8. Kapitel

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„So weit, so gut" murmelte Mike und trat an mein Bett.

Ich fing nur stärker als vorher an, an den Fesseln zu zerren. Langsam kamen meine Kräfte zurück. Dazu warf ich Mike und Valentin flehende Blicke zu. „Psst, wir tun dir nichts" flüsterte Mike. „Wir holen dich hier raus. Gib keinen Ton von dir." Mit den Worten nahm er mir den Knebel ab.

„Hast du ein Messer oder so etwas?" Ich versuchte mit den Kopf Richtung Container beim Schreibtisch zu nicken. „Eine Schere, ganz oben." Meine Zunge fühlte sich seltsam dick und pelzig an. Als hätte ich sie zu lange nicht benutzt.

Mike schnitt die Fesseln durch. Ich massierte mir meine schmerzenden Handgelenke. In der Zwischenzeit hatte sich Valentin meinen Koffer vom Schrank gepflückt und warf alle Klamotten rein, die er fassen konnte. Ich errötete etwas, als er an meine Unterwäsche kam. Aber ohne ein Blick darauf zu werfen, nahm er den ganzen Pack und warf ihn in den Koffer.

„Zieh das an!" erst da bemerkte ich die Jeans und den dünnen Pulli, der auf dem Bett lag. Oh Gott, ich war ja noch halbnackt. Zitternd streifte ich mir die Sachen über. Meine Finger waren von der Fesselung immer noch etwas gefühllos und ich bekam nur mit Mühe den Knopf von meiner Hose zu. Dazu noch Strümpfe. Auf Schuhe musste ich verzichten, die waren unten. Dann packte ich mir meine Tasche und warf mein Handy und mein Geldbeutel rein. Einer Eingebung folgend, verstaute ich auch noch das Nähgarn.

„Hast du alles gepackt? Dann los!" Befahl Mike und ging zum Fenster, um einen prüfenden Blick rauszuwerfen. Valentin war schon dabei hochzuklettern. „Wir sind hier im ersten Stock – da geht es bestimmt 4 Meter runter, da können wir nicht springen, ohne uns die Beine zu brechen."

„Das wird schon" bekam ich kurz zur Antwort und dann murmelte Mike Valentin etwas ins Ohr. Mit einen Nicken sprang er runter. Einen kleinen Schrei konnte ich mir nicht unterdrücken, was mir einen grimmigen Blick von Mike eintrug.

Entsetzt schaute ich raus – und tatsächlich stand da Valentin, unverletzt auf unseren Rasen, noch leicht runter gebückt. Mike nahm den Koffer und warf ihn Valentin zu. Dann hob er mich hoch. Einen letzten Blick wollte ich noch auf mein Zimmer werfen. „Moment" fiel mir plötzlich ein. „Ich brauche noch mein Zeichenblock." Schnell kam ich wieder auf die Füße und griff zum Schreibtisch, unter meinen Schutz. Dann hielt ich den Block in den Händen.

„Jetzt fertig?" Ich nickte und Mike nahm mich wieder in die Arme. „Keine Angst, ich halte dich – du wirst unversehrt unten ankommen." So seltsam es klang, aber alles ging so schnell, dass ich gar keine andere Chance hatte, als ihm zu vertrauen. Ich hatte nur ein Ziel: weg von hier zu kommen. Ich hielt mir einen Hand vor dem Mund, um den Schrei zu unterdrücken. In der anderen hatte ich den Block fest umklammert und meine Handtasche mit Geldbeutel und Handy hing um meine Schulter.

Tatsächlich kam Mike erstaunlich sanft unten an – obwohl er mich in den Armen trug. Valentin war mit den Koffer schon voraus gerannt und jetzt folgte Mike – und hielt mich dabei immer noch.

„Ich kann selber laufen" protestierte ich matt. „Aber nicht schnell genug" kam die Antwort. Da konnte ich ihm nicht widersprechen. Mein Gehirn war immer noch nicht zu alter Stärke erwacht und ich fühlte mich seltsam außer Atem, als wäre ich einen Marathon gelaufen. Ich wusste noch nicht mal, ob ich überhaupt gehen konnte, ohne zu stolpern.

Zwei Straßen weiter packte Valentin mein Gepäck in den Kofferraum von einen Wagen und setzte sich auf die Rückbank. Dort wurde ich auch von Mike hin verfrachtet. Er selbst nahm auf den Beifahrersitz Platz. Kaum saß er einigermaßen drin, fuhren wir los. „Ging alles glatt?" Kam die Frage vom Fahrer, die bejaht wurde. Plötzlich hatte ich das Gefühl, dass mir eiskalt war. Und ich begann zu zittern.

„Maja, was ist mit dir? Alles in Ordnung?" fragte Valentin leicht panisch. Doch ich konnte nicht aufhören. Mein Körper hatte ein Eigenleben entwickelt und ließ sich nicht beruhigen. Meine Zähne klapperten so heftig aufeinander, dass ich Angst hatte, dass ich sie mir bald ausschlug.

Eine Jacke wurde um mich herum gelegt – und das obwohl das Thermometer im Auto 20° anzeigte und die Heizung auf ganz heiß stand.

Mike warf mir einen besorgten Blick zu „Wir sind gleich da, halte durch" bat er mich. Ich versuchte zu Nicken, weiß aber nicht, ob er der über das Zittern gesehen hat. An einem großen Haus am Rande der Stadt hielten wir an. Sofort kam Mike, um mich wieder zu tragen. Dieses Mal wehrte ich mich nicht – ich war mir ziemlich sicher, dass mich meine Beine nicht tragen würden.

Von Wölfen beschütztWo Geschichten leben. Entdecke jetzt