13. Kapitel

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Als Iris zurück kam, informierte sie mich, dass es in einer halben Stunde Abendessen gab. Ich nutzte die Zeit und versuchte etwas über die Organisation hier herauszufinden. „Wir sind hier zwischen 16 und 20 Jahre alt. Es gab bis vor kurzem noch ein paar Ältere, aber die wollten mit ihren Partner zusammen ziehen und haben sich deshalb eine eigene Wohnung genommen" gab sie mir bereitwillig Auskunft.

„Und wo sind eure Eltern? Wer finanziert das alles hier?" hackte ich nach. „Unsere Eltern wohnen nicht so weit weg von hier. Sie lassen uns sobald wir 16 sind die Wahl, ob wir hier wohnen wollen oder bei ihnen bleiben." Sie zuckte mit den Achseln und schenkte mir eines ihrer typischen Lächeln „die meisten wollen hier wohnen." Was war das? Irgend so ein Hippie-Ding vermutete ich.

Meiner Frage über das Geld wich sie geflissentlich aus, wie ich registrierte. Aber ich ließ nicht locker „Wem gehört das Haus?" bohrte ich nach. „Meinen Eltern, wenn man es genau nimmt" sagte Iris zögernd. Ich staunte. Sie konnten sich einfach so ein so großes Haus in der Gegend leisten? Iris bemerkte meine Verblüffung und fügte hinzu „es ist schon lange in Familienbesitz. Und wir kümmern uns gut darum. Wenn etwas nicht mehr passt, dann tauschen es die aktuellen Bewohner aus."

Das war natürlich eine Erklärung. Vor 50 Jahren waren die Baupreise noch nicht so hoch und Häuser erschwinglicher. Trotzdem müssten ihre – und damit auch Kilians – Eltern wohlhabend sein. Wenn sie einfach so ein Haus am Stadtrand besitzen konnten und es kostenlos einer Horde Jugendlicher überließen. Gedankenverloren biss ich mir leicht auf die Unterlippe. Das war weit über meinen Möglichkeiten.

Beim Abendessen fiel mir auf, dass alle sehr diszipliniert waren. Bei so vielen Jugendlichen und Halbstarken hätte ich Chaos erwartet. Scheinbar tat es gut, nicht immer alles von Erwachsenen diktiert zu bekommen. Und alle schienen zu helfen und sich zu beteiligen - in dem Alter durchaus nicht selbstverständlich. Ich bot an den Abwasch zu machen oder mich anderweitig einzubringen. Doch ich wurde nur lachend fortgeschickt. „Leb dich erst einmal ein – in der ersten Woche musst du noch nicht helfen" sagten sie augenzwinkernd zu mir.

***

Am nächsten Morgen wachte ich ungewöhnlich bald auf. Die Sonne war gerade erst aufgegangen. Ich räkelte mich im Bett und wunderte mich, wie schnell ich mich an den Gedanken gewöhnt hatte, hier zu Hause zu sein. Da ich es im Bett nicht mehr aushielt, beschloss ich aufzustehen. Vielleicht war ja schon jemand in der Küche.

Dort angekommen empfing mit gähnende Leere. Hier wohnten wohl eher Langschläfer. Das sollte mir Recht sein – normalerweise gehörte ich auch zu denen. Doch gestern bin ich früh ins Bett gegangen. In so großen Gesellschaften war mir immer noch etwas mulmig zumute, weshalb ich gestern Abend nach kurzer Zeit den Gemeinschaftsraum verlassen hatte.

Ich inspizierte den Kühlschrank und die Speisekammer. Was kann man schönes aus den Zutaten hier zaubern? Ich entschied mich, erst einmal Kaiserschmarrn zu machen. Das Rezept hatte ich im Kopf und die Zutaten waren schnell zusammen gemischt. Dann in die heiße Pfanne, kurz etwas anbraten und ab in den Ofen.

Anschließend wollte ich noch etwas Herzhaftes kochen. Was könnte man mit den Lebensmitteln hier noch machen? Ich schnappte mir Pilze, Tomaten, Zwiebeln und Schinken und begann alles in kleine Würfel zu schneiden.

Jetzt brauchte ich nur noch ein paar Schüsselchen zur Aufbewahrung. Ich öffnete ein paar Schränke, bis ich sie schließlich entdeckte. Natürlich ganz oben. Ich reckte mich auf Zehenspitzen und kam mit meinen Fingerspitzen hin. Vorsichtig versuchte ich sie zu mir hinzuziehen, als ich plötzlich von hinten eine Wärme wahrnahm und mir ein verführerischer Geruch in die Nase stieg. Jemand stand hinter mir, streckte sich über mich und nahm die Schüsselchen herunter. Dabei streifte seine Nase meine Haare.

Von Wölfen beschütztWo Geschichten leben. Entdecke jetzt