Kapitel 43 - In einem sehnsüchtigen Moment der Hingabe

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22. März 2014, Geheimversteck, Stanford Institut für Wissenschaften, Chicago, Illinois – Nordamerika

Piers saß unverändert mit gesenktem Kopf und angespannter Muskulatur im Schneidersitz da. Chris bedachte den jungen Schützen mit einem weichen, sanftmütigen Blick, der von Verständnis und Mitgefühl sprach.

Der Jüngere löste seine Finger aus seinem Unterschenkel und griff stattdessen an seine rechte Schulter. Obwohl er den Kopf gesenkt hielt, konnte Chris erkennen, wie ein leidiger, verzerrter Ausdruck Piers befiel.

„Meine Freunde – jene, die ich wie eine Familie ansehe – und mein Geliebter ziehen raus in eine entscheidende Schlacht, während ich euch nicht beistehen kann", grollte Piers mit deutlicher Selbstverachtung. „Ich kann nur untätig hier herumsitzen und nichts weiter tun, als zu bangen, während ihr alle dort draußen kämpft."

Chris atmete hörbar aus. „Piers, du hast bereits genug getan und erleiden müssen. Du hast bewiesen ein wahrer Held zu sein und dafür sogar Tribut bezahlt. Du hast dich selbstlos aufgeopfert, und du bist gerade erst erwacht. Du musst dich noch erholen", versuchte der Ältere an die Vernunft des Hellhaarigen zu appellieren, auch wenn diese heroische Kühnheit und edle Selbstlosigkeit ihn schmeichelte. Er bewunderte Piers stetig aufs Neue für seinen Heldenmut und Engagement. „Niemand verdient die Bezeichnung ein Held zu sein so dermaßen, wie du es tust – nicht einmal ich verdiene diese Bezeichnung. Ich weiß, dass es dir schwerfällt, und ich schätze deinen couragierten Tatendrang, aber diesmal wirst du uns die Sache überlassen müssen."

„Ja, weil ich nutzlos bin!" erwiderte er trocken und verstimmt.

„Piers...", erwiderte Redfield einerseits mit sanfter Empathie und andererseits mit einem Hauch an Beanstandung.

Der Scharfschütze zischte und schlug mit der Faust auf die Sitzfläche des Sofas. Sein Gesicht hatte sich vor Verbitterung zu einer Grimasse verzogen. Er war zerriss und haderte mit seinem eigenen Befinden, weil er wusste, dass sein Verhalten falsch, unvernünftig und undankbar war.

„Ich will mich eigentlich gar nicht beschweren, denn das größte Geschenk ist es wieder bei dir zu sein", begann Piers zerknirscht und löste die Faust von der Sitzfläche, um die Hand gegen sein Gesicht zu drücken, „aber mit nur einem Arm kann ich keine Waffe bedienen – weder ein Sturmgewehr, geschweige denn ein Scharfschützengewehr." Sein Atem ging schwer und seine Stimme wurde eine Spur leiser, sodass es kaum mehr als ein traurig belegtes Flüstern war. „Ich weiß nicht mal, ob ich je wieder in der Lage sein werde, ein Gewehr zu führen."

Chris schmerzte es den Jüngeren so zerrissen und niedergeschlagen zu sehen, aber es milderte nicht seine Überzeugung, dass sie gemeinsam diese Krise bewältigen würden. Feinsinnig streckte der Ältere die Finger aus. Piers atmete zittrig, als Redfields Fingerspitzen seine Wange in einer zarten Berührung liebkosten. Die simple Zuneigung linderte gemächlich seine Gemütsbewegung und spendeten ihm Trost.

„Das ist nicht fair...", nuschelte der Jüngere. „Ich will nicht hier rumsitzen und warten müssen bis-"

„Heirate mich."

Piers hob mechanisch den Kopf und starrte sprachlos Redfield an. Dieser wiederum wahrte eine absonderliche, gefasste Abgeklärtheit, die keine Gemütsbewegungen durchsickern ließ, wodurch er sogar eher indolent wirkte.

Piers blinzelte daher irritiert und war verunsichert, ob er sich die Worte eingebildet hatte. Eventuell war es die Stimme eines tiefverborgenen Wunsches gewesen, die er fälschlich als Redfields Stimme wahrgenommen hatte, weil sein Unterbewusstsein sie darauf projiziert hatte.

„Was?" hakte der Schütze daher nach.

„Heirate mich", wiederholte Chris, und diesmal konnte Piers eindeutig die Lippenbewegungen ausfindig machen. Er hatte sich also nicht geirrt.

Resident Evil: Code Nivanfield || A Nivanfield Story - Band 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt