Ngome vor sich ging. So hatte Javet zum Beispiel erfahren, dass die Bewohner die Menschen aus Hölle allmählich akzeptierten. Einige hatten ihnen sogar Höllenrösser abgekauft und angeboten, ihnen beim Bau der Häuser zu helfen. Auch waren viele der zuvor geflohenen Hellhäutigen zurückgekehrt, nachdem Qing Xin auf Javets Bitte hin alle Gesetze, die Alina und Sharaf erlassen hatten, rückgängig gemacht hatte. Eigentlich hatte er noch weiter gehen und den Hellhäutigen mehr Rechte geben wollen, aber der Westländer hatte ihm vorerst davon abgeraten, weil es sonst zu Unruhen unter den Adligen kommen könnte. Wohin Alina verschwunden war, konnte ihm hingegen keiner sagen. Sie schien wie vom Erdboden verschluckt, aber er hatte auch nicht vor, sie zu suchen. Er hatte genug andere Sachen zu tun.
Vom alten Hofstaat waren nur wenige geblieben. Während des Kampfes im Thronsaal waren Kunong'ona und Dawa, der Berater und der königliche Heiler, von einem von Domadors Kriegern getötet worden. Der königliche Verwalter, Mudir, hatte gebeichtet, die ganze Zeit ein Spion des Südlandes gewesen zu sein, woraufhin Aguarde und einige andere Krieger ihn aus Ngome und hinein in die Einöde gejagt hatten. Die Garderitter waren entweder geflohen oder ebenfalls durch ein Schwert gestorben. Javet hatte beschlossen, Estrella zum ersten weiblichen Hauptmann zu machen und ihre Leute zu Garderittern zu schlagen. Er wusste, dass er sich auf sie verlassen konnte. Domador hätte dazugehören müssen, dachte er oft und fühlte dann, wie seine Brust sich schmerzhaft zusammenzog. Er hatte erfahren, dass Qing Xin den Krieger außerhalb der Stadt hatte begraben lassen. Ein großer Stein markierte das Grab. Auf ihm stand in vier Sprachen ›Domador Eisenarm, der starb, um seinen König zu retten‹.
Erst am fünften Tag ließ Javet Miros vier Töchter zu ihm holen. Sie waren zwar in ihre Zimmer zurückgekehrt und durften sich in der Burg frei bewegen, aber Javet war bisher noch nicht bereit gewesen, sich ihnen gegenüber zu stellen.
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Pazifik - Verbannt
FantasíaAchtung! Dies ist der zweite Band der Pazifik-Trilogie! Ihr solltet vorher »Pazifik - Verfolgt« gelesen haben. Nur mit viel Glück und der Hilfe der Magierin Marielle ist Javet vor siebzehn Jahren mit dem Leben davongekommen, als König Miro seinen ei...