14. Kapitel

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„Du bist bald auf" stellte Kilian fest „eine Frühaufsteherin?". Da er so nah bei mir stand, konnte ich mich nicht umdrehen. Er hatte mich zwischen die Arbeitsfläche und sich eingeklemmt. Seine Nase war immer noch in meinen Haaren und scheinbar schnupperte er daran. Hmm, stimmte etwas mit dem Shampoo nicht? Ich hatte mir gestern Abend die Haare gewaschen, also riechen konnten sie nicht.

Als Kilian keine Anstalten machte zurück zu treten, wand ich mich unwohl und versuchte einen Schritt zur Seite zu machen. Das merkte er und ließ mir genug Raum, dass ich mich umdrehen konnte. Da er ein ganzes Stück größer als ich war, musste ich zu ihm aufblicken.

Und wieder stellte mein Gehirn seine Funktion auf stand-by und ich konnte ihn erst mal nur anstarren. Das amüsierte ihn scheinbar und mit seinen Händen fuhr er sanft meine Arme herauf und herunter. Ich musste mich dazu zwingen bei seiner Liebkosung nicht genüsslich die Augen zu schließen. Meine Beine stellten die Funktion ein und ich konnte nicht zur Seite treten, was auf jeden Fall sinnvoll wäre. So wie der aussah, machte er das bei jeder. Kilian hob eine Augenbraue und sah mich fragend an. Erst da merkte ich, dass er auf eine Antwort wartete – was wollte er noch mal wissen?

„Ich konnte nicht mehr schlafen und dachte, ich mache schon mal Frühstück" stieß ich hervor. „Normalerweise gehöre ich nicht zu den frühen Vögeln"

Langsam wurde mir immer wärmer und ich merkte, wie ich rot anlief. Nachdenklich sah er mich an und und ließ mich schließlich los. Endlich hatte ich etwas Luft zum Atmen. Dafür roch es nicht mehr so gut – nach frisch geduschten Mann und einen Hauch von Sandelholz. Er war zu "zu" für mich. Zu reich, zu gutaussehend, zu anziehend. Verdammt, ich wusste einfach nicht, was ich wollte.

„Sehr schön, was gibt es?" Ich zählte ihm noch etwas zittrig auf, was ich geplant hatte. Er setzte sich auf einen Barhocker und es schien so, als würde er mir Gesellschaft leisten. Nervöser als vorher machte ich mich wieder an die Arbeit. Ich zuckte erschrocken zusammen, als ein Piepen erklang. Ach ja, der Ofen. Zum Glück hatte ich einen Wecker gestellt.

Ich schaute mich in der Küche um und wurde immer panischer. „Kann ich dir helfen? Ich kenne mich hier aus" bot Kilian an. „Ich suche Topflappen – die Pfanne muss aus dem Ofen." Kilian stand kurzerhand auf, schnappte sich ein Geschirrtuch und nahm damit die Pfanne. Bevor ich ihn warnen konnte, dass sie viel zu heiß und zu schwer war, um sie so zu nehmen, stellte er sie schon auf den Herd. Ich war verblüfft. „Ist aber noch nicht ganz fertig" meinte Kilian kritisch. Lächelnd kam ich dazu und drehte die ganze Masse einmal um. „Jetzt kann es wieder rein." Das übernahm Kilian.

Nach und nach kamen noch mehr in die Küche. Angezogen von dem Geruch aus den Ofen standen sie hungrig da.

„Du hast alles gewürfelt, ich mache jetzt die Omeletts. Oder hast du etwas anderes geplant?" fragte Valentin. Erstaunt sah ich ihn an. Zum einen, weil er das Gericht erraten hatte und zum anderen, weil er es übernehmen wollte. Eigentlich war das als Dankeschön für die Aufnahme gedacht. Doch er ließ keinen Widerstand gelten und schob mich kurzerhand weg vom Herd.

Der Kaiserschmarrn war mittlerweile fertig und ich packte mir etwas und ein Omelett auf den Teller, um zu frühstücken. Kilian setzte sich zu mir. Dadurch wurde das Essen und Schlucken schon zu einer Herausforderung.

Er versuchte mich in eine Unterhaltung zu verwickeln und fragte nach meinen Eltern und Geschwistern. Kein gutes Thema und so wechselten wir schnell zu Hobbys. Da taute ich langsam etwas auf und berichtete von meinen Versuchen beim Zeichnen und Nähen. Er machte gerne Sport – Eishockey. Das erklärte dann auch seinen durchtrainierten Körper. Na also, lobte ich mich. Es ging doch – ein ganz normale Unterhaltung, wie unter zwei Erwachsenen.

Wir lachten über ein paar Anekdoten aus seiner Kindheit, als er Iris einen Frosch ins Bett gelegt hatte, um sie zu ärgern. Und sie küsste ihn prompt. Doch ein Märchenprinz wurde nicht daraus. So sehr hatte ich mich schon lange nicht mehr beim Frühstück amüsiert. Immer wieder blitzten seine Augen fröhlich auf und er betrachtete mich, als wären wir alleine hier. Das machte mich nervös und ich fing an unruhig hin und her zu rutschen.

„Maja, ich würde dich gerne besser kennen lernen. Lässt du mich das?" fragte Kilian und sah mich ernst an. Ich war hin- und hergerissen. Klar, ich könnte mich darauf einlassen – aber je höher man steigt, desto tiefer der Fall. Und die Blicke von machen anderen Mädchen waren mir nicht entgangen – teilweise waren sie feindselig und eine stumme Warnung.

„Ich weiß es nicht" murmelte ich ehrlich. Doch er hatte es gehört und schaute mich enttäuscht an. „Bitte gib mir eine Chance" bettelte er schon fast. Noch immer nicht ganz überzeugt, stimmte ich ihm zögernd zu, mich einmal mit ihm zu verabreden. Erleichtert blickte er mich an, doch meine Unsicherheit blieb. Warum sollte er sich ausgerechnet für jemanden wie mich interessieren? Hier gab es sehr viele Mädels, die sehr viel hübscher waren als ich – und scheinbar auch nicht abgeneigt ihm gegenüber waren.

Da er unter der Woche viel zu tun hatte, einigten wir uns auf den Samstag. Damit hatte ich immerhin noch fast eine Woche Zeit, um mich auf das Treffen einzustellen. Ob das gut oder schlecht war, würde sich noch herausstellen. Es machte mich jetzt schon nervös und ich fing unbewusst an, auf meine Unterlippe zu kauen.

Kilians Augen wurden glasig und fixierten meine Lippe. In dem Moment zuckte er mit dem Kopf und seine Miene verdunkelte sich mit einem Schlag. Erschrocken sah ich ihn an – hatte ich etwas falsch gemacht? „Ich muss los" meinte er kurz angebunden und ließ mich verdutzt zurück. Das war ein plötzlicher Abschied. Verwirrt sah ich ihm hinterher.

Von Wölfen beschütztWo Geschichten leben. Entdecke jetzt