Kapitel 11 - In den Schatten des Lichts

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19. September 2013, Allee Cour Damoye, Paris, Frankreich – Europa

Mit Selbstsicherheit und Zielstrebigkeit paradiere sie entlang der Pariser Alleen, die ihren malerischen Charme versprühten. Hier tummelten sich reihenweise Altbauwohnungen mit verspielten, kunterbunten Fassaden, an denen sich farbprächtige Ranken Bougainvilleas entlang schlängelte.

Die Absätze ihrer schwarzen Stiefeletten klackerten auf dem Pflasterstein, während sie ihre schwarze Sonnenbrille auf ihrem Nasenbein zurechtrückte und einmal elegant ihre ebenso schwarz Haarpracht schwenkte.

Ein selbstgefälliges Schmunzeln umspielten ihre scharlachroten Lippen, die aufgrund des Rouges einen starken Akzent setzten und sich dem französischen Ambiente angepasst hatten. Der Duft ihres Parfüms, das nach Rosenblüte roch, vermengte sich mit dem Geruch frisch gebackener Croissants und dem herben Aroma von gemahlenen Kaffeebohnen.

Ihr entging nicht, dass die meisten Köpfe sich nach ihrer Erscheinung umdrehten und sie neugierig musterten. Sie liebte es, wenn sie anderen die Show stehlen konnte und im Mittelpunkt des Geschehens stand. Besonders behagten ihr die lechzenden Blicke der männlichen Individuen, für die sie stets eine unerreichbare, fremde Schönheit darstellte, aber ihr Ego ergötzte sich allein an diesen schmachtenden Augen.

Die kleinen Cafés waren gut besucht - meist von jungen Pärchen, die noch naiv der irrationalen Auffassung einer jungen, frischen Liebe folgten und hofften in der Stadt der ewigen Liebe und Romantik ein unzertrennbares Band schmieden zu können. Womöglich dachten sie ein Atemzug des Ambientes genüge, um das romantisch, verklärte Bild der Prosa in Realität zu wandeln. Die Mehrheit von ihnen würden in ein paar Monaten feststellen, dass wahre Liebe ein Ammenmärchen war und diese schneller verflog als der Kater an einem Samstagnachmittag.

Ada Wong mochte es daher unkompliziert. Sie war ausschließlich sich selbst verpflichtet und Rechenschaft schuldig, sonst niemandem. Sie genoss die Vorzüge der Egozentrik. Die Menschheit war stets so besessen darauf, nicht allein zu sein, und bemühten sich um Integration. Dabei übersahen sie, dass sie besser ohne all das dran wären. Politik und Menschheit war unumgänglich von Selbstsucht geprägt und dennoch ließen sie sich ständig auf die poetische Naivität und Nähe ein – kein Wunder, dass dies nicht funktionieren konnte.

Ada hatte diese Problematik erkannt. Sie war weder verblendet noch naiv, da sie die uneingeschränkte Qualität des Alleinseins schätzte und sich allem potenziellen Ballast entsagt hatte, der auch nur für den Hauch von Kompliziertheit sorgen konnte.

Sie konnte tun und lassen, was sie wollte und war auf niemanden angewiesen. Sie war der Inbegriff von Freiheit, da sie in keiner Schuld stand, außer sich selbst. Wenn ihr Sinn nach männlichem Besuch verlangte, dann holte sie sich einen kleinen Zeitvertreib und konnte das Anhängsel jederzeit wieder loswerden, wenn ihr die Lust vergangen war. Es gab keine Grenzen, keine Verpflichtungen oder Regeln, die sie einhalten müsste. Gestern noch der Strand von Hawaii, heute das romantische Flair von Paris und morgen vielleicht der Großstadttrubel Tokyos – wer wusste das schon. Ada folgte ihren eigenen Launen heraus, so wie sie wollte, denn sie allein befehligte den Gang ihres emanzipierten Lebens und ließ diesen nicht von Schicksal, anderen Menschen, Einflüssen oder Emotionen bestimmen. Sie hatte das wahre Geheimnis der unumstößlichen, einzig wahren Grenzenlosigkeit gelüftet.

Selbstbewusst schlenderte sie vorbei an der florierenden Lebhaftigkeit der Allee und hielt zielgenau auf einen Mann zu, der einsam an einem Tisch saß und genüsslich seinen Espresso schlürfte. Ada konnte förmlich die Gedanken der umliegenden Menschen hören, die sich fragten, weshalb eine Schönheit wie sie, sich ausgerechnet mit diesem einen Mann traf – tja, Ahnungslosigkeit anderer war ebenfalls einer ihrer Vorzüge. Sie war die Personifizierung von geheimnisvoll, da es niemanden auf der Welt gab, der ihre Person auch nur im Ansatz kannte. Manche glaubten vielleicht sie hätten Ahnung, aber in Wahrheit waren sie alle unwissende Trottel. Es existierte nicht einmal jemand, der ihren richtigen Namen kannte, geschweige denn, der irgendeiner ihrer Vorlieben wusste.

Resident Evil: Code Nivanfield || A Nivanfield Story - Band 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt