Hannah
Langsam schritt ich über den Patrouillenweg der Mauer. Mein Umhang und meine Haare wehten im Wind, während der Mond mit kühlem Licht das Königreich beschien. Mik und Kostas hatten sich nach ihrer Verlobung in ihr Gemach zurückgezogen.
Als ich schwere Schritte hörte, drehte ich mich zu ihnen um. "Vater."
Der Angesprochene kam lächelnd zu mir und lehnte sich anschließend gegen eine Zinne.
"Deine Mutter wäre stolz auf dich." Überrascht sah ich ihn an. Es war das erste Mal seit langer Zeit, dass er seine Ehefrau mir gegenüber erwähnte. Ich wusste deswegen so wenig von ihr, dass ich mir nicht einmal sicher, ob ich sie überhaupt als meine Mutter bezeichnen konnte. "Du hast mir nie erzählt, wie sie gestorben ist", stellte ich trocken fest. Mein Vater seufzte und wandte sich dem Königreich zu. "Bevor dein Onkel das Land verließ, schien das Glück deiner Mutter und mir vollkommen. Wir waren trotz politischer Ehe verliebt, relativ frisch verheiratet, gekrönt und erwarteten dich in voller Vorfreude. Als ich dich das erste Mal erblickte... du kannst dir das Ausmaß meines Stolzes nicht vorstellen. Ich liebe dich, Hannah, selbst als der Kronrat mir vorhielt, dass es kein männlicher Thronfolger geworden sei." Tränen schimmerten im Augenwinkel meines Vaters, als ich ihn ansah. Gebannt lauschte ich weiterhin seinen Worten. "Auf meine ausdrücklichen Befehle musste dich der Kronrat jedoch als vollwertige Thronerbin anerkennen und auch als solche behandeln. Ich weiß noch, dass deine Mutter vor Freude in Tränen ausbrach, nachdem ich ihr diese Nachricht überbracht hatte. Aber bereits wenige Monate nach deiner Geburt vergiftete dein Onkel deine Mutter. Vermutlich hatte er die Hoffnung gehegt, dass du durch die Muttermilch ebenso stirbst. Zu deinem Glück versorgte dich aber ein Kindermädchen, welches damals auch zur ähnlichen Zeit Mutter geworden war - deine eigene konnte dich nicht ausreichend ernähren." Ungläubig starrte ich ihn an. "Er wollte deine Frau und mich umbringen, damit er sich mit eigenen Kindern selbst als Thronfolger oder zumindest als Vater des zukünftigen Königs legitimieren konnte." Mein Gegenüber nickte bestätigend. Mir wurde aufgrund dieses grausamen Wissens schlecht. Für einen kurzen Moment drehte sich die Welt und ich stolperte zurück. "Hannah!", rief mein Vater erschrocken aus und stützte mich. "Wurde er dafür jemals zur Rechenschaft gezogen?" Meine Hände ballten sich zu Fäusten. Mein Gegenüber schüttelte den Kopf. "Er war ins Schattenreich geflohen, bevor wir die Spur des Mordes bis zu ihn zurückverfolgen konnten."
Er wird dafür büßen.
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Schatten || Kostory FF
FanfictionSie scheinen aus dem Nichts zu kommen: Dunkle Gestalten, die alles zu verschlingen drohen. Kaum etwas ist anfangs über sie bekannt, doch eines ist sich jeder bewusst: Wenn diese Wesen nicht aufgehalten werden, wird alles Leben ausgelöscht.