Kapitel 3

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Je mehr sich Francesco dieser Frau näherte, desto stärker nahm er ihren Geruch wahr. Auch die Worte, die sie von sich gab, wurden hörbarer. Geschickt schlängelte er sich durch die Menschenmengen, die trotz der späten Abendstunde noch zahlreich war.

Er beobachtete, wie sie auf einige Austern zeigte, die sie scheinbar haben wollte.

„Ich mache dir einen Sonderpreis, Ariana", sagte der Verkäufer freundschaftlich, doch dieses Glimmern in seinen Augen sowie der Preis, der genannt wurde, verrieten Francesco, dass er verlogen war.

Ihre Reaktion auf den genannten Preis und dann sie sagen zu hören, dass er super wäre, gefiel ihm keineswegs. Francesco ahnte, dass es eine mehr als schlechte Entscheidung war, wenn sie die Meeresfrüchte für zu viel Geld kaufte und dann kaum, dass sie diese kochen wollte, feststellen würde, dass sie doch nicht mehr gut waren.

Er konnte es riechen, ungefähr die Hälfte war nicht mehr gut und dass wusste der Verkäufer sogar, das sah Francesco in seinen Augen. Eine bittere Enttäuschung wollte er der Frau seltsamerweise ersparen, weswegen er näher rückte und direkt hinter ihr stehenblieb.

Ariana schien seine Anwesenheit zuerst gar nicht zu bemerken, denn sie zeigte auf einige Meeresfrüchte, die sie haben wollte. Als sie dann Louis, den Verkäufer jedoch ansah, stellte sie fest, dass er jemand anderen im Auge hatte. „Louis?", fragte sie, weil er nicht auf ihre Worte reagierte.

Erst dann drehte sie sich um und sprang einen Schritt zurück, als sie diesen Fremden aus dem Café erkannte. „Haben Sie mich erschreckt!"

Seine stahlblauen Augen starrten sie an. „Ach wirklich, Mademoiselle?", fragte er sie, sein italienischer Akzent deutlich rauszuhören.

Fast schon trotzig hob Ariana ihr Kinn, hielt seinem Blick aber stand. „Ja, das haben Sie. Warten Sie bitte, bis Sie an der Reihe sind", verlangte sie und strich sich ihre blonden Haare aus der Stirn.

Die Bewegung ihrer Hand beobachtete er mit einem ungewolltes Interesse und einer unerwarteten Faszination, dass in ihm der Wunsch hochkam, dass er gerne diesen Part, ihr das Haar aus der Stirn zu streichen, übernommen hätte.

„Tut mir leid, Chérie, aber ich kann nicht zulassen, dass Ihr was falsches macht", entschuldigte er sich mit dunkler Stimme und drängelte sich vor.

Ungläubig ließ sich Ariana zur Seite schieben. „Hey, was soll das? Ich bin nicht Chérie!", sagte sie ernst, aber Louis unterbrach sie.

„Warte kurz, Ariana. Wenn dieser Herr etwas gekauft hat, können wir uns wieder unterhalten", sagte er rau und sah Francesco durchdringend an. Als Aufforderung zu sagen, was er wollte.

Er sah den Verkäufer, Louis, mit einem feurigen Blick an und sagte mit fester Stimme: „Keiner von uns wird hier was kaufen."

Die dunkelgraue Augenbraue von Louis hob sich. „Ich denke, dass ist jedem selbst überlassen, nicht wahr, mein Herr? Wenn Sie nichts kaufen wollen, ist das okay, aber bitte verscheuchen Sie mir meine jahrelange Kundschaft nicht", sagte er ruhig.

Francesco starte ihn kalt an. „Jahrelange Kundschaft belügt man aber nicht an und sagt, es sei alles frische Ware zu einem guten Preis, wenn ungefähr die Hälfte davon schon seit über einen Tag verdorben ist und man selbst das weiß."

Er hörte, wie Ariana scharf die Luft einsog und das Gespräch angespannt verfolgte.

„Und wer sind Sie, um diese Behauptung aufzustellen?", fragte Louis noch immer höflich, aber er hatte einen warnenden Unterton. „Ich habe Sie hier noch nie gesehen."

„Sie können mich auch nicht kennen, denn ich bin das erste mal hier in Marseille und dennoch, ich verstehe hier was von guter Qualität", er hob eine Auster an, roch ne Sekunde daran und hielt sie dann Ariana entgegen. „Riecht dran und sagt mir, ob sie nach Meer riecht oder nicht." Seine Worte waren eine Aufforderung.

Der Hunger nach Dir [Luna Rossa - Reihe Band 1]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt