Wir schlenderten weiter durch den Tierpark. Beim Wolfsgehege blieben wir stehen. Fasziniert sah ich die schönen Tiere an. „Gefällt dir, was du siehst?" fragte mich Kilian. „Ich finde Wölfe erstaunlich. Ihre Rudelstruktur, ihren Zusammenhalt, immer füreinander da zu sein. So sollte es auch bei den Menschen sein. Nicht aufgrund Regeln oder Zwänge, sondern ganz selbstverständlich" fuhr er fort ohne auf eine Antwort zu warten.
Schon wieder stand er knapp hinter mir. Dabei schnupperte er an meinen Haaren. Was war damit nur? Gestern Abend hatte ich sie mir extra gewaschen. Plötzlich war ich mir nicht mehr sicher, ob ich heute Morgen ein Deo verwendet hatte oder nicht. Unauffällig versuchte ich an meinen Achseln zu schnüffeln. „Du riechst so gut – nach Honig mit einer Spur Erdbeere" sagte Kilian und inhalierte. Das war mir mehr als unangenehm und verkrampft brachte ich ein paar Schritte zwischen uns. „Wollen wir weiter?" Seine Worte beschäftigten mich, als wir uns vom Gehege entfernten. War er so idealistisch, dass er dachte, dass das möglich ist. Scheinbar versuchen sie so etwa in dem Haus zu etablieren. Ob das wohl auf Dauer gut geht? Ich hatte da meine Zweifel.
Da wir alle Gehege gesehen hatten, beschlossen wir noch in den Park zu gehen. Das stellte sich als sehr schlechte Idee heraus. „Biene, hast du endlich einen Stecher gefunden?" Ich hatte ganz vergessen, dass Jan mit seiner Clique ebenfalls immer im Park waren. „Wenn er es nicht drauf hat, wir stehen gerne zur Verfügung" sagte er und grinste anzüglich. Neben mir spürte ich, wie sich Kilian verkrampfte und leise knurrte. „Du solltest lieber deine Zunge in Zaum halten, wenn du weißt, was gut für dich ist" sagte er gefährlich ruhig. „Sonst was?" kam zur Antwort. Kilian lächelte wissend „ich sage mal so: ich werde nicht so vorsichtig zu deinen Weichteilen sein, wie manch anderer. Und ich habe auch kein Problem damit euch allen eine kleine Lektion zu erteilen." Dabei blitzten seine Augen wütend auf. Jan wich etwas zurück „schon gut, wir lassen deine Kleine in Ruhe" lenkte er ein. Da bestätigte sich mal wieder der Spruch: große Klappe, nichts dahinter.
Sie ließen uns ziehen und wir beschlossen, den Tag mit einem Abendessen ausklingen zu lassen.„Du weißt gar nicht, wie leid es mir tut, dass ich nicht eher da war, um dich vor diesen Deppen zu beschützen" Kilian nahm meine Hand und gemeinsam schlenderten wir weiter zu einem italienischen Restaurant. Da wurde mir warm ums Herz und im Bauch – ob von seinen Worten oder seiner Berührung, konnte ich nicht sagen.
Nach dem Essen blieben wir noch am Tisch sitzen und tranken etwas. Dabei unterhielten wir uns über alles mögliche – die Begegnung vorhin ließen wir außen vor.
Als wir zurück kamen, stellte Kilian den Motor ab, doch machte keine Anstalten auszusteigen. Erwartungsvoll sah er mir tief in die Augen. Die Farbe war ein dunkles schokoladenbraun. So schön zum Versinken. „War das jetzt ein Date?" hörte ich mich selbst fragen. Kilian strich mir eine Strähne hinter das Ohr und umfasste sanft meine Wange. Dabei hielt er die ganze Zeit den Augenkontakt „möchtest du denn, dass es ein Date war?" Musste der Kerl immer mit einer Gegenfrage antworten? Er beugte sich weiter vor und flüsterte an meinen Lippen „zu einem Date fehlt noch eine Kleinigkeit – ich würde das gerne vervollständigen. Ist das in Ordnung?" Atemlos sah ich in seine Augen und nickte leicht, ohne zu wissen, was kommen würde.
Ich spürte seinen Atem an meiner Lippe und dann ganz sanft eine Zunge, die an ihr leckte. Dann fing er an, an meiner Unterlippe zu knabbern. Erst ganz sanft, dann mit etwas mehr Nachdruck. Ich spürte einen Schauder, der meinen ganzen Körper ergriff. Endlich senkten sich seine Lippen auf meine. Der vorsichtige Kuss wurde intensiver. Kilians Hand umfasste meinen Hinterkopf, die Hand in meinem Haar vergraben. In meinem Bauch begannen Schmetterlinge zu flattern. Viel zu früh löste er sich von mir. Zärtlich sah er mich an „vielen Dank für den schönen Tag". „Ich kann den Dank nur zurück geben" erwiderte ich schüchtern. Das brachte mir ein strahlendes Lächeln ein. Nach einem kurzen Kuss auf die Wange stieg Kilian aus dem Auto aus und öffnete mir die Tür. Zusammen gingen wir ins Haus. Dort standen wir unschlüssig herum. „Dann, gute Nacht" sagte ich unsicher. Er nickte nur und gab mir noch einen schnellen Kuss auf die Stirn „Gute Nacht, schlaf gut!"
Zurück im Zimmer wollte das Grinsen nicht von meinem Gesicht verschwinden. „Ich sehe schon, es lief gut" meinte Iris und riss mich damit aus meinem Tagtraum. Ich beschloss, darauf nichts zu sagen. Noch nicht mal ihre drängenden Fragen konnten mir jetzt noch die Laune verderben. Ich fühlte immer noch den Kuss auf meinen Lippen, legte mich hin und war zufrieden damit die Decke anzustarren. Iris gab bald auf und ließ mich in Ruhe. Da es schon spät war, machte ich mich schließlich bettfertig. Das Lächeln blieb – ich kann mich an keinen Tag seit dem Tod meines Vaters erinnern, der so perfekt war.
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Von Wölfen beschützt
RomanceMaja hatte in den letzten Jahren nicht viel zu lachen. An ihren 18. Geburtstag überschlugen sich dann die Ereignisse und sie beschloss nicht mehr nach Hause zurück zu kehren. Stattdessen lebte sie in einen Haus mit anderen Jugendlichen. Doch irgende...