Kapitel 13 - Vom Terror und Verlust bestimmt

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26. September 2013, Wohnung von Chris, Atlanta, Georgia – Nordamerika

Claire drehte die Musik leiser. Sie erinnerte sich noch genau, dass sie vor ein paar Jahren Chris diese Musikanlage gekauft hatte, worüber er nicht allzu begeistert gewesen war, da er nicht gewusst hatte, was er damit anfangen sollte. Die Anlage hatte bisher eher als Dekorelement und Staubfänger gedient, da Chris keinen Bedarf verspürt hatte, seine heimischen Wände mit Klängen zu beschallen. Claire hatte demnach noch nie zuvor gesehen, dass er sie je in Benutzung hatte. Doch seit seiner Rückkehr aus China, schien Chris einen Narren daran gefressen zu haben.

Er war plötzlich auf den Geschmack gekommen und hatte die Vorzüge der Soundanalge für sich entdeckt, um die erdrückende Stille zu vertreiben, die ihn schmerzlich an die dauerhafte Abwesenheit von Piers erinnerte. Die Musikanlage war somit vom Staubfänger zurück in ihren ursprünglichen Dienst aufgestiegen und diente nun der Vertreibung der Melancholie. Solange die Beschallung ihrem Bruder half, um für ein besseres Befinden zu sorgen, sollte es ihr recht sein, dass die Anlage nun doch noch Gebrauch fand.

Was ihr eher missfiel, war der etwas übermäßige Konsum an Spirituose. Chris hatte schon immer gerne ein Bier getrunken und zu Anlässen oder gemütlichen Abenden hin und wieder einen Cognac oder Rotwein zum Abendessen. Aber all das hatte sich in einem akzeptablen Rahmen gehalten. Sein aktueller Konsum überstieg derzeit seinen gewöhnlichen Verzehr. Chris war hart im Nehmen und er vertrug viel, weshalb es gar nicht so auffällig war, da er sich nicht wie ein Betrunkener aufführte. Aber Claire entging nicht, dass er den Alkohol als Heiterkeit nutzte. Höchstwahrscheinlich insbesondere dann, wenn ein übermäßiger Anflug von Trauer und Schmerz ihn ereilte.

„Ich muss nun los", verkündete sie.

Chris nippte an seinem Jin Tonic und sah mit erhobener Augenbraue über den Rand des Glases.

„Ein Date?", hakte er skeptisch nach.

Claire schnaubte.

„Nein, kein Date!", betonte sie und sah ihren Bruder tadelnd an. „Hättest du mir zugehört, dann wüsstest du, dass ich mich mit Sherry treffe. Das habe ich dir letzte Woche bereits mitgeteilt. Ich muss sie noch vom Bahnhof abholen."

Der Ältere nickte ein wenig beschämt, weswegen Claire sich entspannte, denn sie mochte es gar nicht, wenn ihr Bruder diesen Ausdruck eines geprügelten Hundes aufwies – besonders in der derzeitigen Situation nicht.

Sie kam zu ihm, glitt zärtlich mit der Hand über seine Kinnlinie und platzierte einen liebevollen Kuss auf seiner Wange.

„Wolltest du nicht auch noch weg?" fragte sie.

Er seufzte mutlos und nahm einen weiteren Schluck Jin Tonic.

„Ja, mein Team bestand darauf Bowlen zu gehen."

Claire bedachte ihn mit einem weichen Blick. Sie wusste, dass er sich schwertat, auch wenn er sich um ein gutes Verhältnis mit seinem neuen Team bemühte. Er hatte sich eigentlich geschworen, keine innige Verbundenheit mit dem Team zu pflegen, aber als Captain kam er nicht drumherum. Zumal er versprochen hatte, das angespannte Arbeitsverhältnis was zwischen ihnen geherrscht hatte, aufgrund seiner Distanz, etwas zu entspannen. Chris hatte gar kein Alpha Team mehr gewollt und daher darauf bestanden fortan allein operieren zu dürfen, was vom Vorstand jedoch abgelehnt worden war. Er hatte sogar einen Antrag gestellt sich vom SOU-Captain zurück auf den SOA-Posten versetzen zu lassen, denn bevor er Captain der Special Operation Unit geworden war, hatte er bei der BSAA als Special Operation Agent gedient. Jedoch verwehrte der BSAA-Vorstand auch diesen Antrag und hatten ihn dazu verpflichtet weiterhin als SOU-Captain zu agieren.

Als Agent hatte er häufig allein operiert und hatte viel freier von den anderen Einheiten agieren können. Aber vor allem wäre er als Agent nicht an die Pflicht eines Captains und somit eines Teams gebunden. Er müsste nicht länger die Verantwortung tragen, Rekruten auszubilden oder deren Ausbildung zu überwachen, wenn er nicht länger dem Captain-Posten innenwohnen würde. Nach dem Verlust seines persönlichen Alpha Teams fühlte er sich dieser Verantwortung nicht länger gewachsen und es erschien ihm falsch, wenn Rekruten weiterhin zu ihm aufsahen, seine Unterweisungen folgten und ihn als Idol ansahen, obwohl er sein gesamtes Team verloren hatte. Als Agent hätte er sich dieser Pflicht entbinden können, wenn die Abteilungsleitung zugestimmt hätte.

Resident Evil: Code Nivanfield || A Nivanfield Story - Band 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt