6. Kapitel

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Dieses und das nächste Kapitel enthält Gewalt und sexuelle Erniedrigung. Ich habe den Beginn mit --- gekennzeichnet. Wer das nicht lesen möchte, der sollte mit Kapitel 8 fortfahren.

Die Woche bis zum Abitur verging wie im Flug. Während den Prüfungen war ich in einem Zustand ständiger Angespanntheit. Ich konnte nicht richtig schlafen, schlug immer wieder Sachen nach, an die ich mich nicht mehr erinnern konnte und wo ich mir einbildete, dass sie bestimmt abgefragt werden.

Etwas wunderte ich mich über mich selbst – immerhin ist die Note am Ende zweitrangig. Um das Bestehen machte ich mir wenig Sorgen, dazu waren meine Leistungen zu konstant, um einen Totalausfall zu haben. Meine Stelle als Auszubildende zur Arzthelferin hatte ich schon. Viel lieber hätte ich als Erzieherin gestartet. Da wäre ich allerdings finanziell weiter abhängig gewesen – etwas, was ich so schnell wie möglich hinter mich bringen wollte. Aus dem gleichen Grund kam ein Studium für mich ebenfalls nicht in Frage.

Anfangs würde ich als Arzthelferin nicht so viel verdienen, aber mit etwas Glück reichte es, um ein kleines Zimmer in einer WG zu ergattern. Dann wäre ich endlich aus dem Haus raus – und weg von meiner Stiefmutter und -schwestern. Immerhin hatte ich in dem Beruf Kontakt zu Menschen und Kindern. Ich hatte das Glück, die Stelle bei einem Kinderarzt zu ergattern.

Während dem Abi waren alle so in sich vertieft, dass es sich mit den Ärgernissen in Grenzen hielt. Keiner lauerte mir auf den Weg auf oder ähnliches. Trotzdem wurde ich das Gefühl nicht los, dass mich manche anstarrten und musterten. Es war kein nettes anschauen, sondern eher ein abschätzendes. Wenn ich zurück schaute, wendeten sie den Blick ab oder grinsten anzüglich-süffisant. Ich war so froh, dass ich das bald alles hinter mir lassen konnte.

Auch den einen Jugendlichen auf der Parkbank sah ich nicht mehr. Ich hatte ein schlechtes Gewissen. Als ich an dem Tag vor einigen Wochen von meiner Einkaufstour zurück kam, fiel er mir siedend heiß wieder ein. Ich war einfach gegangen – eher weggerannt, ohne mich noch einmal umzuschauen. Sie hätten alles mögliche mit ihm machen können – immerhin waren sie zu viert. Er sah zwar sportlich aus, aber nicht wie Superman.

Jan konnte ich schlecht fragen, was sie mit ihm gemacht haben, als ich weg war. Von denen hatte keiner sichtbare Spuren von einem Kampf, von daher hoffte ich, dass sie ihn einfach haben gehen lassen. Aber ganz sicher war ich nicht – er könnte auch grün und blau geschlagen in einem Krankenhaus liegen.

Das nagte an mir. Er hat mir geholfen und ich habe ihn quasi im Stich gelassen. Wenigstens die Polizei hätte ich rufen können – zur Sicherheit. Angeblich sieht man sich immer zweimal im Leben, vielleicht bewahrheitet sich der Spruch und ich kann mich wenigstens bedanken.

***

„Komm schon Maja, wenigstens einen Sekt musst du mit uns trinken" drängte mich Thea. Auffordernd hielt sie mir ein Glas hin.

Heute Abend kamen einige aus unserer Klasse zu Besuch. Mein Plan war, mich in meinem Zimmer zu verschanzen. Es waren ausnahmslos diejenigen dabei, die beliebt waren. Und Valentin, um ein paar schöne Erinnerungsfotos zu machen. Da wollte ich nicht stören oder mich am laufenden Band verarschen lassen.

Morgen wurde ich 18 – ein Schritt näher Richtung Unabhängigkeit. Das und die Ausbildung, die ich in ein paar Monaten beginnen würde.

Einen Sekt zum Abschluss der Prüfungen kann nicht schaden. Meine Stiefmutter war nicht da – sie ist schon zur Nachtschicht aufgebrochen. Somit waren es nur wir drei. Ich nahm das Glas von Thea und mit einem „Cheers" stießen wir auf ein Ende des Lernens an. Zumindest für die schriftliche Prüfungen. Ob eine von uns noch in eine mündliche muss, würden wir erst in 6 Wochen erfahren.

Tine trank auch mit uns. Der Sekt war angenehm prickelnd und leicht süßlich – ideal zum Trinken. Ich hatte noch nichts zu Abend gegessen und nahm mir direkt noch eine der Knabberstangen, die bereits offen dastanden. Die Gäste würden erst ein zwei Stunden kommen, bis dahin war noch Zeit.

Nach ein paar Schlucken fühlte ich mich bereits leicht beschwipst. „Ich glaube, ich vertrage nicht so viel Alkohol" – oh mein Gott, lallte ich etwa? Ich war von mir selbst entsetzt.

---

„Dann nehme ich dir das Glas mal ab" meinte Tine und stellte es auf die Theke. Sie und Thea beobachteten mich aufmerksam. Es fühlte sich an, als wäre ich in Watte gepackt und würde über mir schweben.

Thea packte mich am Arm und ging mit mir die Treppe hoch und auf mein Zimmer. Ich trank zwar selten Alkohol, aber dass ich so wenig vertrage, hätte ich nicht gedacht. Sie führte mich in mein Zimmer, wo ich schwankend stehen blieb. „Wir helfen dir beim Ausziehen und dann legst du dich hin. Sehr gut, du hast ja die schöne, rote Unterwäsche an. Das macht es einfacher."

Wie durch einen Nebel nahm ich alles war. Warum sollte meine Unterwäsche darauf Einfluss haben, wie schnell ich im Bett war? Willenlos ließ ich mir beim Ausziehen helfen. Als ich nur noch in BH und Höschen da war, stießen die beiden mich auf mein Bett.

Ich spürte, wie sich ein Tuch um meine Handgelenke legte und festgebunden wurde. Das gleiche geschah mit den Füßen. Nun lag ich da, in Unterwäsche, alle vier Gliedmaßen von mir gestreckt. Irgendwie fühlte es sich nicht richtig an, aber ich kam nicht drauf. „Das fehlt noch, dann musst du nur noch warten" mit den Worten schob mir Thea einen Knebel in den Mund.

Verdammt, das wollte ich nicht. Durch den Dunst hindurch regte sich Widerstand in meinen Gehirn. Ich versuchte mich zu wehren, doch alle Kraft war aus meinen Muskeln gewichen. Ich fühlte mich wie Wackelpudding.

„Das wird den Jungs gefallen. Der Hauptpreis für die Pokerrunde heute Abend" sagte Tine. Doch auch das rüttelte mich nicht wach. Ich lag da, im Delirium, gefesselt, geknebelt und komplett wehrlos. Auf dem Präsentierteller.

Von Wölfen beschütztWo Geschichten leben. Entdecke jetzt