Kapitel 10 - Das Leben ist ein individueller Überlebenskampf

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7. September 2013, Oasis Motel, Stadtrand von Palmyra, Syrien – Asien

Jakes Augen formten sich zu kleinen, argwöhnischen Schlitzen, als er bemerkte, dass der Vorhang einen verdächtigen Spalt aufwies. Er war sich absolut sicher, die Vorhänge komplett zugezogen zu haben.

Doch spätestens als er die Tür zu seinem Motelzimmer entriegelte und feststellte, dass er den Schlüssel lediglich einmal im Schloss drehen musste, um das Zimmer aufzusperren, waren all seine Alarmglocken aktiviert. Er schloss immer zweimal ab. Es war absolut undenkbar, dass er sich irrte und es diesmal vergessen hatte. Ebenso ausgeschlossen war, dass der Zimmerservice mit dieser Kuriosität zu tun hatte.

Ishara betrieb dieses bescheidene, kleine Motel ganz alleine. Sie hatte nicht genügend Einnahmen, um eine Extrakraft einzustellen. Sie erledigte somit auch den Zimmerservice, den man für einen kleinen Aufpreis als Extragefälligkeit buchen musste, was Jake nicht getan hatte. Ihm behagte es nämlich ganz und gar nicht, wenn andere in seinen Sachen herumwühlen und schnüffeln konnten. Er besaß zwar prinzipiell nichts von Wert, aber es ging ihm hierbei rein um seinen Leitsatz. Er war konsequent, was seine Prinzipien anging, ungeachtet dessen, dass er Ishara grundsätzlich mochte und ihr vertraute. Nur so konnte er sicherstellen, dass seine Sicherheitsvorrichtung einwandfrei fungierte und gewährleistet war, indem er dafür sorgte, dass er allein Zutritt zu dem Zimmer und seinen Sachen hatte. Das war eines dieser paranoiden, aber höchst hilfreichen Tricks, die er von Lucian, seinem Mentor gelernt hatte.

Aufgrund dessen, dass nur Jake Zugang zu dieser Räumlichkeit hatte, bemerkte er augenblicklich jede noch so winzige Veränderung. Eben wie die veränderte Position der Gardinen oder, dass das Schloss nicht mehr doppelt verriegelt war. Dies wiederum ließ bei ihm die Schlussfolgerung zu, dass entweder jemand unerlaubt in seiner Räumlichkeit gewesen war oder sich gegenwärtig noch dort aufhielt.

Jake war nun vorgewarnt und würde höchste Achtsamkeit walten lassen. Als Söldner lebte man nicht ungefährlich, selbst außerhalb des Schlachtfeldes. Das hatte Lucian immerzu gepredigt, und er hatte recht damit. Ein anderer Söldner, der Lucian das Territorium streitig gemacht hatte, hatte letztendlich den Tod für Jakes Mentor bedeutet, obwohl er ständig so penible, fast schon fanatische Vorsicht gewahrt hatte.

Wenn man seine Dienste den unterschiedlichsten, verfeindeten Parteien zur Verfügung stellte, wurde man automatisch selbst zu einer Zielscheibe. Das war das Los, das man als ruchloser Söldner zu tragen hatte. Er könnte also irgendeine Fraktion auf dem falschen Fuß erwischt haben – möglicherweise dem Kartell oder einem Clan, denen diese Menschenhändler angehörten, denen er erst kürzlich den Garaus gemacht hatte.

Jake prüfte die Anwesenheit seines Klappmessers, das er in seinen hohen, braunen Stiefeln verbarg und permanent bei sich trug – nur für den Fall der Fälle. Die Handfeuerwaffe hingegen lag verschlossen in der Schublade des Nachttisches.

Leise drückte er die Tür auf und trat umsichtig ein. Hier bestätigte sich seine Vermutung nun endgültig, denn für die absolute Gewissheit hatte er eine kleine Alarmanlage installiert. Ein alter, aber bewährter Trick. Die Sache war simpel. Er hatte einen Faden im Eingang platziert, der nur schwer zu erspähen war, erst recht, wenn man nicht konkret danach Ausschau hielt. Der Faden war so hauchdünn, dass er bei der kleinsten Berührung riss und somit auch keinen spürbaren Widerstand bot, wenn man durch den gespannten Faden hindurchschritt. Ein kurzer Seitenblick verriet Jake, dass der Faden gerissen war, da er die Schnur nicht im fahlen Licht, das durch die geöffnete Tür drang, aufblitzen sah.

Das Zimmer wirkte auf den ersten Blick verlassen. Er konnte zumindest keine menschlichen Umrisse ausmachen, aber er spürte nahezu die Präsenz eines fremden Eindringlings. Jakes Instinkt, der auf Erfahrung basierte, teilte ihm mit, dass jemand in den Schatten lauerte. Der Eindringlich war definitiv noch hier.

Resident Evil: Code Nivanfield || A Nivanfield Story - Band 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt