„Maja, kommst du jetzt bald?" Mist, Mist Mist – schnell schloss ich meinen Zeichenblock und schob ihn unter den Schreibtischschutz. Den Bleistift noch in das Mäppchen. Ich hörte die Schritte auf der Treppe. Meine Herzfrequenz beschleunigte sich und ich merkte, wie ich anfing zu schwitzen. Ohne zu klopfen trat Thea ein. Meine Schwester, um genau zu sein meine Stiefschwester.
„Was machst du denn hier noch?" kam von ihr die Frage. „Hausaufgaben" sagte ich schnell. Zum Glück hatte ich das Englischbuch auf den Schreibtisch platziert, damit das glaubhaft wirkt. Thea sah mich trotzdem mit hochgezogenen Augenbrauen an. Ich war eine schlechte Lügnerin, doch ich zwang mich dazu ihr fest in die Augen zu schauen. „Jetzt komm schon wir warten!". „Bin sofort da" antwortete ich ihr. Als sie das Zimmer verlassen hatte, atmete ich auf und versuchte mir mit den Händen etwas Luft zuzufächeln. Ich sah an mir herunter und warf noch einen kurzen Blick in den Spiegel. Dann beschloss ich, dass es den Ärger nicht Wert ist, sich noch etwas präsentabler herzurichten. Schnell band ich mir nur meine hellbraunen Haare zu einen Dutt zusammen.
Ein Blick auf die Uhr sagte mir, dass es bereits 5 nach 2 war. Thea und Tine wollten mit mir um 2 zum Shoppen gehen. Dabei sollte ich den Packesel spielen.
Seufzend packte ich nach einem letzten Blick mein Handy in die Tasche und folgte Thea die Treppe runter. „Na endlich" wurde ich von Tine begrüßt. Sie ist meine zweite Stiefschwester und erst 16, aber kleidete und schminkte sich wie eine 20-jährige. Thea war ein halbes Jahr älter als ich und mittlerweile 18.
Mit dem Bus fuhren wir zur nächsten Einkaufshalle. Früher habe ich gerne neue Klamotten gekauft, als mein Vater noch lebte. Wobei – so lange war das noch gar nicht her. Er war vor 3 Jahren gestorben. Mit seiner zweiten Frau und meiner Stiefmutter hatte ich nie ein so gutes Verhältnis. Meine Mutter kam als ich 5 Jahre alt war bei einem Autounfall ums Leben und 5 Jahre später hat mein Vater meine jetzige Stiefmutter, Maria, geheiratet. Ich habe mich sehr für ihn gefreut, denn obwohl ich noch recht jung war, wusste ich, dass er einsam ist und sich nach einer Partnerin gesehnt hat.
„Wir sind da, Trantüte" weckte mich Thea aus meinen Tagtraum. Wenn ich an meinen Vater denke, werde ich immer etwas melancholisch. Wobei in letzter Zeit schlich er sich nicht mehr so oft in meine Gedanken.
Die übliche Einkaufstour durch sämtliche Geschäfte startete. Ich machte mir gar keine Mühe, mich ebenfalls umzusehen. Die Preise der Kleider hier konnte ich mir sowieso nicht leisten. Ganz im Gegensatz zu meinen Schwestern, die einfach mit der Kreditkarte meiner Stiefmutter einkaufen gingen. Heute wollten sie schicke Kleider für die Abi-Abschlussfeier von Thea und mir kaufen. In zwei Monaten waren wir hoffentlich fertig mit der Schule.
Ich würde mir später dann im second-hand Laden ein Kleid suchen – das war eher in meinem Taschengeld-Budget, mit dem ich notgedrungen auskommen musste.
„Wie findest du das?" fragte Thea – sie hatte ein wunderschönes, rotes Cocktailkleid an. Das umschmeichelte ihre schlanke Figur mit Kurven an der richtigen Stelle. Es harmonierte gut mit ihren blonden, langen Haaren und hellen Teint. „Sehr schön" sagte ich ehrlich bewundernd. „Ich meinte Tine" kam es patzig zurück. Die trat gerade aus der Umkleide und ihr violettes, ärmelloses Kleid stand ihr ebenfalls sehr gut. Sie hatte braune Haare, aber von der Figur her war sie Thea sehr ähnlich.
Thea und Tine musterten sich nun gegenseitig. „Die werden es" meinten sie unisono. Die Verkäuferin kam direkt, um die Kleider noch etwas abzustecken. „Die geben wir zu unserer Schneiderin, dann können sie in zwei Wochen abgeholt werden – passt das?". Thea bestätigte das.
Damit waren die beiden aber noch nicht fertig. Da sie die Kleider noch anhatten, suchten sie direkt in dem Laden jeweils noch ein paar Schuhe und dazu passende Taschen. Alles im Laden war schön und exklusiv – mit dem entsprechenden Preis. Geschmack hatten die beiden, das musste ich zugeben.
„Sehr gut – dann haben Sie die Wahl, ob Sie direkt den gesamten Betrag zahlen oder eine Anzahlung von 60 % leisten und den Rest bei der Abholung" sagte die Verkäuferin. Thea zahlte direkt alles – insgesamt über 1500€. Mir fielen fast die Augen aus dem Kopf. So viel Geld hätte ich noch nicht mal dann, wenn ich ein Jahr darauf sparte. Schuhe und Taschen wurden direkt mitgenommen und mir zum Tragen in die Hand gedrückt.
„Jetzt fehlen noch die passenden Dessous" stellte Thea fest und ging direkt in den nächsten, passenden Laden.
„Such du dir ruhig auch was schönes raus – das geht auf unsere Kosten" sagte Tine zu mir. Ich wurde sofort misstrauisch „Warum?" fragte ich vorsichtig nach. „Sieh es als vorgezogenes Geschenk zu deinem 18. Geburtstag" meinte sie achselzuckend. Der ist in zwei Monaten – aber gut, warum sollte es nicht auch mal etwas Gutes für mich geben. „Nimm etwas rotes – schön, sexy" rief mir Thea noch zu. Das war mir jetzt nicht so recht. Ich würde lieber etwas neutraleres nehmen, blau oder schwarz. Aber einen geschenkten Gaul... Seufzend ging ich zu der Ecke, in der die raffiniertere Unterwäsche war. Da es nur eine Umkleide gab, mussten wir nacheinander die Sachen anprobieren.
Gegenseitig kommentierten wir unsere Funde. Und am Ende hatte jede einen schicken, neuen BH und zwei dazu passende Höschen.
An der Kasse wartete ich unruhig. Ich rechnete immer noch damit, dass sie in letzter Sekunde meine Teile wieder weg legten und doch nicht mitnahmen. Doch zu meiner Überraschung, bezahlten sie tatsächlich alles. „Vielen Dank für die schönen Teile" strahlte ich und lächelte. Mit einem knappen Nicken wurde das zur Kenntnis genommen.
Alle Tüten in meinen Händen, ging ich hinter ihnen her – das Ziel war klar: die Eisdiele. Ich war immer noch misstrauisch. Ich wollte noch einen Blick in die Tüte werfen, ob tatsächlich meine Unterwäsche da drin war – und lief direkt gegen eine Wand aus Muskeln.
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Von Wölfen beschützt
RomanceMaja hatte in den letzten Jahren nicht viel zu lachen. An ihren 18. Geburtstag überschlugen sich dann die Ereignisse und sie beschloss nicht mehr nach Hause zurück zu kehren. Stattdessen lebte sie in einen Haus mit anderen Jugendlichen. Doch irgende...