Kapitel 6 - Der Jäger und die Gejagten

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3. August 2013, chinesische Hoheitsgewässer, Lanshiang, China – Asien

Aus großen Augen registrierte Redfield das weitaufgerissene Maul eines Haifischs. Er tauchte schleunigst ab und konnte dank seiner ausgeprägten Reflexe den messerscharfen Zähnen entgehen.

Der Raubfisch musste sein Blut gewittert haben, aufgrund des Schnitts an seiner Handfläche und den Schlieren an Rot, die er im Wasser hinterlassen hatten. Haie waren äußerst feinfühlig darin Blut wahrzunehmen, und der Geruch versetzte sie in eine Art besessene Ekstase. Normalerweise waren Haie relativ friedvolle Gesellen. Ihre kleinen, teuflischen Augen und das Wissen, dass sie mit unzähligen, scharfen Zähnen und einem kräftigen Kiefer gesegnet waren, mochte furchteinflößend sein, aber in der Regel hatte man nichts vor ihnen zu befürchten. Sobald sie jedoch den Dunst von Blut erfassten, waren diese Wesen beseelt davon, und verfielen in einen blutrünstigen Jagdtrieb.

Anhand der gelbleuchtenden Augen und dessen Pupille in schmaler Form eines Schlitzes, erkannte Redfield, dass der Haifisch förmlich nach seinem offenbar schmackhaften Lebenselixier lechzte. Chris musste den Raubfisch dahingehend enttäuschen, denn er hatte nicht vor ihm etwas davon abzugeben.

Langsam tastete der Veteran nach dem Messergriff. Er wollte hastige Bewegungen vermeiden, um den Hai nicht zu einem Angriff zu animieren. Vorsichtig schlossen sich Redfields Finger um den Griff, während er den Hai nicht aus den Augen ließ.

Das Raubtier umkreiste zunächst seine Beute, ehe es attackierte. Chris entging dem Maul haarscharf, zückte das Messer aus der Halterung und rammte es dem Raubfisch in die Flanke. Erbost wandte sich das Tier und nahm Abstand. Nun war er wütend und hatte erst recht Blut geleckt, denn er war zu einer willenlosen Bestie des Blutrausches geworden.

Der Hai verschwand zwischen einigen Trümmerteilen und Rohren. Ein Rauchfaden an Rot zog das Tier hinter sich her. Die Muskulatur von Chris spannte sich, denn er wusste, dass der Hai versuchen würde ihn zu überraschen.

Tatsächlich schoss das Raubtier unverhofft aus einer dunklen Nische hervor und schnappte nach Redfields Arm. Er konnte sich gerade noch so an einem Rohr abstoßen und mithilfe des Schwungs dem Maul entgehen. Der Hai donnerte gegen jenes Rohr und schüttelte sich.

Chris tauchte ab und verschwand durch einen Spalt zwischen zwei Metalltrümmern, durch den der Hai nicht hindurch passte. Erzürnt warf sich das Tier gegen die Trümmer. Der BSAA-Captain befürchtete, dass er begraben werden könnte, insofern der Hai weitere Male die Metallteile rammen würde. Er verließ daher schleunigst an anderer Stelle den Schutz.

Das Raubtier erfasste Chris und stürmte auf ihn zu. Redfield ließ ihn kommen, entging abermals knapp den scharfen Zähnen und rammte das Messer direkt ins linke Auge des Ungetüms.

Der Hai wandte sich widerwillig unter Wut und Schmerzen. Chris zog das Messer heraus und stieß es erneut bis zum Anschlag tief in den Körper des Raubfisches. Das Zappeln der Kreatur verebbte gemächlich, bis der Hai sich auf den Rücken wandte und reglos im Raum schwebte. Eine Blutwolke hüllte das Tier in einen seichten Schleier, der sich langsam im Wasser verflüchtigte.

Chris wandte sich schleunigst ab und setzte seinen Weg fort. Zum einen hatte der kleine Tanz mit dem Raubfisch ihm wertvolle Zeit und Sauerstoff gekostet, und zum anderen dürfte die Menge an Blut weitere Raubtiere anlocken.

Er durchforstete weiter die gigantische Anlage bestehend aus schier unzähligen, endlosen Gängen, die die Räumlichkeiten untereinander verbanden – doch nirgendwo eine Spur von Piers. Der Frustrationspegel stieg ins unermessliche, wodurch Chris das dringende Bedürfnis verspürte am liebsten schreien und etwas zertrümmern zu wollen, doch er zügelte sich - zumal beides Unterwasser ohnehin nicht möglich war.

Resident Evil: Code Nivanfield || A Nivanfield Story - Band 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt